Dies ist die Geschichte einer Inszenierung. Einer absurden Inszenierung. Es ist die Geschichte einer Blamage. Und die Geschichte einer smarten Reaktion.
Sie beginnt mit Eric Wallis.
Wallis ist Kampagnenmanager und Experte für politisches Framing. Er hielt am 17. November an der Uni Greifswald einen Vortrag zum Thema «Gehirne waschen – Framing gegen Fremdenfeinde».
Wer Wallis bei diesem Thema also herausfordern will, sollte das gut bedenken.
Oder es so machen wie Vertreter der Identitären Bewegung. Und sich dabei gründlichst blamieren.
Was war passiert?
Während Wallis seinen Vortrag hielt, unterbrach ihn plötzlich ein Mann, der in der ersten Reihe sass. Er sprach von «Opfern von Terror und Multikulti». Wallis bot ihm eine Diskussion zu dem Thema an.
Und dann wurde es absurd.
Mehrere Identitäre liefen in den Hörsaal und entrollten ein Banner mit dem Spruch «Man wird doch wohl noch seine Meinung sagen dürfen.» Der Ursprungs-Störer wurde von als «Gedankenpolizei» verkleideten Identitären abgeführt. Dabei hatte Wallis explizit ein Diskussionsangebot ausgesprochen.
Aber es wurde noch absurder.
Denn auch den anderen Identitären bot Wallis umgehend eine Diskussion an, er lud sie ein, Platz zu nehmen und bat die anderen Anwesenden Ruhe zu bewahren.
Meine Vorlesung über die #Manipulation besorgter Bürgerinnen & Bürger durch Rechtes #Framing wurde angereichert mit einem Praxisbeispiel der sogenannten #Identitären. Leider ging ihr #Opfer_Framing nicht auf. #Greifswald @wissen_lockt pic.twitter.com/TkluPmqmMV
— Eric Wallis 📣👁 (@wortgucker) 18. November 2018
Denn wie gesagt: Wallis kennt sich mit rechtem Framing aus. Der Dozent wusste also, was die Identitären planten: sich als Opfer stilisieren. Sie wollten wohl provozieren, ausgebuht und rausgeschmissen zu werden. Um dann, denn die Aktion wurde von den Identitären auch gefilmt, in Videoschnipseln zeigen zu können, wie ihre Meinung unterdrückt werde.
Das durchschaute Wallis umgehend, wie er watson sagte:
Sein Angebot, mit den Identitären zu diskutieren, zeigte daher auch umgehend Wirkung: Die Rechtsextremen verliessen gesammelt den Saal.
Noch nicht absurd genug? Es geht weiter!
Die Identitäre Bewegung ist als rechtsextreme Bewegung bekannt, sie richtet sich gegen den sogenannten «Multikulti-Wahn» und «unkontrollierte Massenzuwanderung». Sie wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Und sie inszenieren Aktionen, mit denen öffentlichkeitswirksam auf ihre Anliegen hingewiesen werden soll. Wie die Aktion in Greifswald.
Doch als der erhoffte Rauswurf ausblieb, mussten schnell andere Bilder her. Und da die nicht durch Provokation geliefert werden konnten, wurde künstlich nachgeholfen, wie folgender Post zeigt:
Intervention an der Uni #Greifswald
— Identitäre Bewegung (@IBDeutschland) November 17, 2018
Kein Platz für abweichende Meinungen! - #Gedankenpolizei regelt#IBD #identitär #MV #Mielke #StaSi #DDR pic.twitter.com/Ps84aLwXL6
Diese Bilder wurden wohl ausserhalb des Hörsaals aufgenommen. Sie sollen zeigen, wie Vertreter der «IB» von Ordnern der Uni «abgeführt» werden.
Das Problem ist nur:
Könnt Ihr euren "Fans" mal erklären, warum Ihr euch selbst rauswerft? Der angebliche Ordner ist doch Daniel M., selbst ein IBster? #fckIB#Greifswald #identitär und verlogen. pic.twitter.com/pR5dUxZzWJ
— Fred Groeger 🏴 (@Fred_Groeger) 20. November 2018
Eine rundum misslungene Aktion. Der Versuch der «IB», sich als Opfer fehlender Meinungsfreiheit zu inszenieren, ging gründlich daneben.
Aufklärungsunterricht live und in Farbe. Ein anschaulicheres Praxisbeispiel für rechtes Framing hätte es kaum geben können.