Bei einem schweren Zugunglück in Indien sind am frühen Sonntagmorgen mindestens 96 Menschen gestorben. Mehr als 200 Passagiere wurden verletzt, 75 von ihnen schwer. Das bestätigte die Polizei des betroffenen Bundesstaats Uttar Pradesh.
Der Fernzug entgleiste kurz nach 3 Uhr Ortszeit in der Nähe der Ortschaft Pukhrayan. Mindestens 14 Waggons sprangen von den Schienen. Drei davon wurden bei dem Unfall völlig zerstört.
Die Rettungskräfte waren am Sonntag im Einsatz, um an der Unfallstelle nach Vermissten und möglichen Überlebenden zu suchen. «Wir können uns nur langsam in die zerstörten Waggons vorarbeiten», sagte Bahnsprecher Anil Saxena.
«Es könnten noch Überlebende in den Wagen sein. Wir müssen durch die Metallwände schneiden, um sie zu erreichen.» Laut seiner Schätzung befanden sich zum Unfallzeitpunkt zwischen 100 und 150 Menschen in den besonders schwer beschädigten Wagen.
Im Schlaf überrascht
Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie sich die Helfer mit schwerem Gerät Zugang zu den umgestürzten Wagen verschafften. Überall lagen Koffer und anderes Gepäck verstreut.
Die umliegenden Spitäler wurden in Alarmbereitschaft versetzt, rund 30 Krankenwagen eilten zu der Unfallstelle, um die Verletzten zu versorgen. Sonderzüge waren im Einsatz, um die festsitzenden Passagiere wegzubringen.
Augenzeugen berichteten, wie sie von einem lauten Knall aus dem Schlaf gerissen und dann durch die Wucht des Unfalls umher geworfen wurden. «Der Lärm war ohrenbetäubend», sagte ein Passagier, der an der Unfallstelle mit seiner Familie wartete, zu Journalisten. «Ich bin glücklich, am Leben zu sein. Aber das war für uns schon eine Erfahrung nahe am Tod.»
«Wir wachten plötzlich auf, als der Zug mit einem heftigen Ruck und lautem Quietschen zum Stehen kam», sagte ein anderer Augenzeuge dem Fernsehsender NTDT. «Wir schafften es, auszusteigen, und sahen überall auf den Gleisen Teile der Achsen und Räder verteilt.»
Unfallursache unklar
Der Patna-Indore-Express verunglückte etwa auf der Hälfte seiner mehr als 1400 Kilometer langen Strecke durch Nordindien, für die er laut Fahrplan 27 Stunden Reisezeit braucht. Der Zug war 23 Waggons lang und transportierte zum Zeitpunkt des Unfalls rund 2500 Passagiere.
Die Unfallursache war bis zum Sonntagmorgen laut Bahnsprecher Saxena noch nicht bekannt. Aus dem Bahnministerium hiess es jedoch, dass baufällige Schienen den Zug zum Entgleisen gebracht haben könnten.
Bahnminister Suresh Prabhu kündete eine umfassende Untersuchung des Unfalls an. «Wir werden so hart wie möglich gegen diejenigen vorgehen, die für den Unfall verantwortlich sein könnten», schrieb er auf Twitter. «Alle mögliche Hilfe wurde mobilisiert.»
Das Ministerium teilte mit, Prabhu sei auf dem Weg zur Unfallstelle, um sich persönlich ein Bild von der Lage zu machen. Indiens Premierminister Narendra Modi sprach den Betroffenen sein Beileid aus und kündigte finanzielle Hilfen für die Angehörigen der Toten und für die Schwerverletzten an.
Altersschwache «Lebensader»
Indiens Züge transportieren jeden Tag rund 23 Millionen Menschen in etwa 12'000 Zügen. Das mehr als 90'000 Kilometer lange Schienennetz wird oft als «Lebensader der Nation» bezeichnet, da Inder aller Kasten und Klassen es benutzen.
Das Netz wurde von den britischen Kolonialherren gebaut, um Handelsgüter wie Baumwolle zu den Häfen zu schaffen. Seit der Unabhängigkeit Indiens im Jahr 1947 wurden kaum neue Gleise verlegt, da die Bahn damit beschäftigt ist, das vorhandene Netz zu erhalten. Jährlich müssen rund 4500 Kilometer erneuert werden. Immer wieder kommt es bei der indischen Bahn zu Unfällen mit vielen Toten. (sda/dpa/afp)