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Brasiliens Ex-Präsident Lula muss ins Gefängnis.

Brasiliens Ex-Präsident Lula muss in den Knast – Justiz gibt grünes Licht für Inhaftierung

05.04.2018, 05:4705.04.2018, 10:59
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Schwerer Rückschlag für Brasiliens Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva: Er muss wohl ins Gefängnis, nachdem das Oberste Gericht den Weg für einen Haftbefehl freimachte. Ist damit seine Kandidatur bei der Präsidentenwahl erledigt?

Der Oberste Gerichtshof lehnte am Donnerstag einen Antrag des 72-Jährigen Lula ab, bis zum Abschluss eines Berufungsverfahrens gegen eine zwölfjährige Haftstrafe auf freiem Fuss zu bleiben.

Die elf Richter berieten in einer zehnstündigen Marathonsitzung; zuletzt waren fünf Richter für und fünf gegen einen Haftaufschub. Das entscheidende Votum kam schliesslich von Gerichtspräsidentin Cármen Lúcia. Sie erklärte, Haftaufschübe «könnten zur Straflosigkeit» führen.

Wenn die Staatsanwaltschaft in den kommenden Tagen wie erwartet Lulas Inhaftierung beantragt, kann er dagegen noch einmal Einspruch einlegen.

Juristen machen Druck

Mehr als 5000 Richter und Staatsanwälte hatten vor dem Urteil beim Obersten Gericht eine Petition für Lulas sofortige Inhaftierung eingereicht. Zudem erhielten die Richter tausende E-Mails zu dem Thema.

Druck auf die Richter übte zudem Armeekommandant Eduardo Villas Boas aus, der sich über das traditionelle Neutralitätsgebot hinwegsetzte und offenbar zu einer Inhaftierung Lulas aufrief.

Das Urteil ist ein Rückschlag für den derzeit beliebtesten Politiker Brasiliens, der bei der Präsidentenwahl am 7. Oktober kandidieren möchte. Der Ex-Präsident (2003 bis 2010) von der linken Arbeiterpartei (PT) liegt in Umfragen mit bis zu 36 Prozent deutlich vorne. Im Falle einer Verurteilung kann die Justiz Lulas Kandidatur verbieten.

Korruption und Geldwäscherei

Der ehemalige Staatschef war Ende Januar in zweiter Instanz zu zwölf Jahren und einem Monat Haft verurteilt worden. Lula wurde für schuldig befunden, in dem Skandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras von OAS die Renovierung eines Luxus-Appartements angenommen zu haben. Lula bestreitet die Vorwürfe und spricht von einem politischen Prozess.

Es laufen noch weitere sechs Prozesse gegen Lula, in denen er unter anderem wegen Korruption, Geldwäscherei und Behinderung der Ermittlungen der Justiz angeklagt worden ist.

Lula verfolgte den Urteilsspruch des Obersten Gerichts im Fernsehen - in der Zentrale der Metallarbeiter-Gewerkschaft in São Bernardo do Campo, wo er in den 1970er Jahren seine Laufbahn als Gewerkschaftsführer in der Autoindustrie begonnen hatte.

Zu seinen Begleitern gehörte auch seine Nachfolgerin, die Ex-Präsidentin Dilma Rousseff, die 2016 vom Parlament abgesetzt worden war. Lula verliess nach dem Urteil das Gebäude, ohne eine Erklärung abzugeben.

Bevölkerung gespalten

Die brasilianische Bevölkerung ist ähnlich gespalten in ihrer Haltung gegenüber Lula wie die Richter. Lula ist bei Teilen der Bevölkerung nach wie vor äusserst beliebt, vor allem im ärmlicheren Nordosten des Landes.

In Brasília nahmen am Mittwoch nach Angaben des Nachrichtenportals G1 rund 6000 Menschen an einer Kundgebung für Lula und 7000 an einer anderen gegen den Ex-Staatschef teil.

Die Petrobras-Affäre erschüttert die brasilianische Politik seit Jahren. Zahlreiche Geschäftsleute und Politiker verschiedener Parteien sind darin verwickelt. Petrobras soll zu überteuerten Bedingungen Aufträge an Baukonzerne und andere Firmen vergeben haben. Diese zahlten wiederum Bestechungsgelder an Politiker und Parteien.

Auch gegen den amtierenden Präsidenten Michel Temer von der rechtskonservativen Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) werden Korruptionsvorwürfe erhoben. Mehrere Minister seiner Regierung mussten bereits zurücktreten. (sda/dpa/afp)

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