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Coronavirus

Coronavirus in der Schweiz: Alle Parteien reagieren geeint zum Lockdown

Eine Person reinigt den Boden in der Eingangshalle des Parlamentgebaeudes waehrend der Coronavirus (Covid-19) Pandemie, am Montag, 16. Maerz 2020 in Bern. Die letzte Woche der der Fruehlingssession de ...
Die Schweiz fährt das gesellschaftliche Leben herunter.Bild: KEYSTONE

Einer für alle, alle für eine: Alle Parteien reagieren geeint zum Lockdown

Es ist ein historischer Moment. Die Schweiz hat die ausserordentliche Lage ausgerufen und will das gesellschaftliche Leben herunterfahren. Parteien und Politiker stehen einhellig hinter dem Bundesrats-Entscheid.
16.03.2020, 18:5216.03.2020, 19:31
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Der Lockdown gilt nun also auch für die Schweiz. Dies hat der Bundesrat am Montagabend beschlossen. Die Landesregierung entschied sich für den Schritt, nachdem am Wochenende die Infektionszahlen massiv angestiegen sind. Die Massnahmen sind einschneidend.

Der Lockdown gilt ab heute um Mitternacht bis vorerst am 19. April 2020. Das gesellschaftliche Leben in der Schweiz wird durch die Schliessung von sämtlichen Geschäften heruntergefahren. Geöffnet bleiben einzig Lebensmittelläden, Apotheken sowie Tankstellen.

Zudem wurde die grösste Mobilisierung der Armee seit dem Zweiten Weltkrieg beschlossen: Bis zu 8000 Armeeangehörige sollen in der nächsten Zeit die Gesundheitseinrichtungen und die zivilen Behörden unterstützen.

Über diesen Entscheid informierten am Montag die Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga, Gesundheitsminister Alain Berset (beide SP), Justizministerin Karin Keller-Sutter (FDP) und Verteidigungsministerin Viola Amherd (CVP).

BDP, CVP, EVP, FDP, Grüne, GLP, SP, SVP: Einer für alle – alle für eine

Der Spruch steht auf der Bundeshaus-Kuppel: Eine(r) für alle, alle für eine(n) (auf lateinisch: unus pro omnibus omnes pro uno).
Der Spruch steht auf der Bundeshaus-Kuppel: Eine(r) für alle, alle für eine(n) (auf lateinisch: unus pro omnibus omnes pro uno).bild: zvg

Die Schweizer Parteien haben ein gemeinsames Statement veröffentlicht. Sie erwähnen darin das traditionelle Motto der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Einer für alle, alle für einen). Der Spruch ist eine historische Kurzformel, die in zahlreichen Bundesbriefen festgehalten wurde.

Im Statement teilen die Parteien der Bevölkerung mit:

«Die sehr rasche Ausbreitung des Coronavirus ist gravierend. Der Bundesrat hat in einer Krisensitzung heute weitere Massnahmen zum Schutz der Gesundheit unserer Bevölkerung ergriffen. Die Massnahmen sind einschneidend, aber dringend notwendig, um den drohenden Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern, gefährdete Mitmenschen zu schützen und diese Krise zu bewältigen. Die politischen Parteien stehen vereint und vorbehaltslos hinter dem Bundesrat. Nun ist die Bevölkerung aufgefordert, diesen Massnahmen zu vertrauen und sie vollständig umzusetzen – aus Solidarität gegenüber allen Mitgliedern unserer Gesellschaft.»

Die Parteien richten sich zudem an die Personen, die in den Gesundheitsdiensten, der Grundversorgung und im Sicherheitsapparat arbeiten und sich täglich mit vollem Einsatz engagieren. Diesen Personen gelte «unser ungeteilter Respekt». Ebenfalls gedankt wird allen Personen im «Dienste des Geheimwohls» und den Angehörigen der Armee.

Covid-Verordnung Bundesrat (16. März 2020)

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Covid-Verordnung Bundesrat (16. März 2020)
quelle: bundesrat
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Grüne Nationalrätin: Denkt an das Gesundheitspersonal!

Die St. Galler Staenderatskandidatin Franziska Ryser von den Gruenen posiert vor dem Eingang zum Pfalzkeller in St. Gallen, aufgenommen am Sonntag, 20. Oktober 2019, anlaesslich der Eidgenoessischen N ...
Die St. Gallerin Franziska Ryser sitzt für die Grünen im Nationalrat.Bild: KEYSTONE

Die Grüne Nationalrätin Franziska Ryser lobt die Massnahmen des Bundesrates. Sie forderte noch am Wochenende ein schnelleres Eingreifen des Bundesrates, um Arbeiterinnen und Arbeiter sowie der Wirtschaft schneller helfen zu können. Laut Ryser erübrigt sich nun dieses Vorgehen: «Die Lage hat sich nochmals zugespitzt, jetzt ist das ganze Land betroffen.»

Sie appelliert gleichzeitig, jene Menschen nicht zu vergessen, die trotz Lockdown weiterarbeiten müssen:

«Die Menschen, die in Spitälern, Läden und in den Zügen weiter arbeiten müssen, hoffen nun darauf, dass der Bundesrat sie nicht vergisst.»

Im Gespräch mit watson sagt sie, dass solche Personen weiterhin einer grossen Gefahr ausgesetzt seien. «Für sie braucht es rasche Massnahmen», so Ryser. Zudem solle der Bundesrat prüfen, was mit dem öffentlichen Verkehr passiert. «Möglich wäre, dass die SBB genug Wägen führt oder die Erst-Klass-Wagen freigibt, damit Pendlerinnen und Pendler das social distancing einhalten können.»

CVP-Nationalrat: Kein Laien-Kommentar

Stefan Mueller-Altermatt, CVP-SO, spricht waehrend der herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 12. September 2019 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Stefan Müller-Altermatt ist Solothurner Nationalrat.Bild: KEYSTONE

CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt äusserte sich erneut in kritischer Art und Weise darüber, dass Politikerinnen und Politiker die Coronavirus-Epidemie verpolitisieren.

«Ich bin dezidiert der Meinung, dass die Massnahmen, welche durch die Experten entwickelt und nun vom Bundesrat umgesetzt werden, nicht von den Laien im Parlament zu kommentieren sind. Die Massnahmen sind umzusetzen. Punkt. Jede Verpolitisierung schwächt die Massnahmen.»

FDP-Jungpolitiker: Überfällig!

Andri Silberschmidt, Praesident Jungfresinnige an einer Vorstellung der Renteninitiative in Zuerich am Montag, 20. Mai 2019. (KEYSTONE/Walter Bieri)
FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt war jahrelang Chef der Jungfreisinnigen.Bild: KEYSTONE

Der Zürcher Nationalrat Andri Silberschmidt sagt auf Anfrage:

«Der Lockdown war überfällig. Viele haben den Ernst der Lage gar nicht erkannt. Hier in Zürich sah man Leute, die sich in den Armen liegen und den Frühling geniessen, so als wäre nichts los. Gerade deswegen ist der Lockdown die richtige Entscheidung – da müssen wir jetzt als Gesellschaft durch. Das wird für uns alle eine Herausforderung, aber wir werden uns daran halten müssen.»

Silberschmidt fordert zudem einfachere Informationen für Unternehmerinnen und Unternehmer. «Mich rufen jeden Tag KMUler an und stellen Fragen. Ich helfe schon gerne – aber es kann nicht die Aufgabe von Nationalräten sein, Sprachrohr der Behörden zu sein.»

SVP-Politiker: Zu spät!

Benjamin Fischer, frischgebackener Zuercher SVP-Kantonalpraesident strahlt an der Delegiertenversammlung in Pfaeffikon am Dienstag, 7. Januar 2020. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Benjamin Fischer war jahrelang Chef der Jungen SVP Schweiz.Bild: KEYSTONE

«In einer solchen Situation muss die Exekutive führen. Sie hat nun das Ruder übernommen, und das ist zu begrüssen», sagt Benjamin Fischer, der Chef der Zürcher SVP.

«Für meinen Geschmack sind es immer noch nicht die klaren Botschaften, die das Volk nun hören muss.»
SVP-Kantonsrat Benjamin Fischer

Ganz kritiklos will er aber im Gespräch mit watson nicht bleiben: «Für meinen Geschmack sind es immer noch nicht die klaren Botschaften, die das Volk nun hören muss.» Er erinnert daran, dass Österreich ihre Bevölkerung auffordert, zuhause zu bleiben, falls es keinen dringenden Grund gibt. «Da hätte ich mir ein klareres Auftreten gewünscht», sagt Fischer. Ebenso vermisst er Massnahmen für selbstständig Erwerbende. Der Zürcher SVP-Kantonsrat kritisert: «Wenn man Gesetze mach, dann muss man mit einer solchen Pandemie rechnen. Der Bundesrat tat das nicht und steht nun ohne Plan da.»

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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mäci
16.03.2020 20:17registriert Februar 2019
Währenddessen Roger Köppel in seiner eigenen Welt lebt….

https://twitter.com/KoeppelRoger
Einer für alle, alle für eine: Alle Parteien reagieren geeint zum Lockdown
Währenddessen Roger Köppel in seiner eigenen Welt lebt….

https://twitter.com/KoeppelRoger
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Nelson Muntz
16.03.2020 20:24registriert Juli 2017
Ja hoffentlich auch! Jetzt ist definitiv nicht der Zeitpunkt für Parteigeplänkel und links-rechts Kindergarten!
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Andi Weibel
16.03.2020 21:16registriert März 2018
Vielleicht müsste man dem Jung-SVP-ler noch rasch erklären, dass nicht der Bundesrat Gesetze macht, sondern das Parlament.
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