Die gute News vorweg: Es geht mir gut. So von Zeit zu Zeit. Immer wieder mal. Und dann geht's mir ganz oft ganz scheisse. Hab halt Liebeskummer. Wegen Max, meinem Nachbarn, der zuerst eine Affäre mit mir hatte, dann keine Beziehung wollte, mir dann beichtete, dass er ein Kind hat, dann doch eine Beziehung wollte, aber nie mehr weitere Kinder.
Das wollte dann ich nicht, also hab ich die Geschichte beendet und bin ins Welsche abgehauen.
Hier wohne ich in einer sehr herzigen Wohnung mit Gärtli und Biotop. Es hat auch einen Kachelofen. Und in der Küche so ein Hängedings, an dem die Pfannen hängen. Und eine eigene Kaffeemaschine. Ich hatte noch nie eine eigene Kaffeemaschine. Wollte mir immer eine kaufen, hab's nie geschafft.
Und ich hab hier eine Hängematte im Wohnzimmer. Und ein riesiges Sofa. Und tausend Katzen, die ständig reinkommen, wenn ich die Balkontüre nicht schliesse. Eine ist biz psycho. Die mag ich am liebsten.
Ich mache hier manchmal Homeoffice. Und manchmal mache ich nichts. Und manchmal, da mache ich Drama. Weil Herzschmerz. Und Heimweh. Und noch keine Musse für Datingapps.
Neulich lag ich also wieder mal im Gärtchen auf dem Liegestuhl und tat mir leid. Ich weinte bittere Tränen, als mich eine Stimme fragte, ob ich Lust auf «Gâteau» hab. Kuchen? Logisch. Immer.
Es war Claire. Sie wohnt mit Pierre einen Stock über mir. Claire ist 51. Pierre 73. Die beiden sind seit einem Jahr ein sehr ungleiches Paar. Claire ist schrill, laut, bunt. Pierre ist schüchtern, unauffällig und wahnsinnig herzig.
Claire brachte mir ein Stück des selber gemachten Gâteau au Chocolat direkt an meinen Liegestuhl. Sie setzte sich zu mir und ich erzählte ihr in meinem Schul-Französisch mein Leid.
Sie verstand. Und sie tröstete mich. Dann erzählte sie mir ihre und Pierres Geschichte. Vor Pierre war Claire lange mit Henry verheiratet. Sie wollten unbedingt Kinder. Geklappt hat es nicht. Nicht nur die Ehe der beiden, auch Claire selber zerbrach an dieser Tatsache.
Sie war Ende Ende 40, frisch geschieden, vor den Trümmern ihrer Träume. Claire hat sich schon immer Kinder gewünscht. Sie fiel in eine tiefe Depression. Claire verlor Job, den Halt, die Lebensfreude, ihren Optimismus.
Pierre lernte sie kennen, als sie ganz unten war. Ganz unspektakulär, wie sie sagt, auf einer Wanderung. Sie war alleine unterwegs, er war alleine unterwegs. Man kam ins Gespräch. Und fühlte sich auf Anhieb wohl.
Zwei Wochen später zog sie bei ihm ein. Zwei Monate später heirateten sie. Pierre hat drei erwachsene Kinder und vier Enkel. Claire liebt Pierres Kinder und Enkel, wie sie eigene lieben würde.
Claire findet es schade, dass sie fast 50 werden musste, um die Liebe, die Ruhe und den Sinn des Lebens zu finden. Das Schöne aber, sagt sie, sie schätze ihr Glück jetzt vielleicht noch mehr, als sie das früher getan hätte.
Claire findet es absolut richtig, dass ich Nein zu Max und mir gesagt habe. Claire findet es auch richtig, dass ich Nein zu Suff-SMS-Sandro und mir sage. Claire sagt, dass sich Liebe leicht anfühlt, wenn sie da ist. Dass es kein Geknorze ist. Dass alles klar ist. Und, dass es einfach passiert.
Claire sagt, ich werde an sie denken, wenn es soweit ist. Und Claire sagt, dass es passieren wird.
Ich will Claire glauben.
Bis dahin streichle ich jetzt halt Psycho-Katze. Ich hab sie Vincent van Gogh getauft. Heimlich nenne ich sie immer noch «Psycho-Katze». Psycho-Katze mag das. Psycho-Katze und ich, wir sind ein super Duo. Sie kann auf meinem Schoss lauter schnurren als ich weine. Mehr brauche ich gerade nicht.
Je t'aime, Vincent van Gogh Psycho-Katze.
Adieu,
- Päärchen mit Kindern die mega aufpassen müssen sich nicht zu verlieren
- Getrennte Väter und Mütter die liegen gelassen werden, weil sie Kinder haben
- Singles mit Idealen und Angewohnheiten die sie quasi beziehungsunfähig machen
- Single Männer die vor jeder Frau davon rennen, die Kinder möchte oder nicht Topmodel ist
- Single Frauen die vor jedem Mann davon rennen, der nicht Topmodel und Topverdiener ist
Schön gibt's trotzdem Ausnahmen. Viele davon scheinen mir aber älter zu sein 😅
🥂