Die Bernerin Marlen Reusser feiert in Imola den bislang grössten Erfolg ihrer Karriere. An der WM im Zeitfahren gewinnt sie die Silbermedaille. Reusser wurde nur um 16 Sekunden von der Niederländerin Anna van der Breggen geschlagen. Bronze ging mit 32 Sekunden Rückstand an deren Landsfrau Ellen van Dijk.
Reusser hatte während des Wettkampfs nicht realisiert, dass sie so gut im Rennen lag – auch weil sie über den Zwischenstand nicht informiert war. «Ich hatte immer das Gefühl, ich finde den Rhythmus und die Pace nicht. Ich dachte, das wird nichts», gab sie im Ziel zu. Umso grösser war die Freude.
There's no masking their happiness!
— UCI (@UCI_cycling) September 24, 2020
Your 2020 UCI Individual Time Trial World Championship podium - @AnnavdBreggen 🇳🇱🌈@marlenreusser 🇨🇭@ellenvdijk 🇳🇱#Imola2020 pic.twitter.com/2w1ITra4wo
Das Podest hätte vermutlich anders ausgehen, wäre Chloé Dygert-Owen nicht gestürzt. Die Titelverteidigerin aus den USA lag bei der Zwischenzeit nach 14 von 31,7 Kilometern klar vor Reusser in Führung. Doch sie musste ihr Rennen nach einem heftigen Sturz über die Leitplanke aufgeben.
#Replay 🎥 / #Imola2020 🌈 : terrible image de 🇺🇸 Chloé Dygert qui chute lors du chrono individuel... 😱 pic.twitter.com/AlaAcgdPuj
— Renaud Breban (@RenaudB31) September 24, 2020
Später veröffentlichte Bilder zeigten schwere Verletzungen: Dygert hatte sich das komplette linke Knie aufgeschlitzt, knieabwärts lief das Blut in Mengen hinunter. Sie wurde von mehreren Notfallkräften versorgt und anschliessend in ein Spital gebracht.«Sie ist bei Bewusstsein und spricht», teilte der US-Verband mit. Das sei alles, was man bisher wisse.
Für die 28-jährige Reusser ist es nach Bronze an der EM diesen Sommer die zweite Medaille in ihrer Lieblingsdisziplin. An einer WM gewann letztmals vor 14 Jahren eine Schweizerin eine Medaille im Zeitfahren, Karin Thürig gewann damals ebenfalls Silber.
Reusser ist ausgebildete Ärztin und bestreitet erst seit Mitte 2017 Rennen. Diese mangelnde Erfahrung konnte nicht verborgen werden. «Ich hatte bei den giftigen Anstiegen im technisch schwierigeren Teil am Ende einen Gang zu wenig. Da haben wir einen Fehler gemacht in der Vorbereitung.» Sie habe ihr Velo fast nicht mehr beschleunigen können. «Dazu kamen meine nicht so hervorragenden Kurven-Skills. Ich weiss, dass ich noch besser werden kann, wenn ich in diesem Bereich weiter aufhole.» Es sei aber ein weiterer Schritt nach «hoffentlich ganz vorne» gewesen.
Die Bauerntochter aus Hindelbank hatte vor dem WM-Auftritt in der Emilia-Romagna die Losung ausgegeben: «Durchgehend beissen und Vollgas geben.» Das gelang ihr ausgezeichnet. Im Vorjahr war sie im englischen Yorkshire Sechste des Zeitfahrens geworden. (ram)