Dutzende Tote bei Angriff auf Silvesterfeier in Istanbuler Club

Dutzende Tote bei Angriff auf Silvesterfeier in Istanbuler Club

01.01.2017, 12:12

Die türkische Millionenstadt Istanbul ist erneut Ziel eines Anschlags mit Dutzenden Toten geworden. In der Silvesternacht drang mindestens ein bewaffneter Angreifer in den bekannten Club «Reina» ein, schoss um sich und richtete ein Blutbad unter den Feiernden an.

Mindestens 39 Menschen wurden laut Innenministerium getötet, darunter mindestens 15 Ausländer. Deren Nationalität blieb zunächst unklar.

Dem Angreifer oder den Angreifern gelang die Flucht. Zunächst bekannte sich niemand zu der Bluttat, die international scharf verurteilt wurde. Istanbuls Gouverneur Vasip Sahin sagte: «Das ist ein Terrorangriff.» Schon 2016 hatte das Land eine ganze Reihe verheerender Anschläge verkraften müssen.

Gesundheitsminister Recep Akdag sagte am Morgen, 65 Verletzte würden in Spitälern behandelt. Auch darunter seien zahlreiche Ausländer. Nach ersten Informationen des französischen Aussenministers Jean-Marc Ayrault wurden auch drei Franzosen verletzt.

Innenminister Süleyman Soylu sagte, 20 Todesopfer seien identifiziert worden. Bei ihnen handle es sich um 15 Ausländer und 5 Türken. Über mögliche Schweizer Opfer war zunächst nichts bekannt.Das israelische Aussenministerium teilte mit, unter den Verletzten sei auch eine israelische Frau. Eine weitere Israelin werde vermisst.

Attentäter auf der Flucht

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan kündigte an, weiter entschlossen gegen den Terrorismus zu kämpfen. Die Türkei werde alles tun, um «die Sicherheit und den Frieden ihrer Bürger zu gewährleisten». Ziel der Angreifer sei, «Chaos» zu stiften.

Auch Stunden nach dem Angriff war der Verbleib des Angreifers oder der Angreifer unklar. Die Suche dauere an, sagte Soylu am Morgen. Ermittlungen der Sicherheitskräfte deuteten darauf hin, dass es sich nur um einen Schützen gehandelt habe.

Die Nachrichtenagentur DHA hatte dagegen gemeldet, zwei als Weihnachtsmänner verkleidete Terroristen seien in den Club eingedrungen und hätten das Feuer mit automatischen Waffen eröffnet. Auch eine Augenzeugin sprach von zwei Angreifern.

Gouverneur Sahin sprach von einem Angreifer, der sich um 01.15 Uhr Zugang zum Club verschafft habe, indem er am Eingang einen Polizisten und einen Zivilisten erschossen habe. Die Nachrichtenagentur DHA berichtete, zum Zeitpunkt des Angriffs seien 700 bis 800 Menschen in dem Club gewesen.

Einige seien in den Bosporus gesprungen, um dem Angriff zu entkommen, berichteten Augenzeugen. Sie seien von Polizisten gerettet worden.

Der Nachtclub Reina im Viertel Ortaköy ist eine der vornehmsten Adressen in der Metropole und bei der Istanbuler Oberschicht sehr beliebt. Er liegt direkt am Ufer des Bosporus im Norden der Istanbuler Innenstadt, auf der europäischen Seite der Metropole. Nur wenige hundert Meter weiter hatten die offiziellen Silvesterfeierlichkeiten der Stadt stattgefunden.

IS-Kämpfer festgenommen

Erst drei Wochen zuvor waren bei einem Doppelanschlag in Istanbul 45 Menschen getötet worden, die meisten davon Polizisten. Dazu hatte sich die TAK bekannt, eine Splittergruppe der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die TAK und die PKK greifen vorrangig Sicherheitskräfte an.

Ebenfalls im Dezember war in Ankara der russische Botschafter Opfer eines Anschlags geworden. Der Attentäter war ein türkischer Polizist. Die Regierung verdächtigt die Gülen-Bewegung, hinter der Tat zu stecken.

Der Zeitung «Hürriyet» zufolge waren am Silvestertag acht Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Ankara festgenommen worden, die einen Anschlag in der Nacht geplant haben sollen. Türkische Truppen sind derzeit in Nordsyrien in heftige Gefechte mit dem IS verwickelt. Nach dem türkischen Einmarsch im August hatte IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi im November zu Anschlägen in der Türkei aufgerufen.

Zum Schutz vor Anschlägen waren in der Silvesternacht türkischen Medienberichten zufolge 17'000 Polizisten in Istanbul im Einsatz. An der zentralen Ausgehmeile Istiklal Caddesi kontrollierten Sicherheitskräfte die Zugänge und durchsuchten Taschen. (sda/dpa/afp)

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