Die unterschiedlichen Ansichten der Schweizer Stadt- und Landbevölkerung zeigen sich immer wieder bei Volksabstimmungen. Die Agrargenossenschaft fenaco initiierte darum den Stadt-Land-Monitor, welchen das Forschungsinstitut Sotomo mittels einer repräsentativen Befragung im Oktober 2021 umsetzte. 3053 Personen antworteten auf die Fragen, zu welchen Sotomo über Online-Panels eingeladen hatte. Da die Zusammensetzung der Stichprobe so nicht repräsentativ war, wurde dieser mittels statistischer Gewichtungsverfahren entgegengewirkt.
Wir präsentieren die elf interessantesten Punkte aus der Studie:
Die Schweiz nur in Stadt und Land aufzuteilen, würde zu kurz fassen. Es wurden darum auch die Regionen Agglomeration und kleinere Städte (unter 50'000 Einwohnern) ausgewertet. Die Abweichung der Abstimmungsresultate der Raumtypen zeigt, dass der Unterschied zwischen den grossen Städten und der Landbevölkerung in den letzten zwei Jahren stark anzog.
Dabei wurden zuletzt vor allem grössere Städte überstimmt. Von den letzten 22 Abstimmungen wurden diese elfmal von der Mehrheit der Schweizer Bevölkerung (oder der Stände) überstimmt – dies liegt deutlich über dem jahrelangen Durchschnitt.
Fast zwei Drittel sind denn auch der Meinung, dass es den Stadt-Land-Graben tatsächlich gibt. Als kritisch sehen dies aber nur rund ein Viertel an:
Die Frage ist natürlich auch: Wo sieht man sich selbst? 25 Prozent sehen sich schweizweit dem Land zugehörig, 21 der Stadt. Der Rest will sich keinem der Bereiche fix zuordnen. Dies dürfte ein Grund sein, warum der Graben sich nicht zur grossen Belastungsprobe entwickelt: : Es stehen sich nicht zwei geschlossene und unversöhnliche Lager gegenüber. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung sieht sich nicht als Teil eines der beiden Lager. Die Mehrheit bildet eine Art neutraler Puffer in diesem Konflikt.
Auch wenn die grösseren Städte in Abstimmungen zuletzt in 50 Prozent der Fälle überstimmt wurden, so werden die Grossstädte doch als der Raumtyp angesehen, welcher in der Schweiz das Sagen hat.
Diese Einstellung spiegelt sich wohl auch in der Frage wider, welche Region von welcher mehr profitiert oder mehr leistet.
58 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass die grösseren Städte wirtschaftlich und in finanzieller Hinsicht am meisten für andere Regionen leisten. An zweiter Stelle werden mit 33 Prozent die Agglomerationen genannt. Nur 13 Prozent sehen im ländlichen Raum den Wirtschaftsmotor der Schweiz.
So sehr die Städte gefühlt bestimmen und mehr für die anderen Regionen leisten, so ist die Sehnsucht nach ländlichen Gebieten doch gross. 38 Prozent wollen am liebsten auf dem Land wohnen, weitere 24 könnten sich das gut vorstellen. In der Stadt sind es nicht einmal halb so viele.
Spannend ist da auch, wo die Menschen leben, welche ihren Wunsch-Raumtyp äussern. Während 75 Prozent der Landbevölkerung auch gerne auf dem Land lebt, möchte fast jeder zweite Bewohner einer grösseren Stadt in einer ruhigeren Gegend wohnen.
Natürlich hatte auch die Corona-Pandemie ihren Einfluss auf die Antworten. So wollen Schweizerinnen und Schweizer seither mehr «Nähe zur grünen Natur» oder «genügend Wohnraum». Weniger wichtig wurde dagegen die« Nähe zum Zentrum».
Auffallend ist, dass jeder fünfte Städter einen «eigenen Garten» vermisst. Die Sehnsucht nach dem Land ist nicht zuletzt eine Sehnsucht nach dem Garten.
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Die aktuelle Wohnsituation wird bei Städtern häufiger hinterfragt. Jeder Dritte machte sich darüber seit der Corona-Pandemie Gedanken, 16 Prozent sind derzeit aktiv auf der Suche oder sind schon umgezogen, weitere 17 Prozent können sich dies mittelfristig vorstellen. Auf dem Land sind diese Werte rund halb so hoch.
Dazu beigetragen hat sicherlich auch die Digitalisierung. So sind 84 Prozent der Meinung, dass Homeoffice das Leben auf dem Land attraktiver macht. Allerdings ist auch über die Hälfte der Meinung, dass die Digitalisierung den Graben grösser macht, da Innovationen meist in den Zentren stattfinden.
Zum Abschluss noch ein Phänomen, welches sich von Stadt und Land stärker unterscheidet: Das Grüssen auf der Strasse. An der Grüezi-Quote kann man vereinfacht gesagt am einfachsten feststellen, wie sehr man auf dem Land lebt – oder eben nicht.
Je ländlicher das Umfeld, desto eher grüsst man sich überall auf der Strasse. Dies hat verschiedene Gründe: Mit zunehmender Ländlichkeit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man sich zumindest indirekt kennt oder sich in Zukunft wieder begegnet. Mit zunehmender Dichte kann es dagegen allein schon aus praktischen Gründen überfordernd sein, alle zu grüssen.
Auch wenn es keinen klassischen Grüezi-Graben gibt, so zeigt dieser doch einen zentralen Unterschied im Zwischenmenschlichen: Die Stadt ist vermehrt durch Anonymität und die ländliche Region durch mehr Gemeinschaftlichkeit geprägt.
(fox)
Wenn man in Hinterlugiswil aber auf dem Weg zum Volg 1 Mensch trifft, dann kann und tut man den natürlich eher grüssen.
Zudem mache ich die Erfahrung, dass dann in städtischen Quartieren etc. wo man wiederum auf weniger Menschen trifft, oft freundlicher gegrüsst wird, als in Dorfzentrum XY.
In Grossraum Zug letztens mit dem Velo an einem Tag 3x fast über den Haufen gekarrt worden, von trottoirstehenden, etc. Fahrerinnen. Einmal Appenzeller, einmal Schwyzer und einmal Nidwaldner Nummer. 1x riesiger Pick-Up, 1x riesiger SUV. Da fragt man sich dann halt irgendwie schon sehr.