Die Vereinigte Bundesversammlung wählt am Mittwochmorgen einen neuen Datenschützer. Der Bundesrat schlägt für das Amt Adrian Lobsiger vor, der heute im Bundesamt für Polizei tätig ist. Der Vorschlag wurde im Vorfeld kritisiert.
Dennoch ist damit zu rechnen, dass Lobsiger gewählt wird: Die zuständige Gerichtskommission beantragt der Bundesversammlung ohne Gegenstimme, die Wahl zu bestätigen. Der Bundesrat hatte Lobsiger im vergangenen November als Nachfolger von Hanspeter Thür vorgeschlagen, der Ende letzten Jahres nach 14 Jahren aus dem Amt ausgeschieden ist.
Der Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) wird für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt. Administrativ ist er der Bundeskanzlei angeschlossen, doch übt der EDÖB seine Funktion unabhängig und ohne Weisung einer Behörde aus.
Erfahrung aus der Strafverfolgung
Dass die Eignung Lobsigers in Frage gestellt wurde, hängt mit seiner heutigen Tätigkeit zusammen: Der 56-Jährige ist stellvertretender Direktor des Bundesamtes für Polizei (fedpol). Der Bundesrat verweist auf seine Erfahrung mit Datenschutzfragen.
Als Chef des Dienstes für Recht und Datenschutz trage er dazu bei, dass die Personendaten in den Informationssystemen des Bundesamtes namentlich auch im Verkehr mit in- und ausländischen Behörden rechtskonform bearbeitet würden. Der promovierte Jurist habe sich aber auch wissenschaftlich mit den öffentlich-rechtlichen Aspekten des Datenschutzes auseinandergesetzt.
Vom Datensammler zum Datenschützer
Einige Parlamentarier sehen dagegen in der bisherigen Tätigkeit Lobsigers ein Problem. Als Vertreter der Strafverfolgung habe er ein Interesse daran gehabt, möglichst viele Daten zu sammeln, monieren die Kritiker. Die Wahl eines «Polizisten» in das Amt könnte den Datenschutz schwächen. Andere wiederum hätten sich einen Kandidaten gewünscht, welcher der Wirtschaft näher steht - vor allem jener Wirtschaft, die sich auf das Speichern von Daten spezialisiert hat und auf Standortvorteile setzt.
Alternative Kandidaten stehen jedoch nicht zur Wahl: Die Vereinigte Bundesversammlung kann die Wahl Lobsigers lediglich gutheissen oder ablehnen. Auch das wurde im Vorfeld kritisiert. Angesichts der wachsenden Bedeutung des Datenschutzes brauche es ein neues Wahlverfahren, forderten Politiker und kündigten entsprechende Vorstösse an. Für die anstehende Wahl ändert das jedoch nichts.
Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität
Lobsiger ist 1992 in die Bundesverwaltung eingetreten. Zunächst war er für das Bundesamt für Justiz im Bereich des Internationalen Privatrechts tätig. 1995 wechselte er ins fedpol.
Daneben wirkte er von 2001 bis 2005 an der Hochschule Luzern als Gründer und Leiter des Nachdiplomstudienganges zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität sowie des Kompetenzzentrums Forensik und Wirtschaftskriminalistik. Lobsiger ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Töchtern. (sda)