Rückwirkend tiefere Zölle und Chlorhuhn-Verbot: Alles zum Zolldeal mit den USA
Die Zölle
Die pauschalen Zölle der USA auf Schweizer Waren sinken von 39 auf 15 Prozent, und zwar rückwirkend ab dem 14. November. Grundlage dafür ist die an jenem Tag unterzeichnete Absichtserklärung der Schweiz, der USA und Liechtensteins.
Die USA begrenzten den pauschalen Zusatzzoll auf aus der Schweiz importierte Waren auf höchstens 15 Prozent, teilte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Mittwoch dazu mit. Im Gegenzug senkt die Schweiz Importzölle auf bestimmten Fisch- und Landwirtschaftsprodukten.
Bestimmte Branchen und Waren sind heute von den US-Zusatzzöllen ausgenommen, und das soll weiterhin gelten. Solche Ausnahmen gibt es etwa für Pharmazeutika, bestimmte Chemikalien, Gold und Kaffee.
Die Chlorhühner
Zusätzlich heben die USA die pauschalen Zusatzzölle für weitere Schweizer Exportprodukte auf. Darunter sind Flugzeuge, bestimmte für die Luftfahrt relevante Teile, Gummiprodukte, Kosmetika und Generika. Die Liste wird im Federal Register der USA veröffentlicht. Die Schweiz will sich laut Seco für weitere Ausnahmen einsetzen.
Auf Produkten, die schon vor dem 2. April mit Zöllen von über 15 Prozent belegt waren, werden wieder die ursprünglichen Zölle erhoben. Der 2. April ist der Tag, an dem US-Präsident Donald Trump Zusatzzölle für die Schweiz von über 30 Prozent angekündigt hatte.
Zölle senken für US-Waren wird aber auch die Schweiz. Genannt werden Fisch, Meeresfrüchte sowie bestimmte, agrarpolitisch nicht-sensitive Agrarprodukte. Zollfreie, bilaterale Kontingente setzt die Schweiz für Fleisch in Kraft. Sie gelten für 500 Tonnen Rind-, 1000 Tonnen Bison- und 1500 Tonnen Geflügelfleisch im Jahr.
Die im Vorfeld viel diskutierten Chlorhühner kommen dadurch jedoch nicht ins Land, sagte Bundesrat Parmelin am Mittwoch. «Wir haben Konzessionen gemacht für zollfreie Kontingente», sagte Parmelin. Das bedeute nicht die Einfuhr von Chlorhühnern. Ohnehin seien 95 Prozent des Geflügelfleischs aus den USA chlorfrei.
Mit Chlor behandeltes Geflügelfleisch dürfe nicht in die Schweiz importiert werden, stellte Parmelin auf die Frage einer Journalistin klar. Hingegen dürfe Fleisch von mit Hormonen oder Wachstumsförderern behandelten Rindern in die Schweiz importiert werden. Hierzulande müsse es aber deklariert werden
Das weitere Vorgehen
Mit der Begrenzung der pauschalen Zusatzzölle der USA auf maximal 15 Prozent werden die handelsgewichteten US-Zölle gegenüber der Schweiz um durchschnittlich rund 10 Prozent sinken, wie das Seco schreibt. Schweizer Unternehmen hätten im US-Markt wieder ähnliche Bedingungen wie die Konkurrenz aus der EU und anderen Ländern, die mit den USA Handel betrieben und eine ähnliche Wirtschaftsstruktur aufwiesen.
Weitere US-Forderungen möglich
Die Schweiz muss zur Erreichung eines rechtlich verbindlichen Handelsabkommens mit den USA laut Wirtschaftsminister Guy Parmelin nun guten Willen zeigen. Weitere Forderungen aus Washington schliesst er nicht aus.
Der Bundesrat habe bei der Verabschiedung des Verhandlungsmandats keine Zeit verloren, sagte Parmelin am Mittwoch an einer Medienkonferenz in Bern. Die USA seien im Bilde, wie die Verfahren in der Schweiz abliefen, etwa im Hinblick auf Referendumsfristen. Am Anfang habe Washington erwartet, dass die Schweiz rasch entscheide, inzwischen gebe es in den USA aber Verständnis für das Schweizer System.
Parmelin räumte ein, dass das bisher Vereinbarte rechtlich nicht bindend sei. Neue Forderungen könne es in einem Verhandlungsprozess immer geben. Man werde nach und nach sehen, was von Seite Washingtons komme. Nach seiner Einschätzung sei die Schweiz gut aufgestellt. Der Bundesrat werde Vorkehrungen treffen, um in diesem Fall genügend Spielraum zu haben, und nötigenfalls die zuständigen Kommissionen der beiden Räte und die Kantone konsultieren.
Die Reaktionen der Politik
SVP:
Die SVP begrüsst die Senkung der US-Zölle auf Schweizer Produkte auf 15 Prozent. Es sei ein grosser Erfolg für die Schweiz, sagte Nationalrat Thomas Aeschi der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Noch ist das Vereinbarte nicht rechtlich bindend. Für ein rechtlich verbindliches Handelsabkommen wird es weitere Verhandlungen geben. Den Entwurf für das Verhandlungsmandat für diese Verhandlungen verabschiedete der Bundesrat am vergangenen Freitag.
Aeschi geht nicht davon aus, dass das Mandat in diesem Prozess abgeändert wird, wie er zu Keystone-SDA sagte. Entscheidend sei schlussendlich aber nicht das Mandat, sondern das Abkommen, das schlussendlich ausgehandelt werde, betonte er.
SP:
Zölle von 15 Prozent sind für die SP ein Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig betont die Partei jedoch, dass man diesen Schritt nicht um jeden Preis gehen dürfe.
«Es kommt nicht in Frage, dass die Schweiz auf eine Digitalsteuer für Tech-Giganten oder auf den Schutz unserer Daten verzichtet, nur um den USA unter Präsident Donald Trump zu gefallen», liess sich der SP-Nationalrat Fabian Molina in einem Statement gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zitieren.
Ausserdem gibt es der Partei zufolge Unklarheiten bei den «nichttarifären Handelshemmnissen», also jenen Handelsbarrieren, die nicht in Form von Zöllen bestehen.
«Es darf nicht sein, dass wir Chlorhühner und Cybertrucks bei uns zulassen müssen», so Molina. Auch die laut dem SP-Nationalrat mögliche Verpflichtung, 200 Milliarden Franken in die USA zu verlagern, müsse kritisch geprüft werden. «Niemand kann heute abschätzen, welche Risiken damit verbunden wären», so Molina.
Grüne:
Die Grünen Schweiz halten «die Zugeständnisse des Bundesrats gegenüber Donald Trump für problematisch». Der Bundesrat schaffe Tatsachen, wenige Tage bevor das Parlament überhaupt erst konsultiert worden sei.
«Die Schweizer Bevölkerung will weder billiges Hormonfleisch noch Chlorhühner auf ihren Tellern und keine Cybertrucks in den Quartieren», liess sich Lisa Mazzone zitieren. Einen Deal auf Kosten von Konsumentinnen und Konsumenten und der Landwirtschaft akzeptierten die Grünen nicht.
«Wir fordern, dass das Verhandlungsmandat endlich veröffentlicht wird und alle Details geklärt werden, damit nicht nur die Milliardäre vom 'Team Switzerland', sondern die ganze Bevölkerung mitreden kann», erklärte die Grünen-Präsidentin
GLP:
Die Grünliberalen begrüssen die Senkung der US-Zölle auf 15 Prozent. So müsse es weitergehen, schrieb Parteipräsident Jürg Grossen auf X. «Ziel muss wie beim Klima aber auch hier netto-null sein», so Grossen weiter.
Bei der Ankündigung des neuen Zoll-Deals am 14. November betonte die Partei, dass ein Freihandel mit den USA das Ziel sein müsse. Für die GLP seien die Bestrebungen des Bundesrates für den Abschluss neuer und das Aufdatieren bestehender Freihandelsverträge weiterhin zentral. Genauso wichtig sei die Absicherung der bewährten bilateralen Verträge mit dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz, der EU.
Die Reaktionen der Wirtschaft
Economiesuisse:
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse zeigt sich erleichtert über die Senkung der US-Zölle für die Schweiz. Dies sei für die Schweizer Wirtschaft «eine echte Entlastung», schreibt der Verband in einer Stellungnahme vom Mittwoch.
«Dank der US-Zollvereinbarung und der Senkung der Zölle auf 15 Prozent können zahlreiche Arbeitsplätze in der Schweiz gerettet werden», heisst es weiter. Denn für diverse Schweizer Unternehmen hätten die Zölle von 39 Prozent die internationalen Geschäftsbeziehungen stark erschwert. Für gewisse Firmen seien sie gar «existenzbedrohend» gewesen.
Schweizer Unternehmen hätten nun wieder gleich lange Spiesse wie die Konkurrenz aus den EU-/EFTA-Staaten oder auch Japan. «Für die Wirtschaft ist zentral, dass die Verhandlungen mit den USA nun rasch aufgenommen werden können», fordert Economiesuisse.
Swissmem:
Der Techindustrie-Dachverband Swissmem begrüsst die mit den USA nun erzielte Zoll-Einigung. «Rückwirkend per 14. November: 15 Prozent US-Zölle sind in Kraft!», verkündet der Verband der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie am Mittwoch auf der Online-Plattform X.
Damit würden in die USA exportierte Güter mit Schweizer Ursprung seit heute und rückwirkend per 14. November nicht mehr einem Zusatzzoll von 39 Prozent, sondern einem pauschalen Zoll von 15 Prozent unterliegen, hält Swissmem weiter fest. Produkte mit ursprünglichem Zoll von unter 15 Prozent würden neu zu total 15 Prozent verzollt.
Damit schneide die Schweiz besser ab als andere Länder, die mit den USA eine Absichtserklärung mit einem «stacked» System unterzeichnet hätten. So werde beispielsweise im Fall von Japan der US-Zusatzzoll zu den bestehenden Zöllen addiert. Zudem würden für Schweizer Exportprodukte wie Flugzeuge und bestimmte Luftfahrtrelevante Teile die pauschalen Zusatzzölle entfallen, heisst es.
Nun sei es wichtig, innenpolitisch Einigkeit zu demonstrieren, fordert Swissmem. Es müsse dabei auch an den Rahmenbedingungen im Innern weitergearbeitet werden, denn schliesslich blieben die Volatilität und die schwierige wirtschaftliche Situation bestehen.
Bauernverband:
Der Schweizer Bauernverband ist mit der Absichtserklärung zwischen der Schweiz und den USA zufrieden. Seine Erwartungen bei der Vergabe von Kontingenten sowie seine Anforderungen an die Produktionsstandards seien erfüllt.
«Wir erwarten, dass das so bleibt», sagte die Sprecherin des Schweizer Bauernverbands (SBV), Sandra Helfenstein, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage. Zudem sei auch die Senkung der Zölle auf 15 Prozent für den Schweizer Käsesektor ein wichtiger Schritt.
Der SBV habe drei Erwartungen an den «Deal» mit den USA formuliert: keine Konzessionen für sensible Landwirtschaftsprodukte ausserhalb der bestehenden Kontingente der Welthandelsorganisation (WTO), die Beibehaltung des heutigen Systems der Vergabe von Kontingenten inklusive Verteilung nach Inlandleistungen und das Inkraftbleiben der Anforderungen an die Produktionsstandards.
Zum letzten Punkt forderte der Bauernverband, dass, wo dies nicht gewährleistet werden könne, eine transparente Deklaration auf allen Verkaufsebenen erfolgen müsse. Die Anforderungen an die Produktionsstandards blieben jedoch vorläufig in Kraft. Die zwei ersten Forderungen seien gemäss den Aussagen des Bundesrats von Mittwoch erfüllt, so der Verband weiter. (sda)
