Heute, morgen und übermorgen stehen an der Leichtathletik-EM die Wettkämpfe der Geher, den witzigsten Läufern der Welt, auf dem Programm. In der Zürcher Innenstadt «watscheln» die Athleten einer Schlaufe zwischen Bellevue und Central entlang, mit dem Ziel von EM-Gold vor Augen.
Doch ein Hindernis ist den Gehern ein Dorn im Auge: die rutschigen Tramschienen mit Einknickgefahr. Da es beim Gehen in keiner Weise erlaubt ist, den Bodenkontakt mit beiden Füssen aufs Mal zu verlieren, benötigen die Läufer einen ebenen Boden. Die Organisatoren haben dafür nach anderthalb Jahren die perfekte Lösung gefunden: Bananentaue.
«Uns ist ein Stein vom Herzen gefallen», sagt Kaspar Egger, Leiter der Strassenrennen von Zürich 2014. «Wir haben vieles versucht, doch die Hanfseile, wie das oft gebraucht wird, faulen zu schnell und der Rest war einfach zu teuer.» Auf die Idee gekommen ist man dank den holländischen Kollegen, welche in zwei Jahren die nächsten Europameisterschaften organisieren. «In Den Haag werden jeweils die Gleise gefüllt, wenn Kutschenfahrten der in der Stadt residierenden Königsfamilie anstehen. Solche Taue wurde nun von Den Haag nach Zürich transportiert.»
Die Bananentaue sind im Ausland kein unbekanntes Material. Vor allem in der Schifffahrt werden für das Anlegen von grossen Booten die Taue verwendet, da sie sehr wasserresistent sind. Dies kommt Zürich in den bevorstehenden, regnerischen Tagen sehr entgegen. «Wir haben die Seile vor einem Jahr mit den Polli-Schwestern, die an der EM für die Schweiz antreten, getestet, und sind sehr zuversichtlich, dass es die perfekte Lösung ist», verrät Egger.
Einen Haken hat die ganze Arbeit dennoch: Trams können vor, während und kurz nach den Wettkämpfen auf dieser Route natürlich nicht kursieren. Um 9.20 Uhr findet heute der erste Gehen-Wettkampf mit den 20 Kilometern der Männer statt, was den Veranstaltern eine Frühschicht bescherte. Um 6:30 war die Operation «Bananentaue in Gleise pressen» bereits voll im Gange.
Von einem Auto wurden die aufgerollten Bananentaue von Zivilschützern in die Gleise gelegt, wo sie von noch mehr Zivilschützern hineingestampft wurden. Zum Schluss fährt ein Auto die Strecke ab, damit die Seile perfekt in den Gleisen stecken und die Strasse eben wird.
Doch was bedeuten die Seile für die Pendler, welche nichts mit Leichtathletik am Hut haben? Sie werden in den nächsten Tagen wohl auch etwas mehr gehen müssen. Die Arbeiter geben jedoch alles, damit der Verkehr schnellst möglich wieder läuft: «Eine halbe Stunde nach der letzten Zielankunft sind die Gleise wieder frei und die Trams fahren wieder», erklärt Egger. Zehn Minuten brauche man, um die Seile aus den Gleisen zu heben, die grosse «Büez» wird es sein, diese wieder aufzurollen.
Aber, liebe Pendler, freuen Sie sich nicht zu früh. Schliesslich findet heute wie erwähnt nicht der einzige Wettkampf in der Disziplin «Gehen» statt. An folgenden Zeiten besuchen Sie lieber den Uetliberg oder kommen gar nicht erst nach Zürich: Mittwoch, 6 bis ca. 12 Uhr (Gehen Männer, 20km); Donnerstag, 6 bis ca. 12 Uhr (Gehen Frauen, 20km); Freitag, 6 bis ca. 15 Uhr (Gehen Männer, 50km). Oder noch besser: Sie feuern die Athleten lautstark an der Rennstrecke an und treiben diese zu Topleistungen. Das freut sowohl Läufer wie auch Pendler, welche dann schneller wieder in ihren Trams sitzen können.