Rudolph W. Giuliani war einst ein angesehener Mann, nicht nur in den USA. Als Bürgermeister hatte er das Image der in den 1980er Jahren ziemlich heruntergekommenen Stadt New York aufpoliert. Nach dem Terror vom 11. September 2001 war er die Symbolfigur für die Unzerstörbarkeit der Stadt, wofür er mit Auszeichnungen überhäuft wurde.
Heute ist Giuliani zu einer Witzfigur verkommen. Der vorläufige, aber kaum letzte Tiefpunkt war die Medienkonferenz vom Donnerstag, als der Anwalt und langjährige Vertraute von Donald Trump behauptete, der US-Präsident habe die Wahl am 3. November gewonnen und nicht der Demokrat Joe Biden. Konkrete Beweise? Fehlanzeige.
Man könnte darüber lachen, wenn die ganze Angelegenheit nicht so himmeltraurig wäre. Während die Corona-Pandemie in den USA schlimmer denn je wütet, hat sich Donald Trump im Weissen Haus verschanzt. Gemäss gut informierten US-Medien ringt der Präsident mit sich selbst. Auf der einen Seite wisse er, dass er verloren habe.
Derzeit aber dominiert die andere Seite, die das Unvermeidliche nicht wahrhaben und die Niederlage in einen Sieg umdrehen will, koste es, was es wolle. Angestachelt wird Trump dabei laut Politico von engen Vertrauten wie Rudy Giuliani und seinem Berater und Redenschreiber Stephen Miller, der keine Berührungsängste mit weissen Rassisten kennt.
Bislang blieben sämtliche Versuche, die Wahlergebnisse in den umkämpften Bundesstaaten anzufechten, ohne Erfolg. Langsam läuft Trump und seiner Entourage die Zeit davon, denn der Fahrplan für das weitere Prozedere ist vorbestimmt. In den nächsten Tagen und Wochen müssen die Resultate in allen Staaten beglaubigt werden.
Am Freitag um 17 Uhr Ortszeit läuft in Georgia die Deadline für die Zertifizierung ab. Die Nachzählung von Hand bestätigte, dass Joe Biden als erster Demokrat seit 28 Jahren den Bundesstaat gewonnen hat. Der zuständige Minister Brad Raffensperger – ein Republikaner – ist laut der «New York Times» gewillt, die Zertifizierung abzuschliessen.
Raffensperger hat sich öffentlich gegen Einmischungsversuche von Parteikollegen verwahrt. Ein von Donald Trump eingesetzter Bundesrichter wies am Donnerstag einen Antrag ab, die Beglaubigung zu blockieren. Der letzte Ausweg für das Trump-Team wäre eine maschinelle Nachzählung, doch sie wird an Bidens Vorsprung von mehr als 12’000 Stimmen kaum etwas ändern.
Am Montag muss die Zertifizierung in Michigan und Pennsylvania erfolgen, wo Biden ebenfalls gewonnen hat. Trumps Bemühungen, das Resultat «umzudrehen», konzentrierten sich in den letzten Tagen auf Michigan. Am Freitag will er führende republikanische Abgeordnete des dortigen Parlaments im Weissen Haus empfangen, ein juristisch überaus heikler Vorgang.
Der Präsident hofft offenbar, dass das Parlament den Entscheid des Wahlvolks ignorieren und eigene Elektoren nominieren wird, die für Trump stimmen würden. Die Chancen tendieren gegen Null. Ein Versuch der Republikaner, die Beglaubigung der Stimmen im Wayne County zu verhindern, dem grössten Wahlkreis von Michigan, scheiterte diese Woche kläglich.
Die Deadline in Arizona läuft ab, einem weiteren Staat, den Joe Biden für seine Partei erobern konnte. Die Bemühungen der Republikaner, die Beglaubigung der Wahl zu verhindern, konzentrieren sich auf das Maricopa County, den bevölkerungsreichsten Landkreis mit der Stadt Phoenix, doch ein Gericht wies eine Klage am Donnerstag ab.
Nevada und Wisconsin sind an der Reihe. Auch in diesem Staaten hat Biden knapp gewonnen. In Wisconsin verlangt Trumps Wahlkampfteam eine teilweise Nachzählung, die es selber bezahlen muss. Wegen leerer Kassen konzentriert es sich auf zwei Landkreise, die demokratisch beherrscht sind. Es ist nicht zu erwarten, dass sich etwas am Endergebnis ändern wird.
Es ist das entscheidende Datum des Wahlprozederes. Bis an diesem Dienstag muss die Zertifizierung in allen Bundesstaaten abgeschlossen sein, damit die Delegierten für das Electoral College bestimmt werden können. Im Prinzip könnten die Gouverneure und die Parlamente unterschiedliche Elektorenteams bilden, doch das wäre demokratiepolitisch bedenklich.
Die Wahlmänner und -frauen treffen sich in den Hauptstädten ihres jeweiligen Bundesstaats und geben ihre Stimme ab. Beim heutigen Stand müsste Joe Biden das Electoral College mit 306 zu 232 Stimmen gewinnen. In der Vergangenheit gab es vereinzelt «abtrünnige» Elektoren, doch sie hatten keinen Einfluss auf den Wahlausgang.
Der Kongress in Washington muss das Ergebnis des Electoral College ratifizieren. Falls dort keiner der beiden Kandidaten auf mehr als 270 Stimmen kommt, könnte jenes Horrorszenario eintreffen, in dem das Repräsentantenhaus den Präsidenten wählen muss – und zwar nicht das Plenum, sondern die mehrheitlich republikanischen Delegationen der 50 Staaten.
Wahrscheinlich ist dies nicht. Nach wie vor deutet alles darauf hin, dass Joe Biden am 20. Januar 2021 als 46. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt wird. Im Weissen Haus schütteln selbst Donald Trumps Mitarbeiter gemäss Politico den Kopf über Giulianis bizarre Auftritte und die Versuche des Präsidenten, das Unvermeidliche zu verhindern.
Der Schaden allerdings ist angerichtet. Nach wie vor blockiert Trump die Übergabe der Amtsgeschäfte, was Joe Biden am Donnerstag als «völlig unverantwortlich» kritisierte. Beschädigt ist auch das Vertrauen in den demokratischen Prozess. Laut einer Umfrage glauben 68 Prozent der Republikaner, Biden habe dank Wahlbetrug gewonnen.
Ja es gibt offensichtlich Wahlmanipulation.
Aber die geht definitiv von Trump selber aus.
Hier gibt es sogar Beweise...
Gibt es da kein Rechtsmittel gegen solche Machenschaften?
So oder so werden die USA nie wieder sein was sie vor Trump waren. Eine Pandemie mit bisher einer Viertelmillion Toter wäre schon mehr als schlimm genug. Aber ausgerechnet jetzt auch noch den unfähigsten Präsidenten der US-Geschichte zu haben, ist eine Tragödie.