Transnistrien ist in den letzten Tagen in den Fokus gerückt. Denn der kleine abtrünnige Streifen Land wurde von einer Reihe von Anschlägen erschüttert, die möglicherweise mit dem Ukraine-Krieg zu tun haben.
So wurde am Montag das Hauptquartier der Staatssicherheit gesprengt, und am Dienstag beschädigten zwei Explosionen Funkmasten aus der Sowjetzeit. Die Bevölkerung Transnistriens soll mittlerweile massenhaft aus dem Gebiet in Richtung Republik Moldau flüchten.
Additionally there is no huge clamour from Transnistrian people to get involved in the war. The lack of public support for Putin’s invasion is conspicuous by its absence. And today, queues at the border with Moldova - Transnistrian people are trying to flee. pic.twitter.com/4hiswEtUay
— Peter A Smith (@PeterAdamSmith) April 26, 2022
Was Transnistrien ist und warum es im Zusammenhang mit dem russischen Krieg in der Ukraine von Bedeutung ist.
Transnistrien ist ein schmaler Landstreifen zwischen dem Ostufer des Flusses Dnjestr und der Grenze der Republik Moldau zur Ukraine – innerhalb der international anerkannten Grenzen Moldaus. Regiert wird die 3567 Quadratkilometer grosse Pridnestrowische Moldauische Republik, wie Transnistrien offiziell heisst, von einem De-facto-Regime.
Die Gesamtbevölkerung von Transnistrien beläuft sich auf etwa 470.000 Menschen. Ethnisch überwiegen Menschen, die sich Russland und der Ukraine zugehörig fühlen.
Von 1990 bis 1992 strampelt sich die Region in einer teilweise auch kriegerischen Auseinandersetzung von der moldauischen Zentralregierung frei. Seit 1992 haben die moldauischen Behörden keine Kontrolle mehr über die Region: Transnistrien stellt eine eigene Regierung, eine eigene Währung, ein eigenes Militär sowie eine eigene Hauptstadt, nämlich Tiraspol.
Moldau und Transnistrien haben sich längst mit dem Status quo arrangiert, der Konflikt gilt als eingefroren.
Ursprung des Konflikts zwischen der abtrünnigen Region und Moldau war, dass die Separatisten nach dem Ende der Sowjetunion eine engere «sowjetische Bindung» aufrechterhalten wollten. Im März 2014 stellte die Regierung Transnistriens einen Beitrittsantrag zur Russischen Föderation, wie russische Nachrichtenagenturen damals vermeldeten.
Russland hat seit Jahren schätzungsweise 1500 Soldaten in Transnistrien stationiert. Erklärt wird dies seitens Russland damit, dass die russische Präsenz sowohl die eigenen Bürger schütze, als auch den Frieden zwischen Moldau und Transnistrien wahre. Entsprechend werden die Truppen von Moskau als «friedenserhaltende» Truppen bezeichnet.
Erst am 2. Februar hat Russland Militärübungen in der Region durchgeführt. Darum zeigt sich Kiew nun besorgt, dass die russischen Truppen auf moldauischem Boden für einen Angriff auf die Ukraine vom Westen her eingesetzt werden könnten.
Das ukrainische Verteidigungsministerium bezeichnet die Anschläge während der letzten Tage als «geplante Provokation von russischen Spezialeinheiten». Die Präsidentin der Republik Moldau warnt, es handle sich um einen Versuch von «kriegsbefürwortenden Gruppierungen» im Separatistengebiet, Spannungen zu verschärfen.
Sollte der russische Präsident Wladimir Putin beschliessen, Transnistrien in irgendeiner Form in den Krieg einzubeziehen, haben die Separatisten quasi keine Möglichkeiten, sich zu weigern. Denn sie sind wirtschaftlich von Russland abhängig – unter anderem beziehen sie kostenloses Gas.
Der russische Generalmajor, Rustam Minnekajew, wurde letzte Woche von staatlichen Nachrichtenagenturen mit den Worten zitiert, dass Russland die Kontrolle über die Südukraine übernehmen wolle. Theoretisch könnte Russland dann über Transnistrien in Richtung Moldau vorstossen.
Bereits zu Beginn des Krieges stand die Befürchtung im Raum, dass der Einmarsch Russlands nur der Anfang sei und dass Putin auch in anderen ehemaligen Sowjetstaaten Territorien erobern will, um möglicherweise seine Sowjet-romantischen Gelüste nach einem neuen-alten Hoheitsgebiet unter russischer Kontrolle umzusetzen.
So tauchte eine Woche nach Putins Einmarsch in der Ukraine ein Video auf, das den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko neben einer Karte zeigt, auf der Transnistrien als mögliches Ziel eingezeichnet war. Offizielle Stellen in Belarus erklärten später, die Karte sei irrtümlich in diesem Zusammenhang gezeigt worden.
Der Vorstoss auf transnistrisches Gebiet könnte für Russland aber auch ganz praktischen Nutzen habe. Zum Beispiel, um die eigene Armee in der Ukraine mit medizinischen Gütern und Nahrungsmitteln zu versorgen, das Eisenbahnnetz zu sichern oder einen sicheren Raum zu schaffen, an dem Ausrüstung repariert werden kann oder wo sich Truppen neu formieren könnten.
Das wichtigste verbindende Element zwischen Moldau und Transnistrien ist wohl Fussball. Denn der Fussballclub aus dem Separatistengebiet, Sheriff Tiraspol, ist Rekordmeister Moldaus.
Im August 2021 qualifizierte sich Sheriff Tiraspol sogar sensationell für die Gruppenphase der Champions League. Und spielte auf internationalem Parkett offiziell für die Republik Moldau.
Hauptsponsor und Besitzer des Fussballclubs ist die Wirtschaftsholding «Sheriff». Ein Grosskonzern, der eine Supermarktkette, eine Bank, Tankstellen, einen TV-Sender, ein Verlagshaus, einen Spirituosenhersteller oder einen Mobilfunkbetreiber in Transnistrien betreibt.
Wie verblendet muss er sein, eine neue Front zu eröffnen?
Ev. emotional.
Aber Moldau bezieht um die 80% Strom von einem Kraftwerk in Transnistrien. Ich denke wenn da was schief geht, ist der Fussball nur noch Nebensache.