Die Juso-Initiative hilft dem Klima nicht
In der Welt der Juso ist es eine einfache Rechnung: Je höher die Steuer, desto höher die Einnahmen für den Staat.
Ihre Initiative verlangt, dass Erbschaften ab 50 Millionen Franken künftig mit 50 Prozent besteuert werden. Die allfälligen Mehreinnahmen müsste der Staat für die Bekämpfung des Klimawandels aufwenden. Reiche verursachen mehr CO₂, also sollen sie zahlen – so die Logik.
Nur ist die Welt komplexer als in den Köpfen der Jungpolitiker.
Das fängt bei den erwarteten Mehreinnahmen an. Sechs Milliarden Franken würde die nationale Erbschaftssteuer in die Kassen von Bund und Kantonen spülen, so die Initianten. Das ist unwahrscheinlich. Denn eine neue Steuer – zumal mit einem derart hohen Satz von 50 Prozent – würde zu Verhaltensanpassungen führen. Dass die, um im Juso-Jargon zu bleiben, «Superreichen» die neue Steuer einfach schlucken würden, ist nicht zu erwarten. Sie würden ins Ausland ziehen. Die Folge: Dem Staat würden andere Einnahmen wegbrechen – Einkommens- und Vermögenssteuern etwa.
Wer kann, der geht. Und wird auch «superreich» bleiben, wenn die Stimmbevölkerung eine neue Steuer einführt. Gewinnen würde dadurch weder der Staat noch das Klima.
Eigentlich wissen das auch die Initianten. In einem ersten Argumentarium schrieben sie, allfällige Wegzüge seien nicht zu bedauern. Das mache die Schweiz «sympathischer». Allenthalben ist auch zu hören, die Schweiz dürfe sich nicht von «Superreichen» erpressen lassen.
Nicht alle können indes einfach wegziehen. Die Initiative würde besonders Familienunternehmen treffen, die hier verankert sind. Deren Vermögen liegt nicht einfach auf dem Bankkonto herum, sondern steckt in der Firma. Sie brauchen Geld, um in Maschinen und Arbeitsplätze zu investieren – oder auch in konkrete Massnahmen für den Klimaschutz. Wer für die Initiative ist, nimmt in Kauf, dass diese Familienunternehmen verkauft werden müssen, um die Steuern zu bezahlen.
Das Wichtigste zur Juso-Initiative:
Auch dieses Problem kennen die Initianten. Die SP-Fraktionsspitze hat deshalb kürzlich einen «unternehmensfreundlichen» Umsetzungsplan für die Initiative publik gemacht. Dieser zeigt, welchen Geist die Initiative atmet. Böse Firmen. Guter Staat. Unternehmen, so eine Idee, könnten die Erbschaftssteuer zum Beispiel mit Firmenanteilen bezahlen, die in einen Staatsfonds fliessen würden.
Die Juso hält das Argument mit den Familienunternehmen für vorgeschoben, eine reine Drohkulisse. Nicht so die Gewerkschaften. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund hat bei der Juso-Initiative Stimmfreigabe beschlossen. Die Gewerkschaft Travail Suisse lehnt sie gar ab. Ausschlaggebend war die Angst um Arbeitsplätze, wenn Firmen wegen der Erbschaftssteuer verkauft oder neu organisiert werden müssten.
Den Initianten geht es um viel: Sie sprechen von «Turbokapitalismus» und möchten das Wirtschaftssystem grundsätzlich umbauen. Wie sie sich ihre Welt vorstellen, bleibt allerdings äusserst vage. Im Argumentarium schreiben sie, dass «nachhaltige Sektoren» ausgebaut werden sollen. Als Beispiel folgt dann der Care-Sektor. Unbestritten brauchen wir in der Schweiz genügend Pflegefachkräfte und Kita-Mitarbeitende. Doch das hat herzlich wenig damit zu tun, dass unsere Wirtschaft nachhaltiger werden muss. Und daran arbeiten wiederum die meisten Unternehmen jeden Tag.
Klimaschutz ist wichtig, ohne Frage. Aktuell wendet der Bund dafür zwei Milliarden Franken auf. Das kann man viel oder wenig finden. Klar ist, dass die gut situierten Menschen schon heute einen Grossteil dieser Kosten stemmen.
Denn das Schweizer Steuersystem sorgt für eine starke Umverteilung. Die deutsche Zeitung «taz» stellte im letzten Jahr erstaunt fest, dass ausgerechnet die «Steueroase» Schweiz die «Superreichen» stärker besteuert als Österreich und Deutschland. Grund dafür ist die starke Progression bei der Einkommenssteuer – vor allem aber die Vermögenssteuer. Sie ist eine Schweizer Eigenart.
In einer Studie des Momentum Instituts, des Netzwerks Steuergerechtigkeit und Oxfam Deutschland wird gar festgehalten, dass die Vermögenssteuer positive Anreize setze, das Geld gewinnbringend und effizient einzusetzen, um mit den Erträgen die Steuer zu bezahlen. Dagegen mache die Vermögenssteuer den «Kauf und Besitz etwa von klimaschädlichen Privatjets oder Privatjachten unattraktiver», so das Fazit der linken NGOs.
Die Welt, sie ist fürwahr komplex.
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