Panorama
Zürich

«... verweile doch, du bist so schön!» 

Wenn Künstler Werbung gestalten

«... verweile doch, du bist so schön!» 

In unseren Städten dürfen diejenigen visuell präsent sein, die dafür Geld locker machen können. Alles andere ist illegal. Die Ausnahme, die diese Regel bestätigt, ist Kunst im öffentlichen Raum.
20.03.2014, 09:4823.06.2014, 16:06
Philipp Meier
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Vor kurzem eröffnete das Modehaus PKZ an der Zürcher Bahnhofstrasse eine neue Filiale. Dabei wurde eine grosse künstlerische Lichtinstallation von einem renommierten Künstler enthüllt. Jetzt liess ein anderer Kleiderladen, Big Fashion-Store, ein grosses Plakat von Eric Andersen gestalten. 

Die Masche scheint erfolgreich zu sein. Wenn diese Kleiderladenketten normale Werbeplakate aufgehängt hätten, würde kein medialer Hahn danach krähen. 

Diese Aufmerksamkeit ist geschickt eingefädelt. Die Marken und Künstler kriegen Presse und die Passanten eine wohltuende Abwechslung im alltäglichen Werbeschwall.

Das Plakat von Eric Andersen sticht zweifellos aus den klassischen Werbeplakaten heraus und wirft viele Fragen auf.

Bild:  philipp meier
Bild: nora halpern

Der Spruch, den Andersen auf das Plakat von Big Fashion-Store malte, bringt viele Sehnsüchte auf den Punkt:

Die Sehnsucht der Werber, die einen Augenblick von uns erhaschen wollen.

Die Sehnsucht der Passanten, die beim Unterwegssein vielen Augenblicken begegnen und doch selten innehalten können.

Die Sehnsucht der Modekette, die möglichst viele Kunden davon überzeugen möchten, dass sie in ihren Kleidern schöne Augenblicke erleben.

Die Sehnsucht des Künstlers, der nicht in der Werbeplakatflut untergehen möchte.

Soweit die Interpretation des Autors dieses Artikels. Via seinen Facebook-Account ist dazu ein kritischer Kommentar eingegangen. 
So lange hier noch keine Facebook-Links eingebettet werden können, müssen Screenshots ausreichen (sind hoffentlich mobile quergestellt besser lesbar)

Bild
Bild: philipp meier

Das ist der Link, der im Screenshot leider nicht angeklickt werden kann.

Mit dem Einbetten dieser Facebook-Kommentare beginnen wir den experimentellen Teil des Artikels; und weiter unten folgen noch ganz viele Plakate, die Eric Andersen gestaltet hat.

Ein Versuch, Transparenz herzustellen

Ich, Philipp Meier und Autor dieses Artikels, bin ständig am Testen, was Online-Journalismus auch noch sein könnte. Meine letzte Erfindung (Rosche lässt grüssen;) war der Tweeticle; den ich möglichst bald wieder aufgreifen möchte.

Hinter diesem Ansinnen steckt die Absicht, meine Verstrickungen mit Menschen und Thema offenzulegen. Diese Transparenz fehlt mir sehr oft im Journalismus. 

Auch möchte ich eine Beobachtung weitergeben, die mit einer Werbeform von watson zusammenhängt. 

Ich wechsle hiermit also quasi mitten im «Artikel» in ein «Blog-Format» (wobei beide Begriffe nicht wirklich zutreffend sind; aber wir müssen uns ja irgendwie verständigen.).

Eric und ich

Ich kenne Eric Andersen schon lange und besitze mehrere Original-Holzdruckplakate von ihm. Als Leiter des Cabaret Voltaire fädelte ich für ihn eine Ausstellung im Swiss Institute in New York ein, die danach auch in der Dada-Geburtstätte in Zürich zu sehen war. Wie Boris Hoppek zählt auch er zur Generation Y und schlängelt sich geschickt zwischen subkultureller Freiheit und überlebensnotwendiger Vereinnahmung durchs Leben.

Wer in Zürich mit offenen Augen unterwegs ist, hat bestimmt schon Plakate von Eric Andersen gesehen. Ich habe auch schon welche in Umlauf gebracht. Wie die Urban Arts im Allgemeinen sind für mich die sogenannten «wilden Plakate» im Besonderen eine enorme Bereicherung in der zunehmend durchgestylten, durchreglementierten und durchkommerzialisierten Stadt.

Bei der künstlerischen Qualität der Plakate von Eric ist es nicht weiter verwunderlich, dass sie in Museen landen und von den Wänden weggeklaut werden. Im Rahmen von Ausstellungen, Auszeichnungen und Publikationen sind zu seinen Arbeiten schon viele gescheite Texte erschienen. Das ist jedoch nicht so mein Ding. Deshalb folgen nun viele Bilder von seinen Plakaten. Und wer noch Interesse und Geduld hat, findet ganz unten meinen Gedankengang zu einer Werbeform, die wir bei watson anbieten. 

Nochmals zurück zur Plakataktion von Big Fashion-Store

Wissen Sie, was eine Native Ad ist? Das ist spannender Inhalt auf einer Newsplattform, der ganz konkret von einer Firma bezahlt wird. watson hat schon diverse Native Ads veröffentlicht; zum Beispiel hier, hier und hier.

Im Prinzip ist auch die Kunst im öffentlichen Raum von PKZ und Big eine Art Native Ad. Diese Firmen finanzieren interessante visuelle und geistige Erlebnisse und machen gleichzeitig Werbung in eigener Sache.

Und jetzt verrate ich Ihnen auch, was dieser Artikel eigentlich ist: Eine Native Ad für das Native-Ad-Angebot von watson ;-)

Fortsetzung ...

Je länger ich darüber nachdenke, umso passender finde ich diesen Artikel, um über PR im Journalismus und die umstrittene Werbeform Native Ad zu diskutieren. 

Nach diesem Tweet von Nick Lüthi wusste ich, dass ich hier meine Gedanken weiterspinnen möchte.

Kurz zur Klärung: Dieser Artikel ist keine Native Ad.

Dies, obwohl ein Kunstprojekt vorgestellt wird, das eine Zürcher Kleiderladenkette finanzierte. 

Deshalb sind auch dieser Artikel in der NZZ und dieser im Tages-Anzeiger keine Native Ads. Das sind scheinbar unbestritten journalistische Texte, wie sie täglich zigmal veröffentlicht werden. Es scheint irrelevant zu sein, ob und in welchem Ausmass dabei PR-Texte übernommen wurden. Die Unabhängigkeit des Journalismus scheint gewahrt zu sein.

Umgekehrt sind Native Ads, die viel klarer kommunizieren, wer dahinter steckt, sehr umstritten. Woher kommt das? Es dünkt mich, dass es in diesem Fall bezüglich PR im Journalismus um ein «aus den Augen, aus dem Sinn» geht. 

Sollte man es nicht begrüssen, dass Transparenz hergestellt wird? 
So gesehen ist dann auch die Diskussion über die Platzierung und Form der Kennzeichnung sehr positiv zu werten.

Wie steht es jedoch um die Transparenz von journalistischen Artikeln ausserhalb von Native Ads

Oben habe ich ausgeführt, dass ich diesen Artikel vor allem deshalb machte, weil ich den Künstler kenne und schätze. Formal gesehen habe ich es quasi «hingerotzt»; mit einem Zwischentitel und einem fortsetzenden Lauftext. 

Mit einer Infobox könnte dies viel eleganter gelöst werden. In meinem Fall und im Zusammenhang mit diesem Artikel könnte das Ganze folgendermassen aussehen:

Transparenz-Box – Damit Sie wissen, woran Sie sind.
Mein Name ist Philipp Meier und ich bin der Verfasser dieses Artikels.

Eric Andersen
Ich bin mit Eric Andersen schon lange lose befreundet und besitze mehrere Original-Holzdruckplakate von ihm.
Als Leiter des Cabaret Voltaire fädelte ich für ihn eine Ausstellung im Swiss Institute in New York ein, die danach auch in der Dada-Geburtsstätte in Zürich zu sehen war.
Wie Boris Hoppek, zählt auch er zur «Generation Y» und schlängelt sich geschickt zwischen subkultureller Freiheit und überlebensnotwendiger Vereinnahmung durchs Leben.

Plakate
Bei zwei der abgebildeten Plakate bezahlte ich die Produktionskosten (Portrait eines Afrikaners und Afrika als Kontinent), ich kenne einen Mitarbeiter der Firma Stoll und kenne lose den Betreiber des Palestine Grill.

Street-Art
Wer in Zürich mit offenen Augen unterwegs ist, hat bestimmt schon Plakate von Eric Andersen gesehen. Ich habe auch schon welche in Umlauf gebracht.
Wie die Urban Arts im Allgemeinen, sind für mich die sogenannten «wilden Plakate» im Besonderen eine enorme Bereicherung in der zunehmend durchgestylten, durchreglementierten und durchkommerzialisierten Stadt.

Deshalb begrüsse ich diese Kunstaktion von Big Fashion-Store und nutze diesen Anlass, um Ihnen die Arbeiten von Eric Andersen näher zu bringen. 
Haben Sie Fragen? Hier meine Anschrift: philipp.meier@watson.ch

Eine solche Transparenz-Box ist natürlich immer nur ein Kompromiss, denn es wird unmöglich sein, absolute Transparenz herzustellen. In meinem Fall ist sie sehr detailliert ausgefallen. In anderen Fällen könnten zum Beispiel die Informationsquellen (zum Beispiel PR- oder sonstige Texte) verlinkt sein.

Das einzige Medium, das mir bekannt ist und so was ähnliches sehr minimalistisch anwendet, ist Infosperber. Dort wird nach jedem Artikel die themenspezifische Interessenbindung des Autors aufgeführt.

Eine solche Transparenz-Box könnte ein mögliches Instrument sein, um die Glaubwürdigkeit des Journalismus zurückzugewinnen. 

Es gibt diverse Gründe, weshalb der Beruf des Journalisten in Verruf geraten ist und weshalb immer weniger Menschen für journalistische Leistungen bezahlen möchten. Einer davon ist die abhanden gekommene Glaubwürdigkeit. 

Die Native Ad ist nicht die Wurzel des Übels, sondern der Ansatz einer Lösung.

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