Der SC Bern hat 11'000 Saisontickets verkauft. Aber bloss 6750 Inhaberinnen und Inhaber dürfen wegen der Einschränkungen zum Spiel in ein Stadion mit einem Fassungsvermögen von 17'031 Sitz- und Stehplätzen kommen. Was dazu führt, dass die Saisonkarten-Inhaber nur jedes zweite Spiel sehen können und in zwei Gruppen aufgeteilt worden sind. Bevor die Saison begonnen hat, sind also schon alle Tickets verkauft.
Für die beiden ersten Heimspiele gegen Ambri und Lausanne vermeldete der SCB logischerweise «ausverkauft». Aber ein Blick durchs Rund der grössten Hockey-Arena ausserhalb von Nordamerika machte schnell klar: Es waren bei weitem nicht 6750 Menschen im Stadion. «Dieser optische Eindruck ist richtig», sagt SCB-Manager Marc Lüthi. Wie viele Ticketbesitzer auf den Besuch des Spiels verzichtet haben, wird nicht verraten. «Diese Zahlen nennen wir nicht.»
Auch viele der Treusten der Liga sind nicht ins Stadion gegangen. In Langnau dürfen 2850 von 6000 Plätze besetzt werden. Nicht genug für alle Saisonkartenbesitzer. Aber auch hier bleiben viele Sitze leer. Zum ersten Heimspiel kamen «nur» 2085 Zuschauerinnen und Zuschauer. «Wir nennen die Anzahl der tatsächlich Anwesenden im Stadion», sagt Geschäftsführer Peter Müller. Und selbst den Klassiker EV Zug – SC Bern wollten nicht alle sehen, die dafür bereits bezahlt hatten: 3259 kamen, 3800 Plätze standen zur Verfügung. Die Zuger haben über 5000 Saisonkarten verkauft.
Was ist der Grund dafür, dass Inhaberinnen und Inhaber eines Saisontickets nicht ins Stadion kommen? An den technischen und organisatorischen Umständen kann es nicht liegen. In Bern und in Langnau funktioniert die Zuteilung der Tickets und der Ablauf vor Ort. Bei Spielbeginn waren alle auf ihren Plätzen. Ein Gedränge bei den Eingängen gab es an beiden Orten nicht, in Bern ging es sogar noch zügiger voran als in Langnau. Und wer aus irgendeinem Grund nicht zum Spiel gehen wollte, der konnte sein Saisonabo mit einem Mausklick personifiziert weitergeben. Die Hockeymanager haben an allen Orten organisatorische Meisterleistungen vollbracht.
Der Grund, warum die Menschen zu Hause bleiben, ist die Angst vor einer Ansteckung. Marc Lüthi sagt: «Saisonkarten-Besitzer haben uns gesagt, dass sie wegen der Gefahr einer Ansteckung keine Veranstaltungen besuchen wollen und deshalb nicht zum Spiel kommen.» Das Geld werde nicht zurückverlangt. «Viele sagen uns, dass sie das Saisonabo aus Solidarität zum Klub gelöst haben.» Langnaus Peter Müller spricht ebenfalls von Rückmeldungen dieser Art: «Wir verstehen das und tun alles, um unsere Organisation weiter zu verbessern und diese Ängste zu zerstreuen.»
Die Klubs haben alle mit den Behörden ausgearbeiteten Sicherheitskonzepte nahezu perfekt umgesetzt. Und die Zuschauerinnen und Zuschauer haben sich in allen Stadien an die Vorschriften gehalten. Auch an die Maskenpflicht. Das Live-Erlebnis im Stadion ist zwar ein ganz anderes geworden. Sozusagen Emotionen mit angezogener Handbremse. Aber Hockeyspiele als «Maskenball» – das geht. «Corona-Rebellen» oder Chaoten gibt es in den Hockeystadien keine. Hockey-Fans sind in der Regel ja auch in normalen Zeiten anständig. Es gibt also weder technische noch organisatorische Gründe, nicht zum Spiel zu gehen.
Das Eishockey offenbart auf eindringliche Art und Weise ein gesellschaftliches Phänomen: Die Angst vor dem Virus beginnt, die Gewohnheiten der Menschen nachhaltig zu verändern. Wenn wir jeden Tag von steigenden Fallzahlen lesen und hören, wenn in allen Medien die Virus-Krise das zentrale Thema ist, wenn wir uns diesem Thema einfach nicht mehr entziehen können – dann durchdringt diese Krise nach und nach all unser Tun und Lassen. Auch dann, wenn wir in unserem persönlichen Umfeld niemanden kennen, der erkrankt ist, und es eigentlich keinen ersichtlichen Grund gibt, nicht zum Spiel zu gehen. Nur noch die Furchtlosen wagen sich ins Stadion.
Wenn Läden oder Restaurants weniger Umsätze machen, muss das noch keine Folge der Angst sein. Wenn aber jemand für mehr als 1000 Franken ein Saisonabo kauft und dann darauf verzichtet, zum Spiel zu gehen – dann ist der wichtigste Grund Angst. Oder um es dramatisch wie Rainer Werner Fassbinder zu formulieren: «Angst essen Seele auf». Noch so perfekte Sicherheits- und Schutzmassnahmen können diese Angst nicht vertreiben.
Ernsthafte Folgen hat diese Angst für die Klubs diese Saison noch nicht. Die Saisontickets sind bereits bezahlt. Der Umsatzrückgang in der Gastronomie wird dadurch nicht weiter verschärft – kommen etwas weniger Leute, ist der Zugang zu Wurst und Bier einfacher.
Aber diese Angst kann das Geschäftsmodell «Massenveranstaltung» in den Grundfesten erschüttern. Solange die Angst vor einer Ansteckung mit einem tödlichen Virus bleibt, wird es nicht mehr möglich sein, Stadien zu füllen und noch einmal im gleichen Masse Saisonkarten zu verkaufen. Auch Opernhäuser, Konzertsäle oder Theater werden die Folgen dieser Angst spüren.
Grossveranstaltungen, Clubs u. Ä. meide ich trotzdem. Mir geht es primär darum meine liebsten zu schützen, eine Verbreitung zu verhindern und die Fallzahlen tief zu halten.
Hinzu kommt noch das niemamd genau sagen kann was im Falle eines positiven Tests passiert und auf Quarantäne habe ich auch keinen Bock