BVB-Bosse kontern Hoeness' Transfer-Kritik – und auch Matthäus mischt sich ein
Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeness hatte gestern in einem Interview mit der FAZ die Transferpolitik von Erzrivale Borussia Dortmund scharf kritisiert und als «unklug» abgestempelt. «Wie soll ein Spieler die DNA eines Vereins aufsaugen, wenn er das Gefühl hat, ein Verkaufsobjekt zu sein? Bei uns gibt es das überhaupt nicht. Wir holen Spieler für Bayern München. Und niemals, um daraus Geschäfte zu machen», polterte der 68-jährige Ex-Präsident des deutschen Rekordmeisters.
Hoeness weiter: «Solange die Dortmunder dieses System (Spieler holen, um sie teuer zu verkaufen; Anm. d. Red.) nicht ändern, werden sie diese letzten zehn Prozent nicht kriegen, dass man in wichtigen Spielen die richtigen Leistungen bringt. Ein Spieler muss das Gefühl haben: Ich bin Bayern forever.»
Beim BVB sitzt der Stachel nach dieser Stichelei offenbar tief. In der «Bild»-Zeitung reagieren Verantwortliche der Borussia geschlossen auf die Hoeness-Kritik und blasen zum Gegenangriff.
Ex-Torhüter Roman Weidenfeller:
Geschäftsführer Han-Joachim Watzke:
Präsident Reinhard Rauball:
Sportchef Michael Zorc:
Zorc meint damit Hoeness' Aussagen über Jadon Sancho. Der Bayern-Polterer hatte behauptet, dass sich die Münchner 2017 mit dem damals 17-jährigen Engländer bereits einig gewesen seien, er sich im letzten Moment aber für Dortmund entschied. Zorc dagegen hält fest, dass der BVB sich mit Sancho längst einig war, als die Bayern versuchten, ihn mit Geld noch umzustimmen.
Das Thema Sancho ist allerdings nur ein Nebenschauplatz. Ganz Deutschland fragt sich nach Hoeness' Breitseite gegen den BVB, ob der ehemalige Bayern-Boss vielleicht Recht hat mit seinen Aussagen. Einer der Hoeness zur Seite springt, ist Lothar Matthäus. Der Sky-Experte widmet sich in seiner Kolumne zur bevorstehenden Wiederaufnahme der Champions League ausführlich dem Knatsch zwischen den beiden Bundesliga-Topvereinen und legt dar, warum er Hoeness' Breitseite für gerechtfertigt hält:
Und genau das meinte Uli Hoeness, als er davon sprach, dass das Geschäftsmodell von Borussia Dortmund in Puncto Identifikation und auch Titel-Sammlung nicht so aufgeht. Die Bayern wollen eben jedes Jahr die Champions League gewinnen und für Dortmund ist es okay, wenn sie alle paar Jahre mal den DFB-Pokal holen und Zweiter werden. Das ist keine Kritik und wir können froh sein, dass wir in Deutschland eine solche zweite Kraft haben.
Aber die Nummer 1 wird man mit Ausstiegsklauseln für die besten Spieler nicht werden. Es ist mir klar, dass sich die Bayern das in den letzten 40 Jahren erarbeitet haben. Dass mit dem Erfolg das Geld kam und umgekehrt. Als Bayern kann man zu einem Lewandowski sagen: Wenn du für uns spielen willst, muss dir das so viel Wert sein, dass du eine solche Klausel nicht willst, und wenn ein Angebot über 100 Millionen kommt, ist uns das egal. In Dortmund ist das was anderes.
Ich bin aber der Meinung, dass der BVB dann eben härter sein müsste. Wenn ein Haaland die super Option hat, von Salzburg nach Dortmund zu wechseln und es zu dem Zeitpunkt weder ein Angebot von Bayern, Real, Barça oder ManCity gibt, weil die eben einen besseren Neuner haben, dann soll er entweder ohne Klausel kommen oder gar nicht. Genauso wie ein Sancho. Démbélé, Aubameyang, Sancho könnten dem Klub dann auch nicht auf der Nase rumtanzen, weil sie wissen, dass sie sowieso am längeren Hebel sitzen und bald weg sind.
So kann es auch keine Sieger-Mentalität und Hierarchie-Struktur geben, die über Jahre wächst. So werden nie alle in der entscheidenden Phase ohne Wenn und Aber an einem Strang ziehen. Es reicht dann für einen Kampf mit den Bayern oder den Grossen in Europa, aber ganz selten für einen grossen Titel. Ich kann Uli Hoeness verstehen, sehe aber auch, dass das nicht von heute auf morgen in Dortmund zu ändern ist. Und klar ist auch: Mit den Möglichkeiten, die der BVB vor zehn Jahren hatte, haben sie unglaublich gut gearbeitet.»
(pre)