Juso und Grüne-Politiker zeigen Wirtschaftskapitäne an, die Trump beschenkten
Ein Goldbarren mit Widmung und eine Rolex-Tischuhr: Mit diesen Geschenken trat das «Team Switzerland» Anfang November bei US-Präsident Donald Trump auf. Sechs Topvertreter der Schweizer Wirtschaft reisten damals nach Washington – und brachten auch Investitionsabsichten in der Grössenordnung von 200 Milliarden US-Dollar mit.
Eine Woche später verkündeten die USA und die Schweiz den lang erwarteten Zoll-Deal: Für Schweizer Exportgüter sollen künftig noch 15 statt 39 Prozent Zölle gelten. Welche Rolle der Besuch der Wirtschaftsvertreter im Oval Office dabei spielte, sorgt seither hierzulande für Diskussionen.
Auch bei der Juso: Die Jungpartei hat am Mittwoch bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen die sechs Wirtschaftsvertreter eingereicht, die sich an den Verhandlungen beteiligt haben – wegen «Verdachts auf Bestechung fremder Amtsträger».
Juso: Unternehmer hätten sich Vorteil verschafft
Die Goldbarren und die Rolex-Uhr hätten den Eindruck von Bestechung vermittelt, sagt Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann zu watson. Die angezeigten Wirtschaftsvertreter würden von der Zollsenkung «unverhältnismässig stark» profitieren, schreibt die Juso in ihrer Anzeige, die watson vorliegt.
Mit der Strafanzeige geht es der Juso auch um Grundsätzliches: «Es ist absurd, dass Milliardäre im Oval Office gesessen sind, an der Stelle, wo eigentlich gewählte demokratische Vertreter sitzen sollten.»
Die Jungpartei verbindet die Anzeige mit einer Transparenzforderung. Dass nach wie vor wenig über das Treffen bekannt sei, sei «besorgniserregend», sagt Hostetmann. «Wir wissen nicht, warum genau diese Personen bei Trump waren und in wessen Interesse sie gehandelt haben.» Die Juso-Chefin fordert deshalb:
Nebst der Juso haben auch die Tessiner Grüne Nationalrätin Greta Gysin und der Waadtländer Grüne Nationalrat Raphaël Mahaim bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen das «Team Switzerland» erstattet, wie die WOZ schreibt.
NGO hält Anzeige für legitim
Transparency Switzerland, die Schweizer Sektion von Transparency International und eine NGO gegen Korruption, hält die Strafanzeige der Juso für legitim: Korruption sei ein Offizialdelikt, und eine Anzeige könne dazu beitragen, Justiz und Öffentlichkeit auf problematisches Verhalten aufmerksam zu machen, schreibt die NGO auf Anfrage.
Gleichzeitig warnt die Organisation vor einem möglichen Nebeneffekt, falls das Verfahren eingestellt oder gar nicht an die Hand genommen würde: «Dies würde den Effekt haben, dass andere ähnliche zweifelhafte oder korrupte Praktiken tendenziell noch mehr verharmlost würden.»
Bei den Geschenken an Trump sieht Transparency Switzerland ein deutlich erhöhtes Integritäts- und Rechtsrisiko: Je höher der Wert und je heikler der Zeitpunkt – etwa rund um Verhandlungen – desto eher würden solche Zuwendungen als unzulässige Einflussnahme wahrgenommen. Transparency Switzerland fordert deshalb klare Regeln für Unternehmen: eine absolute Wertlimite für Geschenke an ausländische Amtsträger, ausdrückliche Genehmigungen und interne Dokumentation. Luxusgeschenke sollten ganz verboten sein.
Unabhängig von der strafrechtlichen Bewertung beurteilt die Organisation «Charakter und Symbol» der Geschenke als problematisch und verlangt mehr Transparenz über den Verlauf der Verhandlungen und die Rolle des Privatsektors.
Jurist: Strafrechtlich hohe Hürden
Strafrechtlich sieht Rechtsanwalt Stefan Lenz hohe Hürden. Lenz ist ehemaliger Staatsanwalt des Bundes und heute als Anwalt auf Korruptionsfälle spezialisiert. Er bezweifelt, dass der von der Juso genannte Tatbestand der Bestechung fremder Amtsträger im vorliegenden Fall greift.
Damit Bestechung vorliege, brauche es vor allem zwei Dinge: eine Bestechungsabrede und ein klares Äquivalenzverhältnis. Es müsse also eine konkrete Leistung für eine konkrete amtliche Gegenleistung geben. «Klar haben sie Präsident Trump die Geschenke in der Hoffnung überreicht, dass er die Zölle senkt», sagt Lenz. Doch der belegbare Tausch fehle aus seiner Sicht. Und der Wert der mitgebrachten Geschenke spreche gegen ein Äquivalenzverhältnis: «So ein Goldbarren und eine Rolex-Uhr sind nicht geeignet, um Trump dazu zu bringen, die Zölle auf 15 Prozent zu senken.»
Das Vorgehen der Wirtschaftsvertreter wirke eher wie der Versuch, Goodwill zu erkaufen, meint Lenz. Und dies sei nicht strafbar, wenn die Geschenke an ausländische Amtsträger gehen. Anders wäre es bei Schweizer Amtsträgern: Hätten die Wirtschaftsvertreter einen Bundesrat mit einem Goldbarren und einer Rolex-Uhr beschenkt, hätte dies in der Schweiz strafrechtliche Konsequenzen.
Lenz hat gewisse Zweifel, dass die Bundesanwaltschaft aufgrund der Anzeige eine Strafuntersuchung eröffnen wird – auch wenn er Verständnis für das Anliegen habe:
watson hat die angezeigten Wirtschaftsvertreter um eine Stellungnahme gebeten. Rolex teilte mit, man äussere sich nicht. Von den übrigen Angefragten lag bis zum Zeitpunkt der Publikation keine Antwort vor.
