Frankreich hat diese Woche sämtliche Flüge nach Brasilien gestoppt. Während unser Nachbarland den Riegel schiebt, lässt die Schweiz weiterhin Einreisen aus dem Corona-Hotspot zu. In Brasilien grassiert seit einigen Wochen der Virusmutant P.1. Kanada, wo sich der Mutant ebenfalls ausbreitet, steht seit Freitag ebenfalls auf der Risikoliste. Das teilte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) via Twitter mit.
Neu befindet sich Kanada auf der Liste der Staaten und Gebiete, in denen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus besteht. Die Änderung gilt per heute, 16. April 2021, 18 Uhr.
— BAG – OFSP – UFSP (@BAG_OFSP_UFSP) April 16, 2021
Für Einreisende aus Risikogebiete gelten verbindliche Regeln: Sie müssen zwingend einen negativen Test vorweisen können, ihre Einreise bei den jeweiligen Kantonen anmelden und sich zehn Tage in Quarantäne begeben.
Die Selbstregistration basiert komplett auf Eigenverantwortung. So hat Luca Rieder* bei seiner Ankunft aus der brasilianischen Metropole São Paulo von den geltenden Regeln nicht viel gemerkt. «Die Passkontrolle dauerte keine 20 Sekunden. Ein Testresultat wurde nicht verlangt. Ob ich das Registrations-Formular ausgefüllt hatte, kontrollierte auch niemand», schildert er. Auf die Quarantäne-Pflicht sei er ebenfalls nicht hingewiesen worden.
In Brasilien sei zwar beim Check-in für seinen Swiss-Flug der negative Corona-Test verlangt worden, erzählt Rieder. Weiter seien während des Fluges die Passagiere per Durchsage darauf hingewiesen worden, dass sie ihre Ankunft anmelden und sich in Quarantäne begeben müssen. Aber nie von offizieller Stelle: Bei der Einreise in Zürich hingegen sei bis auf den Pass nichts kontrolliert worden.
Rieder denkt nicht, dass sich alle Passagiere auf dem Web gleich gut informieren, geschweige denn an die Vorschriften halten würden. Er findet: «Bei Einreisen aus Risikogebieten sollte man strenger sein und die Passagiere zumindest beim Zoll nochmals eindringlich auf die Quarantänepflicht hinweisen», findet er.
Warum ist die Schweiz so lasch? Das BAG sieht nicht vor, jede einreisende Person aus einem Risikogebiet zu kontrollieren. Die negativen PCR-Tests kontrolliert der Zoll stichprobenartig, heisst es.
Wie viele Stichproben der Zoll und die Kantonspolizei machten, sei vertraulich, sagt Beat Lauper von der Zürcher Gesundheitsdirektion. Er sieht die Verantwortung vielmehr bei den Reisenden: «Alle Einreisenden sind verpflichtet, sich selbständig zu informieren.» Die Selbstregistrierungen würden täglich in einer Liste erfasst und für die Stichprobenkontrolle verwendet.
Der Kanton Zürich werde weiter ab sofort alle aus Brasilien Einreisenden aktiv anrufen, sobald sie das entsprechende Online-Formular ausgefüllt hätten.
Eigentlich könnten die Kantone betroffene Personen kontaktieren und prüfen, ob sie die Quarantäne einhalten. Laut Auskunft des BAG würden sie die Passagierlisten von Flügen aus Risikogebieten erhalten. Das sei aber nicht vorgesehen, sagt Lauper: Die einzigen Personen, welche auf diese Weise kontaktiert worden seien, seien jene aus Südafrika, Grossbritannien und Irland gewesen, «um abzuklären, ob eventuell eine mutierte Virusversion miteingeschleppt wurde.»
Als Corona-Forscher Ende 2020 die britische und die südafrikanische Virusmutation entdeckte, kappte die Schweiz die Flugverbindungen innert weniger Tage.
Wegen der Lage in Brasilien forderten verschiedene Seiten in der Schweiz schon Ende März einen Flugstopp. Alain Berset sagte damals, dass man die Situation «sehr besorgt» verfolge, weitere Massnahmen wurden nicht als notwendig betrachtet.
Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit beim BAG, sagte zudem, ein Flugstopp aus Brasilien würde nur Sinn ergeben, wenn dieser europaweit koordiniert sei.
Nach dem Stopp von Frankreich werden die Flugverbindungen von Brasilien nach Europa immer weniger. In Zürich landet derweil weiterhin fünfmal pro Woche ein Swiss-Direktflug aus São Paulo.
* Name durch die Redaktion geändert.