Donald Trump ist «on the road». Auf seiner ersten grossen Auslandsreise besucht er den Nahen Osten und Europa. In der Heimat sind viele froh, ihn endlich einmal los zu sein. In seiner erst viermonatigen Amtszeit hat der US-Präsident schon mehr Geschirr zerdeppert als viele seiner Vorgänger in vier oder acht Jahren. Im Weissen Haus herrscht das Chaos.
President Trump and Emmanuel Macron had a really long handshake https://t.co/zRM6gTtk6Z pic.twitter.com/Vsc02QCGUT
— TIME (@TIME) 25. Mai 2017
Die Woche vor seinem Abflug war für Trump besonders brutal. Der Rauswurf von FBI-Direktor James Comey war kein Befreiungsschlag, sondern erhärtete den Verdacht, dass der Präsident in Sachen Verbindungen zu Russland etwas zu verbergen hat. Was dazu führte, dass Comeys Vorgänger Robert Mueller als Sonderermittler in Sachen Russland-Connection eingesetzt wurde.
Die letzten Tage brachten weitere unerfreuliche Entwicklungen. Die «Washington Post» berichtete, Trump habe nicht nur James Comey, sondern auch NSA-Chef Michael Rogers und den Nationalen Geheimdienstdirektor Dan Coats bei den Russland-Ermittlungen zu beeinflussen versucht. Der frühere CIA-Chef John Brennan bestätigte vor dem Kongress, es habe während des Wahlkampfs 2016 Kontakte zwischen Trumps Team und russischen Regierungsstellen gegeben.
Selbst unter den Republikanern, die ihrem – ungeliebten – Präsidenten bislang die Treue halten, sind erste Absetzbewegungen auszumachen. Eine Amtsenthebung Trumps, ob durch den Kongress oder die Regierung, ist für viele Beobachter nur eine Frage der Zeit. So weit aber muss es nicht kommen. Donald J. Trump hat durchaus Chancen, seine Präsidentschaft nicht nur zu retten, sondern sie zum Erfolg zu führen. Drei Voraussetzungen muss er erfüllen:
Trump muss zur Einflussnahme Russlands auf den US-Wahlkampf 2016 alle Fakten auf den Tisch legen. Dabei darf er keine Rücksicht auf Verluste nehmen, weder in seinem Umfeld noch bei sich selbst. Es ist wahrscheinlich, dass dabei unangenehme Dinge auftauchen. Wenn sich Trump jedoch als «reuiger Sünder» präsentiert, hat er die Chance, ungeschoren davonzukommen. Solange die Republikaner beide Kammern im Kongress kontrollieren, werden sie ihn kaum absetzen.
Donald Trump muss im Weissen Haus «aufräumen» und sich von falschen Freunden und Beratern trennen. In erster Linie sollten der Ultranationalist Steve Bannon und dessen Gefolgsleute die Koffer packen. An ihrer Stelle muss sich Trump mit fähigen Leuten umgeben und auf sie hören. Für den beratungsresistenten und selbstverliebten Präsidenten ist dies nicht einfach. Aber nur mit einer kompetenten Crew kann er das schlingernde Schiff auf Kurs bringen.
Das grösste Problem der heutigen US-Politik ist die scharfe Polarisierung. Demokraten und Republikaner haben kaum noch Berührungspunkte und legen sich oft gegenseitig lahm. Im Wahlkampf hat Trump diese Kluft vertieft. Nun hat er die Chance, sie zumindest teilweise zu überwinden und zum Brückenbauer zu werden. Er kann die konstruktiven Kräfte in beiden Parteien zusammenführen und gemeinsam nach Lösungen für die drängenden Probleme suchen.
Die Gesundheitsreform Obamacare und die Finanzmarktregulierung sollten nicht abgeschafft, sondern ihre Mängel beseitigt werden. Von einer Steuerreform müssen möglichst alle Amerikaner profitieren. Die Mauer an der Südgrenze sollte Trump fallen lassen. Damit würde er viele Hardcore-Fans verärgern, dafür könnte er als echter «Dealmaker» in der politischen Mitte punkten.
Keiner dieser drei Punkte verlangt Unmögliches. Wenn Trump sie umsetzt, könnte er seine desaströse in eine erfolgreiche Präsidentschaft verwandeln. Dafür aber benötigt er strategisches Denken, Fingerspitzengefühl und die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Nichts dergleichen konnte man bislang mit dem Namen Donald Trump verbinden.
Er ist ein hemmungsloser Narzisst, der überall Feinde wittert und gleichzeitig empfänglich ist für Speichelleckerei. Selbst konservative Analysten kommen zum Schluss, dass der 70-jährige Trump ein ewiges Kind geblieben ist. Die Reife, um ein guter Präsident zu werden, geht ihm ab.
Weshalb nur ein Fazit bleibt: Donald J. Trump hat die Chance, seine Präsidentschaft zu retten. Er wird sie nicht nutzen.