Seit Längerem sorgt Kaliningrad, die drittgrösste Exklave der Welt, bei den baltischen Staaten für mulmige Gefühle. Denn Kaliningrad, das zwischen Polen und Litauen liegt, gehört politisch und kulturell zu Russland. Und auf Kaliningrad ist ein Teil des russischen Atomarsenals gelagert.
Anfangs dieser Woche nun kritisierte der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow den baltischen Staat Litauen scharf. Er wertete eine Beschränkung des Bahntransits zwischen Kaliningrad und dem russischen Kernland als «illegal». Peskow sagte der russischen Nachrichtenagentur Interfax:
Was hinter dem Vorwurf des Kremls steckt und was Kaliningrad für eine Bedeutung hat für die baltischen Staaten – die Übersicht:
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Litauen lässt seit Samstag keinen Bahntransit von sanktionierten Waren zwischen Russland und Kaliningrad mehr zu. Laut dem Chef der Gebietsverwaltung in Kaliningrad, Anton Alichanow, betreffe diese Einschränkung rund 50 Prozent aller Transitgüter – hauptsächlich «alles, was mit dem Bauwesen verbunden ist», sei vom Transitstopp betroffen.
Auf die Frage, ob es sich um eine «Blockade» Kaliningrads seitens Litauen handle, antwortete der Kreml-Sprecher: «Ja, natürlich ist das Teil einer Blockade.»
Die Sprecherin des russischen Aussenministeriums, Marija Sacharowa, drohte direkt:
Nach der lauten Kritik von Moskau stellt sich die EU auf die Seite von Litauen. Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell sagte am Montagabend bei einem EU-Aussenministertreffen in Luxemburg, dass man vorsorglich die rechtlichen Aspekte der Leitlinien zu Import- und Exportbeschränkungen für bestimmte Produkte noch einmal überprüfen werde.
Borrell betonte aber, dass Litauen keinerlei unilaterale Massnahmen erlassen habe, sondern einzig auf Grundlage von Leitlinien der EU-Kommission zur Umsetzung von Sanktionen handle. Die Anschuldigungen gegen das Land seien darum «falsch» und «reine Propaganda», zitiert Keystone-SDA (sda) Borrell. Denn der Transit von Personen und nicht-sanktionierten Gütern würde weiterlaufen.
Wie sich der Transit zwischen Kaliningrad und Russland in den nächsten Tagen tatsächlich entwickelt, ist noch nicht klar, denn der Kaliningrader Gouverneur Alichanow verkündete, dass die russische Exklave auf eine Blockade bestens vorbereitet sei. Man werde das, was bislang übers Land kam, nun per Schiff nach Kaliningrad transportierten. Und so habe die Exklave bereits eine neue Fähre sowie ein weiteres Schiff auf die Route zwischen Russland und Kaliningrad gebracht.
Im Baltikum sitzt die Furcht vor einer Invasion durch Russland besonders tief. Kurz nach Beginn des Krieges in der Ukraine sagte Litauens Staatspräsident Gitanas Nausėda: «Wenn die Ukraine heute fällt, steht Putin morgen vor unserer Tür.»
Hier drücken Erinnerungen an das Jahr 1940 durch, als die Sowjetunion im Zuge des Hitler-Stalin-Pakts das Baltikum okkupierte und dem Riesenreich einverleibte.
Genau wie in der Ukraine lebt auch in den drei baltischen Staaten eine russische Minderheit. In Litauen sind es etwa fünf Prozent der Bevölkerung, in Lettland und Estland sind rund ein Viertel der Bevölkerung russischstämmig. Die Angst, dass Russland diese Minderheit als Vorwand für eine Invasion missbrauchen könnte, ist seit Jahren Thema im Baltikum.
Und seit der Invasion Russlands in der Ukraine ist die Befürchtung plötzlich viel realer. Die litauische Premierministerin, Ingrida Šimonytė, sagte in einem Interview mit der Tamedia-Gruppe sogar:
(yam)
Kreml-Sprecher Peskov fabuliert davon, dass Russland dem Westen nie mehr trauen könne.
Was genau geht in den Köpfen dieser Gestalten vor? Und wissen diese Leute, was Projektion ist? Von wegen "eine Verletzung von allem", das ist ja wohl die Leitlinie von Putins Aussenpolitik.
Jetzt protestieren sie, die Russen. Ein gutes Zeichen: Offenbar tun die Sanktionen weh! Da hat man einen wunden Punkt getroffen.
Jetzt nicht nachlassen und Kaliningrad so weit wie möglich isolieren. Dieser Konflikt kann offenbar nur gelöst werden, wenn Russland unter der Kriegslast zerbricht und ausblutet.