International
Energie

Spanien hat die Ursache des Stromausfalles gefunden

FILE - A bus drives in downtown Madrid during a major power outage, Monday, April 28, 2025. (AP Photo/Manu Fernandez, File)
Spain Blackout Report
Ein Bus fährt während des Stromausfalles im April durch Madrid.Bild: keystone

Spanien hat die Ursache des Blackouts gefunden

Stundenlang sassen Menschen in Aufzügen und Bahnen fest, in Gefriertruhen tauten Lebensmittel auf, es gab Tote. Jetzt steht die Ursache für den Mega-Stromausfall in Spanien und Portugal offenbar fest.
18.06.2025, 06:0218.06.2025, 06:26
Matti Hartmann / t-online
Mehr «International»
Ein Artikel von
t-online

Gut sieben Wochen nach dem historischen Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel hat Spanien einen Untersuchungsbericht zu den Ursachen vorgelegt. Die Vizeregierungschefin und Umweltministerin Sara Aagesen nannte am Dienstag mehrere Ursachen, die am 28. April zusammenspielten.

Zum einen habe der Netzbetreiber Red Eléctrica die Produktion von Strom nicht mit der «nötigen Vorsicht» geplant. Am Tag des Blackouts habe es an «ausreichender Kapazität zur Spannungsregelung» gefehlt. Nur für die frühen Morgenstunden seien ausreichende Kapazitäten zur dynamischen Spannungsregulierung eingeplant gewesen, aber nicht für die zentralen Stunden des Tages.

Gemeint ist damit, dass nicht genügend Anlagen eingeplant waren, die wie klassische Kraftwerke mit Turbinen arbeiten, die Überspannungen im Netz besser abfedern können als die meisten Solar- oder Windkraftwerke.

MADRID, SPAIN - APRIL 28: Fans walk through the dark gangways during a general power blackout during Day Seven of the Mutua Madrid Open at La Caja Magica on April 28, 2025 in Madrid, Spain. A widespre ...
Stundenlang im Dunkeln: Die Spanierinnen und Spanier brauchten am 28. April viel Geduld.Bild: Getty Images Europe

Keine Hinweise auf Cyberangriff

Zum anderen hätten sich auch die Betreiber konventioneller Kraftwerke, also Kombikraftwerke, Atomkraftwerke und Wasserkraftwerke, «unsachgemäss verhalten», sagte Aagesen. Sie hätten nicht genügend Überspannung aus dem Netz aufgenommen und andere Kraftwerke hätten sich wegen der Überspannung vom Netz abgekoppelt, obwohl sie das nach den Systemvorgaben nicht gedurft hätten. Einige Energieunternehmen hätten ihre Kraftwerke auf «unangemessene» Art und Weise vom Netz getrennt, «um ihre Anlagen zu schützen».

So sei es zu einer zu hohen Spannung im Netz gekommen. Dies habe eine «unkontrollierbare Kettenreaktion» von Schutzabschaltungen ausgelöst. Für einen Cyberangriff hätten sich keine Anhaltspunkte gefunden, betonte Aagesen.

Programmierfehler, mangelnde Koordination, fehlende Transparenz

Die Fehlplanung habe zum Teil an einem Programmierfehler gelegen, sagte Aagesen. Theoretisch sei das spanische Stromnetz stabil genug, um mit einer solchen Situation umzugehen, versicherte sie. Aagesen deutete zudem mangelnde Koordination, unklare Zuständigkeiten und fehlende Transparenz im Gesamtsystem an.

Um ein Stromnetz mit einem immer höheren Anteil an Sonnen- und Windkraftanlagen stabil zu halten, sind Experten zufolge zusätzliche Investitionen notwendig. So können Synchronkondensatoren als grosse rotierende Maschinen die stabilisierende Funktion klassischer Turbinen in konventionellen Kraftwerken ersetzen.

Dies könne auch von intelligenten Wechselrichtern von Sonnen- und Windkraftanlagen übernommen werden, die aktiv Spannung und Frequenz im Netz regelten. Wichtig könnten auch grosse Batteriespeicher sein, die in Millisekunden Leistung abgeben oder aufnehmen und das Netz so stabil halten.

Blackout forderte mehrere Menschenleben

In ganz Spanien und Portugal war am 28. April der Strom ausgefallen. Die Panne hatte ein riesiges Chaos mit massiven Verkehrsproblemen und dem Ausfall von Telekommunikationssystemen zur Folge. Auch Südwestfrankreich und Marokko waren kurzzeitig betroffen. Es handelte sich um einen der bisher grössten Stromausfälle in Europa.

Teilweise sassen Menschen stundenlang in Aufzügen oder Bahnen fest. Lebensmittel in Kühlschränken und Gefriertruhen verdarben. Mehrere Menschen starben – so unter anderem ein älteres Ehepaar und dessen 56 Jahre alter Sohn. Das älteste Familienmitglied hatte ein Beatmungsgerät benötigt. Als der Strom ausfiel, nahm die Familie einen benzinbetriebenen Notstromgenerator in Betrieb. Dessen Abgase verbreiteten sich im Haus, die drei Familienmitglieder starben an einer Kohlenmonoxidvergiftung. (t-online/dpa/afp/reuters)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Jubel nach Ende des Stromausfalls
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
168 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Beta Stadler
18.06.2025 07:01registriert Mai 2020
Wir können für mehrere Milliarden Strom erzeugen durch Spaltung unsichtbarer Atomkerne, aber nach rechter Ansicht werden wir sicher technisch nicht fähig sein, ein Stromnetz mit unterschiedlichen Quellen stabil zu halten. Schon gar nicht, wenn man dafür ein paar wenige Millionen investieren muss...
13232
Melden
Zum Kommentar
avatar
Currywurstbrunnen
18.06.2025 06:55registriert Juni 2024
Oh, wow, dann waren gar nicht die bösen Erneuerbaren schuld, wie doch von diversen Kreisen behauptet wurde, sondern nur menschliches Versagen? Überraschung... Wer sich ernsthaft damit auseinandergesetzt hat, wusste auch schon vorher, dass es gar nicht an EE liegen kann.
12236
Melden
Zum Kommentar
avatar
FACTS
18.06.2025 08:16registriert April 2020
Für die letztgenannten Todesfälle mag der Stromausfall in einem natürlich-kausalen Sinn mitursächlich gewesen sein, massgeblich war aber die selbst zu verantwortende falsche Verwendung des Notstromaggregats. Wenn die SBB ausfällt und deshalb ein Pendler das Auto benutzt und bei einem Selbstunfall ums Leben kommt, ist auch nicht die SBB schuld.
342
Melden
Zum Kommentar
168
Studie: Diese Urlaubsorte sorgen für besonders viel Stress – auch ein Schweizer Ort dabei
Du suchst im Urlaub Erholung und kannst sie zwischen den Menschenmassen einfach nicht finden? Welche Orte du lieber meiden solltest.
«Oh, dieses Reiseziel klingt aber schön», dachtest du dir bei der Planung – und mehrere tausend andere Menschen hatten offenbar die gleiche Idee.
Zur Story