Schweiz
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SBB vergeben erneut Milliarden-Auftrag ins Ausland an Hitachi Rail

SBB vergeben Milliarden-Auftrag ins Ausland – und veröffentlichen «Korrigendum» zu Stadler

Nach dem Wirbel um die S-Bahn-Züge, welche die SBB in Deutschland bestellen, wurde jetzt ein 1,5-Milliarden-Rahmenauftrag zur Digitalisierung des Bahnnetzes unterzeichnet.
17.12.2025, 10:5017.12.2025, 19:52
Patrik Müller / ch media

Das Foto zeigt einen Handshake von SBB-Chef Vincent Ducrot. Publiziert hat das Bild der japanische Bahntechnikkonzern Hitachi Rail – auf der Business-Plattform Linkedin. Dort feiert Hitachi Rail einen bis zu 1,5 Milliarden Euro schweren Rahmenvertrag zur Digitalisierung des Schweizer Bahnnetzes. Der strahlende Mann, der mit dem Ducrot einschlägt, ist der zuständige Hitachi-Verantwortliche Kurt Sauerwein.

sbb hitachi rail
Hitachi Rail teilte die Einigung mit den SBB auf Linkedin. Bild: screenshot / linkedin

Hitachi bezeichnete den Auftrag als «landmark project», als Meilenstein für die Modernisierung der helvetischen Bahninfrastruktur.

Stellwerke werden modernisiert

Es geht um einen Rahmenvertrag für digitale Stellwerkstechnik. Hitachi Rail soll über einen Zeitraum von rund 20 Jahren einen grossen Teil der bestehenden Stellwerke ersetzen. Diese stammen teilweise aus den 1950er-Jahren. Die SBB wollen bis zu 80 Prozent ihrer Stellwerke erneuern.

Veröffentlicht wurde der Linkedin-Beitrag am Wochenende. Eine SBB-Medienmitteilung wurde dazu nicht publiziert. Hat die Bahn den Auftrag verschwiegen, nach der jüngst erfolgten Auftragsvergabe an die deutsche Siemens? Dieser Deal – es geht um die Bestellung von 116 S-Bahn-Zügen – hat in den vergangenen Wochen für politischen Aufruhr gesorgt. Stadler Rail in der Ostschweiz war unterlegen; der Bahnbauer, der Peter Spuhler gehört, hat Rekurs eingelegt.

Der neue CEO der Bundesbahnen SBB, Vincent Ducrot, beantwortet an seinem ersten Arbeitstag an einer per Videolink uebertragenen Medienkonferenz Fragen der zugeschalteten Medienleute, am Mittwoch, 1. A ...
SBB-Chef Vincent Ducrot.Bild: KEYSTONE

Nun, die Bundesbahnen haben den neusten Auftrag im Grundsatz bereits Anfang Oktober kommuniziert, allerdings hiess es damals: «Die SBB hat die Rahmenverträge für Stellwerke im Umfang von 1,4 Milliarden Franken an Hitachi, Siemens und Stadler Rail vergeben.» Das zeigt, dass auch Siemens und Stadler Rail Teilaufträge bekommen sollen. Doch mit welchem Volumen? Wie gross die Aufträge an die einzelnen Hersteller sein werden, könne zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden, teilten die SBB am Mittwoch mit.

Es gehe um zwei Lose, schrieben die SBB im Oktober: Los 1 umfasse die Gesamtsysteme, die Hard- und Software für die Stellwerke. Los 2 beinhalte die Lieferung von elektronischen Komponenten. Und weiter: «Los 2 geht an Stadler.»

Missverständnis um Stadler-Teilauftrag

Diese Information wurde dann aber später auf der SBB-Homepage unter dem Titel «Korrigendum» berichtigt: «Dass Los 2 an Stadler geht, kann missverstanden werden. Tatsache ist, dass sich an den konkreten Angebotsanfragen entlang der etappierten Modernisierung für den Leistungsumfang des Los 2 sowohl Stadler als auch Hitachi und Siemens beteiligen können.»

Und nun also die triumphale Linkedin-Kommunikation von Hitachi Rail. Etwa gleichzeitig wie Hitachi hat SBB-Chef Vincent Ducrot einen persönlichen Linkedin-Post veröffentlicht. Er schrieb: «Ab 2029 gehen die ersten neuen digitalen Stellwerke in Betrieb. Wir setzen den digitalen Wandel konsequent fort für ein leistungsfähiges, resilientes und zukunftsfähiges Bahnsystem in der Schweiz.» Er publizierte dazu, unter anderem, dasselbe Handshake-Bild wie Hitachi.

50 bis 90 Prozent Wertschöpfung in der Schweiz

Hitachi Rail ist in Japan domiliziert, hat aber auch in der Schweiz eine Niederlassung. In Zürich arbeiten Ingenieure an der Bahn-Sicherungstechnik und an Leitsystemen. Was bedeutet der SBB-Auftrag für die Arbeitsplätze in der Schweiz?

Ein Hitachi-Sprecher sagt dazu: «In Bezug auf die Wertschöpfung für diesen Auftrag werden deutlich über 90 Prozent in der Schweiz anfallen.» Bei Siemens findet der Grossteil der Wertschöpfung ebenfalls in der Schweiz statt: Bei der Entwicklung der Stellwerke seien es 50 Prozent, beim Bau der Stellwerke über 80 Prozent, wie die SBB vorrechnen. Anders ist es beim umstrittenen Auftrag an Siemens für die S-Bahnen: Diese werden im deutschen Krefeld gebaut.

«Schüttelzug» FV-Dosto fährt nicht ins Ausland
Die SBB verabschieden sich endgültig von Auslandfahrten mit dem Fernverkehrs-Doppelstockzug FV-Dosto. Der Zug werde nicht wie einst geplant etwa nach München eingesetzt, meldet Radio SRF. Nur auf sehr kurzen grenznahen Strecken wie nach Konstanz oder Singen bleibe dies vorstellbar. Für längere internationale Verbindungen seien andere Züge besser geeignet, etwa die einstöckigen Astoro-Neigezüge. Der Entscheid steht laut SBB nicht im Zusammenhang mit dem aktuellen Umbau der Drehgestelle, bei dem die Kurvenneigetechnik definitiv wegfällt. SBB-Chef Vincent Ducrot hatte in der «Schweiz am Wochenende» versprochen, der Dosto werde künftig nicht mehr schütteln und seinen Übernamen verlieren. (chm)
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179 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ragl
17.12.2025 11:14registriert Juli 2015
Oh nein. Ein Milliardenauftrag nach Japan. Zu Leuten, die Hochgeschwindigkeitszüge bauen, als wir hier noch Weichen per Muskelkraft gestellt haben (Ich durfte da mal reinschauen, in Pfäffikon SZ) damals, als früher alles besser war...
Der Untergang der SBB, sagen manche.
Ich sage: Kompetenz ist kein Heimatschutz.
Ja, und Empörung ist halt günstiger als Expertise.
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Sonntagabend
17.12.2025 11:14registriert November 2023
Hitachi ist ehemals Alstom. Der Bahnsektor wurde verkauft.

Siemens und Stadler haben sich beide auch Milliarden Aufträge gesichert in diesem Projekt.

Also kein Grund zur Veranlassung.
Ein einzelner Anbieter könnte dieses riesige Projekt auch nicht stemmen. Das Risiko für die SBB wäre zu hoch.

Da wird mal wieder ohne Ahnung am digitalen Stammtisch herumgepoltert.
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Markus97
17.12.2025 11:18registriert August 2018
Na und? Sollen Schweizer Firmen in Zukunft keine Aufträge mehr im Ausland durchführen, weil ausländische Regierungen nur noch an ihre eigenen Firmen vergeben? Da machen wir aber Netto Minus.

Die Aufträge sollen fair nach WTO-Regeln vergeben werden. Die Firmen mit der besten Preis-Leistung sollen gewinnen. Das kommt auch dem Steuerzahler zugute

Vielleicht kann Watson mal einen Artikel dazu machen, wie so ein Verfahren läuft? Wäre sicher spannend.
21210
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