Bei massiven Angriffen der syrischen Armee auf von Rebellen gehaltene Stadtviertel in der nordsyrischen Grossstadt Aleppo sind nach Angaben von Aktivisten am Samstag mindestens 27 Menschen getötet worden. Getroffen wurden bei den Attacken insbesondere auch Spitäler.
Die Regierungstruppen hätten den Osten der Stadt mit Luftangriffen, Fassbomben und Artilleriefeuer attackiert, berichtete die Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die syrischen Weisshelme sprachen von einem «katastrophalen Tag mit einem beispiellosen Bombardement mit allen Waffenarten».
Ihre Freiwilligen hätten mehr als 2000 Artilleriegranaten einschlagen hören und 250 Luftangriffe gezählt, berichteten die Weisshelme, die in diesem Jahr für ihren selbstlosen Einsatz für die zivilen Opfer des Bürgerkriegs mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurden. Auf ihrer Internetseite veröffentlichten sie Videos von den massiven Angriffen.
«De facto wurde nicht ein einziges Viertel von Ost-Aleppo von den heutigen Bombardements verschont», erklärte ihrerseits die in Grossbritannien ansässige Beobachtungsstelle. Diese stützt sich auf ein breites Netzwerk von Informanten in Syrien, ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen. Ihren Zählungen zufolge starben seit Beginn einer neuen Offensive der Armee auf Ost-Aleppo am Dienstag fast hundert Zivilisten.
Grosse Spitäler ausser Betrieb
Nach diesen heftigsten Luftangriffen seit Wochen sind alle grösseren Spitäler in der Stadt ausser Betrieb. Anwohner, Mediziner und Rebellen berichteten, Kliniken seien bei den Angriffen zum Teil direkt getroffen worden. Auch seien aus Kampfhelikoptern Fassbomben auf die Gebäude abgeworfen worden.
Zuletzt sei das Omar Bin Abdul Asis Spital im Ostteil der belagerten Stadt am Freitagabend von einer Reihe von Bombardements des syrischen Regimes und seiner Verbündeten getroffen und zerstört worden, teilte die Union of Syrian Medical Organizations (UOSSM) am Samstag mit.
Bereits am Freitag waren UOSSM zufolge vier weitere Spitäler nach schweren Luftschlägen geschlossen worden. Unter den Kliniken sei auch die letzte noch funktionierende Kinderklinik im Osten Aleppos gewesen, die schon in den Tagen zuvor Ziel von Bombardements war.
Es war zunächst nicht klar, ob bei den Angriffen Menschen starben. Berichten zufolge seien aber Menschen unter den Trümmern verschüttet. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigte den Angriff auf die Einrichtung.
Mit scharfen Worten verurteilten die USA die massiven Angriffe auf von den Rebellen gehaltene Stadtviertel von Aleppo und insbesondere die Bombardierung der Spitäler. Auch die UNO äusserte sich erschüttert.
Gesamte Infrastruktur vor dem Kollaps
Seit Mitte Juli sind die Rebellen im Ostteil der Stadt von Regierungstruppen eingekesselt. Dort leben schätzungsweise 250'000 Menschen, denen es an Trinkwasser, Lebensmittel und Gesundheitsversorgung fehlt. Das Deutsche Rote Kreuz warnte vor dem kompletten Zusammenbruch der Infrastruktur in Aleppo.
Wenn das Stromnetz nicht mehr funktioniere, sei auch die Wasserversorgung betroffen, sagte der Leiter der internationalen Zusammenarbeit, Christof Johnen, dem Berliner «Tagesspiegel». Die humanitäre Hilfe in Syrien ist nach seinen Worten wegen fehlender Sicherheitsgarantien praktisch unmöglich.
Am Sonntag wird der UNO-Sondergesandte Staffan de Mistura in Damaskus erwartet. Dort will er unter anderem mit dem syrischen Aussenminister Walid Muallem sprechen.
Aleppo gilt als eines der wichtigsten Schlachtfelder in Syrien und Symbol des verheerenden Bürgerkrieges. Dieser hatte im März 2011 mit zunächst friedlichen Protesten gegen den autoritär regierenden Staatschef Baschar al-Assad begonnen. Seither wurden Schätzungen zufolge mehr als 300'000 Menschen getötet und Millionen in die Flucht getrieben. (sda/afp/dpa/reu)