Nach dem Abgang von Eveline Widmer-Schlumpf aus dem Bundesrat blickt ihre Partei einer unsicheren Zukunft entgegnen. Nun gehe es für die BDP ums Überleben, sagt Politologe Georg Lutz. Dennoch scheinen sich die Mitteparteien schwer damit zu tun, sich zusammenzuraufen.
Gespräche mit den anderen Mitteparteien CVP und GLP würden erst nach den Bundesratswahlen wieder aufgenommen, sagte BDP-Präsident Martin Landolt am Donnerstag der Nachrichtenagentur sda. «Das ist ein Projekt für die nächste Legislatur.»
Die Mitteparteien hatten nach den Wahlen bereits Gespräche geführt, offenbar jedoch ohne Erfolg. Der ehemalige BDP-Präsident Hans Grunder sagte gegenüber Radio SRF, er habe gehofft, bis zu den Bundesratswahlen ein Konstrukt in der Mitte zu schaffen, das die Legitimation für zwei Bundesratssitze stärke. «In den letzten 14 Tagen ging es aber total in die andere Richtung.»
CVP spielt BDP und GLP den Ball zu
Grunder wünscht sich eine rasche Gründung einer Fraktion zusammen mit CVP, EVP und GLP. CVP und Grünliberale bekräftigten am Donnerstag auf Anfrage zwar, mit der BDP weiter zusammen arbeiten zu wollen - der Enthusiasmus für eine engere Kooperation scheint sich aber in Grenzen zu halten. Eine Fusion komme zur Zeit nicht in Frage, sagte die Waadtländer Nationalrätin Isabelle Chevalley (GLP).
Aus Sicht der CVP liegt der Ball nun bei der BDP und den Grünliberalen. Die CVP sei nicht Bittsteller, sagte CVP-Präsident Christophe Darbellay auf Anfrage. Die BDP sei nicht zwangsläufig zum Verschwinden verurteilt ohne ihre Bundesrätin, «aber sie muss aus ihrer 'splendid isolation' heraus, die ihr zu gefallen scheint.»
Verpasste Chance
Die BDP selbst hatte der CVP vor einem Jahr einen Korb gegeben: Eine Union scheiterte am Widerstand der BDP-Basis. Die BDP habe daraus ihre Lehren gezogen, sagte Landolt. Die Basis dürfe nicht überfordert werden, eine Union sei vom Tisch.
Der Politologe Georg Lutz bezeichnet das Scheitern dieser Union als «verpasste Chance». Die BDP habe damit die CVP vor den Kopf gestossen und sei nun in einer schlechteren Position - umso mehr, als sie bei den Wahlen zu den Verlierern gehörte. «Das ist die Tragik: Fusionen kommen erst zustande, wenn beide Partner schwach sind.» Daraus entstehe keine starke Union, sondern eine schwache.
Angesichts der zersplitterten Mitte und ihren Verlusten bei den Wahlen sieht Lutz grossen Handlungsbedarf für eine engere Zusammenarbeit. Dennoch sei er nicht sicher, ob der Leidensdruck gross genug sei. Die CVP sei in ihren Stammlanden nach wie vor in einer guten Position. «Das hält die Illusion aufrecht, dass sie eine wichtige Partei ist, und sie sich nicht bewegen muss.»
Neuanfang oder Anfang vom Ende
Die BDP dürfte es laut Lutz nach dem Abgang von Widmer-Schlumpf - ohne die sie gar nie entstanden wäre - schwer haben. Widmer-Schlumpf habe der Partei regelmässig zu Aufmerksamkeit verholfen, diese zu erreichen, werde künftig viel schwieriger. Für die BDP gehe es nun ums Überleben.
«Laut Politologen ist die BDP schon lange tot», entgegnet BDP-Präsident Landolt. Die Partei habe sich auf die Zeit nach Widmer-Schlumpf vorbereitet. Und diese biete durchaus auch eine Chance.
Auch Widmer-Schlumpf gab sich überzeugt, dass der Rücktritt gut für die BDP sei. Es sei nicht das Ende der BDP, sondern der Anfang einer Partei, die sich nicht allein dadurch legitimiere, dass sie eine Bundesrätin habe, sagte sie.
Pessimistischer äusserte sich Grunder: Er sieht die Partei «an einem kritischen Punkt angelangt». (sda)