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Verrückte Wissenschaft: 7 bizarre Experimente

Ameisen auf Stelzen und 6 andere verrückte Experimente

06.02.2019, 20:0107.02.2019, 14:48
Daniel Huber
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Die Welt der Wissenschaft ist nicht immer so trocken und humorbefreit, wie man sie gern sieht. Das belegen die folgenden 7 bizarren Experimente: 

Ameisen auf Stelzen

Auf diese Idee muss man zuerst mal kommen: Ein Team von Wissenschaftlern der Universitäten von Zürich und Ulm hat Ameisen auf Stelzen gesetzt. Ziel des ungewöhnlichen Experiments war der Nachweis, dass diese Wüstenameisen (Cataglyphis) Entfernungen mit einer Art körpereigenem Schrittzähler messen. Und tatsächlich konnten der Verhaltensbiologe Matthias Wittlinger und seine Kollegen diesen Nachweis erbringen.

Ameisen auf Stelzen
https://i.imgur.com/x2Z4Wxv.png
Auf Stelzen machen Ameisen längere Schritte – was sie bei gleicher Schrittzahl grössere Entfernungen zurücklegen lässt. Bild: Imgur

Zuerst liessen sie Ameisen von ihrem Nest zu einer zehn Meter entfernten Futterquelle laufen. Für den Rückweg  klebten sie einigen Ameisen Stelzen aus Schweineborsten an die Beine, während sie einer anderen Gruppe von Ameisen die Beine kürzten. Das Resultat war klar: Die Ameisen auf Stelzen schossen um mehr als fünf Meter über das Ziel hinaus, die Tiere mit verkürzten Beinen hielten dagegen fünf Meter zu früh an und suchten ihr Nest dort.

So läuft eine Ameise auf Stelzen:

Video: undefined

Das lag daran, dass beide Gruppen dieselbe Anzahl Schritte gemacht hatten wie auf dem Hinweg, aber aufgrund der veränderten Schrittweite nicht dieselbe Entfernung zurücklegten. Wenn beide Gruppen hingegen in einem zweiten Versuch bereits den Hinweg vom Nest zur Futterquelle mit modifizierten Beinen zurücklegten, fanden sie das Nest auf dem Rückweg problemlos. 

Leben als Ziege

Thomas Thwaites ist ein britischer Designer und Schriftsteller, der sich für Wissenschaft interessiert. So sehr sogar, dass er ziemlich ungewöhnliche Experimente ersinnt – zum Beispiel, wie eine Ziege zu leben. Mithilfe eines Exoskeletts und eines Helms verwandelte sich der Brite 2014 in eine Ziege und lebte in den Schweizer Alpen drei Tage lang unter seinen «Artgenossen». Allerdings nur am Tag, in der Nacht war es zu kalt. Ob er bei seinem Geissentrip wirklich Gras verzehrt hat, verriet er allerdings nicht. 

«Meet the Goat Man.»Video: YouTube/CNN

«Mein Ziel war es, Urlaub von dem Schmerz und den Sorgen zu nehmen, die man hat, wenn man ein Lebewesen mit Bewusstsein ist, das die Vergangenheit bedauern und sich über die Zukunft Sorgen machen kann», sagte Thwaites dem US-Nachrichtenportal «Mashable». Seine Erkenntnisse verarbeitete er in dem Buch «Goat Man: How I Took a Holiday from Being Human». Für seine Forschungsarbeit erhielt er den Ig-Nobelpreis – wie übrigens noch manch anderer Beitrag in diesem Listicle. 

Flüssige Katzen

Katzen sind besondere Wesen – das weiss jeder, der diesen Artikel gelesen hat: 

Und jeder Katzenbesitzer weiss, dass die Samtpfoten die merkwürdige Fähigkeit haben, sich in ihrer Form an verschiedenste Gefässe anzupassen. Dies kommt einer Eigenschaft von Flüssigkeit recht nahe – Materie, die ihre Form innerhalb einer bestimmten Zeitspanne (der sogenannten Relaxationszeit) ändert, damit sie in einen jeweiligen Behälter passt. Der Physiker Marc-Antoine Fardin von der Universität Paris Diderot und seine Mitstreiter liessen sich deshalb dazu inspirieren, Katzen flüssigkeitsdynamisch zu betrachten: Ist eine Katze fest, flüssig oder beides zugleich? 

Katze im Glas: If it fits...I sits.
https://imgur.com/s7JtV
Im Katzenslang heisst das: «If it fits ... I sits.»Bild: Imgur

Die Forscher kamen im Fachmagazin «Rheology Bulletin» zum Schluss, dass sich der Befund, dass Katzen flüssig sind, anhand von rheologischen Berechnungen durchaus andeuten lasse. Es seien aber noch weitere Untersuchungen nötig, um diese Frage abschliessend zu klären. Für besorgte Tierschützer: Die Forscher versicherten, während der Forschung sei kein Stubentiger durch eine Leitung gespült oder sonst wie misshandelt worden. 

Das Internet weiss es schon lange:

Wenn Hühner wie Dinos gehen

Die engsten lebenden Verwandten der Dinosaurier sind die Vögel. Der chilenische Forscher Bruno Grossi und seine Kollegen machten sich diese evolutionäre Nähe zunutze, um die Gangart der Dinos zu studieren: Sie untersuchten, wie sich der Gang von Hühnern veränderte, wenn sich deren Schwerpunkt durch einen zusätzlich angebrachten künstlichen Schwanz verschob.

Experimental conditions and kinematic parameters measured.(A) Scheme of the control (C, grey hindlimbs), control-weight (CW, yellow hindlimbs), and experimental (E, orange hindlimbs) subjects. Control ...
Veränderter Gang durch Veränderung des Schwerpunkts mittels eines künstlichen Schwanzes. Bild: Plos One

Denn bei Hühnern kommt der Gang stark aus dem Knie heraus, während die Dinos aufgrund des anderen Schwerpunkts aufrechter gingen und die Oberschenkel mehr ins Spiel brachten. Um die Fortbewegung der Hühner dinomässig zu machen, befestigten ihnen die Wissenschaftler daher einen Holzstab mittels Knetmasse am Beckengürtel. Ihr Vergleich von Huhn- und Dino-Gang erschien im Wissenschaftsmagazin «Plos One» und wurde mit einem Ig-Nobelpreis ausgezeichnet. 

Dino-Huhn in Aktion.Video: YouTube/Francis Villatoro

Rutschigkeit von Bananenschalen

Auch diese Forschungsarbeit erhielt einen Ig-Nobelpreis: Die Studie der japanischen Forscher Kiyoshi Mabuchi, Kensei Tanaka, Daichi Uchijima und Rina Sakai widmete sich der Rutschgefahr von Bananenschalen. Zu diesem Zweck ermittelten die Wissenschaftler den Rutschkoeffizienten zwischen einer Bananenschale und einem Linoleumboden.

Experiment zum Rutschkoeffizient von Bananenschalen
https://www.jstage.jst.go.jp/article/trol/7/3/7_147/_pdf/-char/en
Die Vorrichtung zur Ermittlung des Rutschkoeffizienten. Bild: jstage.jst.go.jp

Sie fixierten zu diesem Zweck einen Kräftewandler mit sechs Freiheitsgraden unter dem Linoleumboden und massen simultan die Reibungs- und Druckkraft, während eine auf die Schale gedrückte Schuhsohle hin und her geschoben wurde. Tatsächlich erwies sich der Reibungskoeffizient mit 0,07 als niedriger im Vergleich mit anderen Fruchtschalen. Die Schmierwirkung wiesen die Forscher einem zuckerhaltigen Gel in der Schale zu, das sich unter Druck verändere. 

Perspektivenwechsel

Japanische Forscher sind gewissermassen abonniert auf die Ig-Nobelpreise. Auch die Wissenschaftler Atsuki Higashiyama und Kohei Adachi wurden mit der Auszeichnung geehrt, und zwar für ihre Arbeit «Perceived size and Perceived Distance of Targets Viewed From Between the Legs: Evidence for Proprioceptive Theory», die sich mit der Frage auseinandersetzt, ob Dinge anders aussehen, wenn man sich bückt und sie zwischen den Beinen hindurch ansieht. 

Perspektivenwechsel: Japanische Forscher erhalten den Ig-Nobelpreis für ihre Studie, die sich der Frage wirdmet, ob Dinge anders aussehen, wenn man sie durch die eigenen Beine hindurch ansieht.
Diese Körperposition nennt man auch «Mooning». Bild: improbable.com

Tatsächlich kamen die Forscher zum Schluss, dass dies der Fall ist. Die auf diese Weise wahrgenommenen Objekte erscheinen demnach kleiner, als wenn sie aus der normalen, aufrechten Position betrachtet werden. Higashiyama und seine Kollegen machten dies bei der Verleihung des Ig-Nobelpreises gleich selber vor und demonstrierten das durch-die-Beine-hindurch-Sehen. 

So ein Pech!

Dieses Experiment verlangt vor allem eines: Geduld. Sehr viel Geduld. Das sogenannte Pechtropfenexperiment läuft schon seit 1927. Damals erwärmte der Physiker Thomas Parnell etwas Pech und füllte es in einen unten versiegelten Trichter. Nach drei Jahren Wartezeit – damit das Pech sich abkühlen und setzen konnte – öffnete er den Verschluss des Trichters. 

Pechtropfenexperiment mit John Mainstone (1990)
Von John Mainstone, University of Queensland - John Mainstone, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2154211
John Mainstone betreute das Pechtropfenexperiment 52 Jahre lang. Er starb 2013. Bild: Wikimedia/John Mainstone, University of Queensland

Der erste Tropfen des zähen Materials fiel jedoch erst acht Jahre später in den Behälter unter dem Trichter. Der nächste Tropfen folgte neun Jahre später. Kein Wunder – Pech ist bei Zimmertemperatur hart und kann selbst mit dem Hammer zerschlagen werden. Doch im Trichter ist es extrem zähflüssig – etwa 100 Milliarden Mal zäher als Wasser. Sieben weitere Jahre später fiel der dritte Tropfen, was Parnell bereits nicht mehr erlebte. Allerdings erlebten auch seine Nachfolger nie live, wie einer der bisher immerhin neun Tropfen fiel. Beim bisher letzten Mal konnte immerhin eine Kameraaufnahme gemacht werden: 

«Pitch Drop Time Lapse 2 years to date.»Video: YouTube/ThePitchDrop

Ein gleichartiges Experiment begann 1944 am Trinity College in Dublin. Dort gelang es bereits 2013, einen fallenden Tropfen aufzuzeichnen: 

«Pitch drop at Trinity College Dublin successfully recorded on camera after 69 years.»Video: YouTube/computerman53

Noch ein Experiment: Sind diese Strumpfhosen wirklich unzerstörbar?

Video: Angelina Graf
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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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MaskedGaijin
07.02.2019 01:34registriert Oktober 2014
Wie ist wohl der Rutschkoeffizient, wenn ein als Huhn verkleiderter Mensch auf Stelzen, auf der Bananenschale ausrutscht?
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w'ever
06.02.2019 20:56registriert Februar 2016
kommt dieses thema am sonntag beim huber-quiz vor?
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