Für viele ist er einfach der Vater der «Alperose». Doch Hanery Ammans Werk ist weit mehr. Der Interlakner, der mit 65 Jahren einem Krebsleiden erlag, geht als begnadeter Komponist und Pianist in die Schweizer Musikgeschichte ein.
Sein Weggefährte Polo Hofer bezeichnete ihn als «Chopin vom Berner Oberland». Für Kuno Lauener von Züri West war er «einer der wenigen, dem ich gerne zuhöre, wenn er berndeutsch singt». Stephan Eicher sah in Amman «eine Mischung aus einem Drittel Peter Frampton, einem Drittel George Harrison und einem Drittel Erzengel Gabriel».
Hanery Ammans lange Musik-Karriere begann 1971, als er mit Ex-Nachbar Polo Hofer an einem neuen Projekt herumbastelte. Inspiriert von den Berner Troubadours um Mani Matter, aber auch von Udo Lindenberg, gründeten die beiden Freunde die Band Rumpelstilz.
Hofer war der Texter, Sänger und Verkäufer der Band – Amman die musikalische Seele, der den Sound mit seinen vollen Akkorden und den beiläufig eingestreuten Jazzigkeiten prägte.
Das kongeniale Duo schrieb Gassenhauer wie «Teddybär» und «Kiosk», wo sich Amman vom karibischen Rhythmus inspirieren liess und so zum ersten Reggae-Komponisten der Schweiz wurde. Die Band schuf aber auch zeitlose Klassiker wie «D' Rosmarie und i», «Die gfallene Ängel» und «Es Blatt im Wind».
Rumpelstilz zerbrachen an ihrem Erfolg und internen Streitereien. Polo blieb im grellen Rampenlicht, Hanery ging seinen eigenen Weg. So lebte er seine zweite Leidenschaft aus, das Komponieren von Filmmusik («Kleine frieren auch im Sommer»). Und er veröffentlichte 1980 sein erstes Solo-Album «Burning Fire».
Wenig später schrieb er den Song «Kentucky Rose». Polo Hofer versah ihn mit einem berndeutschen Text – «Alperose» wurde zum Schweizer Jahrhundert-Hit, mit dem man Hofer/Amman für immer verbinden wird.
Amman ging seinen Weg weiter, er komponierte viel und veröffentlichte wenig. Nur eine einzige Solo-Platte gab er noch heraus, «Solitaire» im Jahr 2000. Auch sie zeichnete sich aus durch Songs, die einfach nicht verleiden – «Chasch mers gloube» zum Beispiel wird bis heute regelmässig im Radio gespielt.
Dass der Output nicht höher war, hat wohl verschiedene Gründe. Einer davon sind Ammans Gesundheitsprobleme ab Mitte der 1980er-Jahre. Nach einem Ärztefehler plagte ihn ein permanentes Rauschen auf einem Ohr – der Tinnitus beeinträchtigte fortan seine Arbeit.
Vor allem aber liess sich Amman bei allem Zeit, viel Zeit. Er wollte selber bestimmen, wann seine Songs reif waren für die Öffentlichkeit – und so feilte er endlos und nächtelang an ihnen herum. Wie viele Kompositionen noch in seinen Archiven lagern, kann wohl niemand mit Bestimmtheit sagen.
In den vergangenen Jahren tourte Amman schier endlos durchs Land, und das Publikum blieb ihm treu, auch wenn er seinen Fans nur sehr selten einen neuen Song gönnte. Der «Chopin vom Oberland» zog auf der Bühne und im Studio unbeirrt seine Kreise und liess sich auch von einer Lungenkrebserkrankung nicht unterkriegen.
2011 musste sich Amman seinen rechten Lungenflügel entfernen lassen, danach hatte er mehrere Jahre Ruhe. Im Spätsommer 2017 kam der Krebs zurück. Amman investierte nun alle Kraft in die Fertigstellung seines Instrumentalalbums. Noch ein halbes Jahr brauche er, sagte Amman Anfang Dezember.
Dem Mann, der sich immer viel Zeit genommen hatte, lief die Zeit davon. Hanery Amman starb in der Nacht auf Silvester im engsten Familienkreis. (leo/sda)
(dhr/sda)