Schweiz
Wallis

Wilderei im Wallis: Wie 17 Fallen den Luchs vertrieben

Wilderei im Wallis: Wie 17 Fallen den Luchs vertrieben – und die Wildhüter wegschauten

25.06.2021, 11:3226.06.2021, 10:34
Mehr «Schweiz»

Wilderei scheint der Grund für die überraschend wenigen Luchse im Wallis zu sein. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Uni Bern hat Beweise dafür entdeckt: ein Netz von illegalen Luchsfallen.

Luchs Wildkatze Raubkatze
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lynx_lynx,_Luchs_04.JPG
Der Luchs hat im Wallis einen schweren Stand. Bild: Böhringer Friedrich, CC BY-SA 2.5, via Wikimedia Commons

Das Netz der 17 Schlingenfallen fanden sie in den Bergen am Rhoneknie, im Einwanderungskorridor des Luchses, der das Wallis mit den Voralpen verbindet. «Einige Fallen waren zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung im Jahr 2015 inaktiv, andere aber betriebsbereit», liess sich Raphaël Arlettaz von der Universität Bern in einer Mitteilung der Hochschule zitieren.

Luchsfall im Kanton Wallis
Die Position der 17 Fallen (orange Kreise) im Einwanderungskorrior der Luchse. Rechts unten ist Martigny sichtbar.Bild: pd/Raphaël Arlettaz/unibe

Er ist Erstautor der Studie, von der verschiedene Medien im vergangenen Jahr berichtet hatten und die nun von unabhängigen Experten begutachtet und im Fachmagazin «Frontiers in Conservation Science» publiziert wurde.

Wilderei einzige plausible Hypothese

In den Voralpen entwickelt sich die Luchspopulation seit der Wiederansiedlung vor rund vierzig Jahren gut. Im Vergleich dazu ist sie im Rhonetal um rund achtzig Prozent geringer, wie das Team mit Fotofallen und Spuren im Schnee feststellen konnte.

Die Forschenden untersuchten, ob der tiefe ermittelte Bestand aus der Dichte oder Positionierung des Fotofallen-Netzwerks resultieren könnte oder ob es zu wenig Beute für den Luchs im Wallis gibt. Diese Hypothesen konnten sie in der Studie allerdings entkräften, womit einzig die nicht widerlegbare Wilderei-Hypothese übrig blieb.

Luchs-Krimi im Wallis

In ihrer Studie dokumentieren die Forschenden einen Fall von Luchs-Wilderei, für den es 1995 einen ersten Hinweis gab. Damals tauchte ein Foto eines Jägers in den Medien auf, der mit einem Gewehr hinter zwei toten Luchsen kniete. «Die Kopfposition der Luchse deutet stark darauf hin, dass sie durch Halsschlingen getötet wurden», sagte Arlettaz im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Gericht akzeptierte jedoch die Behauptung des Jägers, er habe die Luchse tot gefunden – und sprach ihn frei.

Luchsfall im Kanton Wallis
Die mit Zweigen gut versteckte Drahtschlinge.Bild: pd/Raphaël Arlettaz/unibe

Im Jahr 2005 trat ein Wanderer mit seinem Fuss in eine Luchsfalle. Er erstatte Anzeige gegen Unbekannt bei der örtlichen Polizei und wurde von einem kantonalen Wildhüter begleitet, um die Falle zu fotografieren. Die Ermittlungen wurden allerdings bald darauf eingestellt. Die Falle wurde zwar demontiert, nur wenige Monate später fand der Wanderer sie jedoch wieder installiert vor. Dies meldete er wiederum demselben, noch heute tätigen Wildhüter. Ohne Folgen.

Acht Jahre später machte der dem Gericht bereits bekannte Jäger Schlagzeilen, als er bekannt gab, bereits zehn Luchse mit Fallen erlegt zu haben. Auch damals liefen die Ermittlungen ins Leere, weil die Polizei keine Beweise für die Existenz der Luchsfallen finden konnte.

DNA überführte den Täter

Es dauerte bis ins Jahr 2015, als Arlettaz und sein Team das Netz der 17 Schlingenfallsysteme fanden und die Beweise direkt zur Staatsanwaltschaft des Kanton Wallis trugen. Weil sich darin DNA-Spuren des Jägers finden liessen, verurteilte das Gericht den geständigen Täter sechs Monate später.

Dass es bei diesem Fall von Wilderei erst zwanzig Jahre nach dem ersten Hinweis zu einer Verurteilung kam, «stellt das Engagement der lokalen Behörden in Frage, diesen Fall von Wildtierkriminalität anzugehen», schreiben die Autoren in ihrer Studie. Der Wilderer habe sich durch das Nichtstun der Wildhüter, lokalen Polizei und lokalen Justiz wohl in Sicherheit gewogen und sich ermutigt gefühlt, seine Aktivitäten fortzusetzen.

«Unsere Rekonstruktion zeigt klar, dass diese Wilderei schon viel früher hätte gestoppt werden können», sagte Arlettaz. Die Forschenden schlagen vor, dass die Behörden Ermittlungen zu Wilderei auf der höchstmöglichen Ebene durchführen oder eine zentrale Polizeistelle einrichten sollten, um Absprachen zu verhindern und die illegale Jagd effektiv zu bekämpfen. (sda)

Wie gut kennst du den Luchs?

Quiz
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die unterhaltsame Seite des Jagens
1 / 15
Die unterhaltsame Seite des Jagens
Ein Schläfchen zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Nicht alle Männer sind sexistische Eichhörnchen!
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
104 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
ciaociao
25.06.2021 11:51registriert November 2016
Warum verwundert es mich nicht, dass das im Wallis ist?
27612
Melden
Zum Kommentar
avatar
el cóndor terminado
25.06.2021 11:44registriert Juni 2021
Walliser-Filz wie er leibt und lebt. Alle verantwortlichen sollte man einbuchten.
26910
Melden
Zum Kommentar
avatar
Walser
25.06.2021 13:03registriert Februar 2018
Tiere die in eine Schlinge geraten, erwürgen sich elendiglich. Wer eine solche Schlinge auslegt, ist eine Bestie. Ohne Frage. Das sind Sadisten, keine Jäger.
971
Melden
Zum Kommentar
104
Streit um Herzchirurgie in St.Gallen: Jetzt ziehen die Krankenkassen vor Gericht
Die Pläne für Herzchirurgie am Kantonsspital St.Gallen stossen auf Widerstand. Die Krankenversicherer wollen sie verhindern, weil sie um um die Behandlungsqualität fürchten und vor steigenden Kosten warnen.

Die St.Galler Spitäler kommen nicht zur Ruhe. Nach der Massenentlassung von 440 Stellen im letzten Herbst ist nun ein Streit um der geplante Leistungsauftrag für Herzchirurgie am Kantonsspital entbrannt. Anfang März hatten die drei Kantone St.Gallen und beider Appenzell entschieden, bei der Spitalplanung zusammenzuspannen. Ihr Ziel: Sie wollen teure Doppelspurigkeiten vermeiden.

Zur Story