International
Brexit

Nach vier Rückschlägen: Diese 3 Möglichkeiten bleiben Johnson noch

Britain's Prime Minister Boris Johnson walks towards a podium to speak to the media outside 10 Downing Street in London, Monday, Sept. 2, 2019. Johnson says he doesn't want an election amid  ...
Boris Johnson sieht sich immer mehr in die Enge getrieben.Bild: AP

Nach einer Woche voller Rückschläge – diese 3 Möglichkeiten bleiben Johnson noch

Nachdem der britische Premier Johnson einige Niederlagen einstecken musste und die Zeit knapp wird, ist sein politischer Spielraum stark eingegrenzt. Es bleiben ihm noch drei Optionen – wobei eine davon eigentlich gar keine sein darf.
09.09.2019, 04:5209.09.2019, 06:24
Milan Marquard
Milan Marquard
Folge mir
Mehr «International»

Die vergangene Woche war für Boris Johnson eine zum schnell vergessen. Der britische Premier musste mehrere bittere Rückschläge hinnehmen: Er verlor die Abstimmungen über den No-Deal-Brexit und die geforderten Neuwahlen. Danach verabschiedete das Parlament die sogenannte Benn-Burt-Vorlage. Diese soll die Regierung zwingen – falls bis zum 19. Oktober kein neuer Deal ausgehandelt wurde – die EU um einen Aufschub des Brexit zu bitten.

Während den Diskussionen um die Abstimmungen wechselte ausserdem ein konservativer Abgeordneter die Seite und verschob damit die Mehrheitsverhältnisse im Parlament zu Johnsons Nachteil.

Als wäre es noch nicht genug, folgten zwei Rücktritte, die Johnson nur schwer verkraftet. Zum einen legte sein eigener Bruder sein Amt als Minister nieder.

Auf Twitter begründete Jo Johnson seine Entscheidung: «Ich war in den vergangenen Wochen zerrissen zwischen Loyalität zur Familie und dem nationalen Interesse – es ist eine unauflösbare Spannung und Zeit, dass andere meine Aufgaben als Parlamentarier und Minister übernehmen.»

Am Samstag kam dann noch der letzte Schreck für Boris Johnson: die Arbeits- und Sozialministerin Amber Rudd gab ihren Rücktritt via Twitter bekannt. Rudd kritisierte auf dem Nachrichtendienst die Politik von Johnson direkt:

«Ich muss auch auf den Angriff auf Anstand und Demokratie eingehen, der letzte Woche stattfand, als Sie 21 talentierte, loyale ‹One Nation› Konservative entlassen haben.»

Johnson muss jetzt sehr strategisch vorgehen. Die Mehrheitsverhältnisse sind gegen ihn. Es bleiben ihm noch drei Optionen:

Neuwahlen

Der Premier plant heute Montag nochmals Neuwahlen zu beantragen. Gemäss einer Umfrage der «The Times», würden die Tories 35 Prozent der Stimmen erhalten. Damit hätte er gute Chancen auf eine Mehrheit im Unterhaus.

Die Chancen sind jedoch gering, da die Opposition – bestehend aus den Oppositionsparteien und Tory-Aussteigern – dies nicht akzeptieren wird. Wahlen sind erst ein Thema, wenn der Brexit auf 2020 verschoben wird.

Verhandlungen mit der EU

Option zwei sind die Verhandlungen mit der EU. Johnson fordert, dass der Backstop für die innerirische Grenze gestrichen wird. Falls Johnson bereit wäre, von dieser Forderung abzuweichen, würde es eine Einigung mit der EU erleichtern: Die EU und ihr Mitglied Irland wollen Kontrollposten an der Grenze zu Nordirland vermeiden, weil eine neue Teilung der Insel Unruhen auslösen könnte. Bis eine andere Lösung gefunden wird, sollen für Nordirland weiter einige EU-Regeln gelten und Grossbritannien in der EU-Zollunion bleiben.

Obstruktion

Boris Johnson äusserte sich laut The Independent am Wochenende zum Benn-Burt-Gesetz – das Gesetz sei nur «theoretisch» gültig. Experten warnten, Johnson könnte im Extremfall im Gefängnis landen, sollte er sich über das Gesetz stellen. «Er ist genauso an das Rechtsstaatsprinzip gebunden wie jeder andere in diesem Land», sagte der ehemalige Generalstaatsanwalt Dominic Grieve der BBC am Samstag.

«Wenn er sich nicht daran (an das Gesetz) hält, kann er vor Gericht verklagt werden. Das Gericht würde nötigenfalls eine Verfügung erlassen, die ihn dazu verpflichtet (...), hält er sich nicht an die Verfügung, könnte er ins Gefängnis geschickt werden.»

Obwohl Option 1 die wahrscheinlichste ist, kann man bei Boris Johnson nicht sicher sein – der Premier ist immer wieder für Überraschungen gut.

Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA/DPA.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Boris Johnson
1 / 10
Boris Johnson
Boris Johnson: Ob der Konservative ahnt, worauf er sich da eingelassen hat?
quelle: x02954 / neil hall
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Ein chaotischer Brexit hätte für die EU verheerende Folgen
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
63 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Thomas Bollinger (1)
09.09.2019 05:43registriert Juli 2015
Hmm, die Antwort auf den Titel sollte lauten: 1. Rücktritt 2. Exil 3. Titelrolle im dritten Teil von „Dumm und dümmer“.
7722
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gawayn
09.09.2019 06:43registriert März 2018
Diese Brexit Geschichte ist schlicht ein Albtraum.

Kein Anschlag kann Englands Regierung derart schwächen, wie dieses unsinnige Vorhaben.

Durchdrücken ohne Deal, wäre Suizidär.

Ein Deal, der für die Briten lukrativer ist, als die Mitgliedschaft, da wären die EU schön blöd, sich darauf ein zu laßen.

Aufschub wofür?
Auch in 20 Jahren gibts keine Einigung.

Ich würde Option 4 wählen.
Die ganze Übung abbrechen und als dummen Fehler abbuchen...
589
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ricordi Ricordi
09.09.2019 08:44registriert Juni 2019
Die 4. und beste Variante wäre zurückzutreten.
203
Melden
Zum Kommentar
63
«Melden Sie alles der Polizei!» – KKJPD warnt Gemeinden vor eritreischem Nationalfeiertag
Am 24. Mai feiert der eritreische Diktator seine Machtergreifung. In der Schweiz soll es an diesem Tag zu Veranstaltungen mit hohem Gewaltpotenzial kommen. Die Gemeinden sollen die Behörden alarmieren.

«Am 24. Mai werden wir in der Schweiz Eritrea feiern und ihr könnt uns nicht aufhalten», heisst es in einer Tiktok-Videobotschaft, die derzeit auf verschiedenen Kanälen die Runde macht. Am 24. Mai 1993 hat Diktator Issayas Afewerki die Macht ergriffen und führt seit diesem Tag das Land mit eiserner Hand. Bei Anhängern des Regimes wird dieser Tag als Nationalfeiertag gefeiert - auch in der Schweiz.

Zur Story