Das Zimmer 339 im Bundeshaus ist feudal. Auf dem Eichenparkett steht ein ovaler Tisch, an dem gut zwölf Personen Platz nehmen können, es hat einen Bildschirm und im Hintergrund schraubt sich eine Wendeltreppe in die Höhe. Vom Turmzimmer just unter einer der beiden kleineren Kuppeln hat man direkten Zugang zum Dach.
Kein anderes Zimmer gibt derzeit so zu reden wie dieses. «Blick» und «20 Minuten» berichteten zuerst darüber, dass hier Nationalrätin Magdalena-Martullo mehr oder weniger eingezogen sei. Zumindest während der Session soll das repräsentative Sitzungszimmer durchgehend für die Bündner SVP-Nationalrätin reserviert sein. Aber auch abseits grosser Zusammenschlüsse taucht der Name Martullo auffällig oft in den Reservationslisten auf.
Hinter vorgehaltener Hand tuscheln Parlamentarier, die EMS-Chefin würde das Zimmer nicht nur für Sitzungen, sondern vielmehr als Büro brauchen. Das widerspräche den Richtlinien der Verwaltungsdelegation.
Am Montag wird diese Frage sogar im Nationalratssaal verhandelt: Der Luzerner SP-Nationalrat David Roth hat eine entsprechende Anfrage eingereicht, welche in der Fragestunde beantwortet wird. Nicht wenige im Ratssaal dürften diese aufmerksam verfolgen - während den Sessionen sind die Sitzungszimmer gemäss Parlamentsdiensten jeweils permanent ausgebucht.
Die Betroffene selbst äussert sich eher schmallippig zum Flurfunk in der Wandelhalle. Als Vizepräsidentin der SVP Schweiz und Verantwortliche für Wirtschaftspolitik pflege sie während der Session viele Kontakte, lässt Martullo-Blocher über ihren Assistenten ausrichten. Auf die Frage, ob sie das Zimmer auch abseits der Sessionen buche, lässt sie verlauten: «Nein, normalerweise nicht.»
Die Turmzimmer-Posse hat einen ernsteren Hintergrund. Eric Nussbaumer (SP/BL), Nationalratspräsident und Präsident der Verwaltungsdelegation, sagt: «Die Arbeitsplatzsituation im Parlament ist in hohem Masse unbefriedigend.» Schweizer Parlamentarier und Parlamentarierinnen haben im Unterschied zu anderen Ländern keine persönlichen Arbeitsplätze. In der Wandelhalle stehen zwar einige wunderbare Pulte. An ein geruhsames Arbeiten zwischen Fernsehkameras und Lobbyisten ist aber nicht zu denken.
Weitere unpersönliche Arbeitsplätze stehen den Gewählten neben der Galerie des Alpes sowie im dritten Obergeschoss zur Verfügung. Allerdings gilt auch hier: Wer dort arbeitet, ist selten alleine. Um ungestört zu telefonieren, ziehen sich die Nationalrätinnen und Ständeräte deshalb auch zwanzig Jahre nach Erfindung des Smartphones in eine der Telefonkabinen zurück, wie sie bei den Garderoben stehen.
Das könnte sich dereinst ändern. Recherchen dieser Zeitung zeigen, dass sich die Parlamentarier auf die Suche nach einem neuen Dach gemacht haben. Und sie wurden fündig: Seit dem Niedergang der Credit Suisse sind deren Räumlichkeiten am Bundesplatz 2 verwaist. Die UBS hat derweil offenbar noch nicht abschliessend entschieden, wie sie mit der Liegenschaft an prominenter Lage umgehen will.
Das hat das Interesse der Verwaltungsdelegation geweckt. Diese hat das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) damit beauftragt, ob das Gebäude genutzt werden könne. Die Parlamentsdienste bestätigen eine entsprechende Anfrage.
Plan der Verwaltungsdelegation ist es, am Bundesplatz 2 im Erdgeschoss ein Besucherzentrum einzurichten. «Jährlich suchen rund 100'000 interessierte Gäste das Gebäude auf, verfolgen die Parlamentsdebatten mit, treffen sich mit Ratsmitgliedern, nehmen an einem Rundgang teil oder besuchen eine Veranstaltung. Die Kapazitätsgrenze ist damit seit langem erreicht», heisst es dazu in einer Stellungnahme der Parlamentsdienste.
Deshalb werde gegenwärtig geprüft, ob künftig Teile der ehemaligen Bankfiliale «für ein Informationszentrum des Parlaments genutzt werden könnten». Im Raum stehen soll ein Kauf oder eine langfristige Miete.
In den oberen Etagen könnten demnach Arbeitsplätze entstehen - entweder für die Parlamentsdienste oder für Angehörige des Parlaments. Es wäre der erste Schritt der Schweiz zu einem Abgeordnetenhaus, wie es beispielsweise der Deutsche Bundestag mit dem Jakob-Kaiser-Haus kennt. Auch die französische Nationalversammlung verfügt über einen siebenstöckigen Bürokomplex, der unterirdisch mit dem Palais Bourbon verbunden ist.
Ob ein solches Projekt rechtzeitig fertiggestellt würde, damit auch Magdalena Martullo-Blocher davon profitiert, ist allerdings fraglich. Vonseiten der Parlamentsdienste heisst es zum zeitlichen Horizont lediglich: «Die Verwaltungsdelegation initiierte die entsprechenden Vorabklärungen und ist in diese involviert. Bisher sind keine weitergehenden Entscheide gefällt worden.» (aargauerzeitung.ch)
Kameras könnten nur zu bestimmten Zeiten erlaubt werden und schwups, ruhige Arbeitsplätze.
In Ruhe telefonieren kann ich übrigens auch nicht am Arbeitsplatz. Wenn ich nicht will, dass meine Kollegen mitbekommen, dass ich privat telefoniere, muss ich auch in ein Sitzungszimmer.
Grossraumbüros sind ja in Mode! Da hat man den Austausch, die Geselligkeit, den Überblick. Am besten, ihr baut 20% der Pulte im Parlament ab. Sind eh nie alle da, dann kann man den Platz auch sparen und anders nutzen.
Grüssli aus der Privatwirtschaft.
Dann gibt es noch weitere 2 Arbeitsplätze annkleinen Pulten für 6-8 Personen, 4 Meter von den Patienten entfernt, aber im selben Raum, wo auch gegessen wird wenn “Pause” ist, begleitet von allen natürlichen Vorgängen der Patienten. Die Alarme und Monitore nicht zu vergessen.
Nix mit Eichenparkett! 😂