Mensch oder Nichtmensch: Harald Schmidt wird heute 60

Mensch oder Nichtmensch: Harald Schmidt wird heute 60

18.08.2017, 10:32

Jahrzehntelang war Harald Schmidt mit seiner Fernsehshow Kult. Jetzt wird er 60, und man fragt sich: Wer ist der Mann, der schon so lange eine Kunstfigur gleichen Namens verkörpert?

Harald Schmidt ist auf der Strasse nur schwer zu erkennen. Warum? Weil er nicht spricht. Dadurch wirkt er fremd, denn man kennt ihn aus dem Fernsehen natürlich nur als jemanden, der unentwegt redet. Aus diesem Gegensatz wird deutlich, dass es neben der Kunstfigur auch noch den Privatmann Harald Schmidt geben muss. Der aber bleibt für die Öffentlichkeit unsichtbar.

Leute, die Schmidt persönlich kennen und sich über ihn äussern, findet man in Köln so gut wie nicht. «Er ist nicht immer so wie im Fernsehen», sagte vor Jahren mal Elke Heidenreich, seine Nachbarin aus dem Villenviertel Marienburg. Man könne sich ganz normal und unironisch mit ihm unterhalten, versicherte sie.

In Interviews versteht es Schmidt meisterhaft, persönliche Fragen unterhaltsam zu beantworten, ohne dabei auch nur das Geringste von sich preiszugeben. Es ist der versierte TV-Talker, der Stand-up-Zyniker, der da spricht. «Da ist ja 'ne Kunstfigur», hat er selbst eingeräumt. «Überhaupt, auch im Leben: Ich hab' mir so 'ne Figur erfunden.» Wer aber ist der Mann hinter dieser Figur?

Es gibt auf diese Frage recht vernichtende Antworten ehemaliger Kollegen. «In Wirklichkeit ist Schmidt noch gemeiner als auf der Bühne», hat Manuel Andrack, sein Sparring-Partner aus der «Harald Schmidt Show», gesagt. Sein Sidekick aus «Schmidteinander», der 20 Jahre ältere Herbert Feuerstein, stellte die These auf: «Schmidt ist kein Mensch.»

Sein Abschied vom Fernsehen - das darf man als sicher annehmen - ist ihm nicht so leicht gefallen, wie er vorgegeben hat. Darauf deutet auch eine kurze Szene in seiner letzten Sendung im Free-TV bei Sat.1 hin. Damals drehte Überraschungsgast Olli Dittrich den Spiess einfach mal um und sprach Schmidt kurzerhand auf seinen erzwungenen Abgang an. Das Ergebnis war ein Moment der Schwäche: Dem Meister der schlagfertigen Replik fiel nichts Witziges ein.

Was ihn letzten Endes nur sympathisch macht. Vielleicht irrt Herbert Feuerstein doch. Vielleicht ist Harald Schmidt ein Mensch. (sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!