Wo aus Leben Überleben wird – das sind die ärmsten Länder der Welt

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Die 10 ärmsten Länder der Welt liegen allesamt in Afrika.Bild: keystone

Wo aus Leben Überleben wird – das sind die ärmsten Länder der Welt

Je nach Definition leben zwischen 700 Millionen und 1,1 Milliarden Menschen auf der Welt in Armut. Am stärksten betroffen sind Länder in Subsahara-Afrika – die ärmsten Länder der Welt befinden sich allesamt in dieser Region.
21.12.2023, 10:5821.12.2023, 13:08
Philipp Reich
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Zu einem Leben in Würde gehören gesunde Nahrungsmittel, eine angemessene Wohnung, Gesundheit, Bildung und ein angemessenes Einkommen. Aber rund einem Fünftel aller Menschen in der Welt fehlen laut dem «UN Development Programme» diese sicheren Lebensgrundlagen – sie sind arm und kämpfen deshalb täglich ums Überleben. Vor allem Kinder, Frauen und Männer in Südasien und Subsahara-Afrika sind betroffen.

Doch welches sind die ärmsten Länder der Welt? Armut zu messen ist schwierig, jeder empfindet sie anders: Hunger, Krankheiten oder Angst sind schwer messbar. Darum gibt es international akzeptierte Kriterien, die dabei helfen, zu erfassen, was Armut ist und wer als arm gilt.

Definition von Armut
Der Entwicklungsausschuss der OECD versteht unter Armut die Unfähigkeit, menschliche Grundbedürfnisse zu befriedigen. Zu diesen Bedürfnissen gehören vor allem der Konsum und die Sicherheit von Nahrungsmitteln, Gesundheitsversorgung, Bildung, Ausübung von Rechten, Mitsprache, Sicherheit und Würde sowie menschenwürdige Arbeit.

Als absolute Armut ist dabei ein Zustand definiert, in dem sich ein Mensch die Befriedigung seiner wirtschaftlichen und sozialen Grundbedürfnisse nicht leisten kann. Relative Armut beschreibt Armut im Verhältnis zum jeweiligen gesellschaftlichen Umfeld eines Menschen.

Armutsquote

Nach der Definition der Weltbank⁠ leben Menschen in absoluter Armut, wenn sie weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag zur Verfügung haben. Bei diesem Ansatz wird die Kaufkraft des US-Dollars in lokale Kaufkraft umgerechnet. Das heisst, dass extrem arme Menschen nicht in der Lage sind, sich täglich die Menge an Gütern zu kaufen, die in den USA 2,15 US-Dollar kosten würden.

Die 2,15-Dollar-Grenze wird als finanzielles Minimum angesehen, das eine Person zum Überleben braucht. Demnach leben im Jahr 2023 schätzungsweise 647 Millionen Menschen in absoluter Armut, also rund 8,4 Prozent der Weltbevölkerung. Durch die Umrechnung in lokale Kaufkraft können die Armutsquoten international verglichen werden und so die ärmsten Länder der Welt bestimmt werden.

Die ärmsten Länder nach Armutsquote:

  1. Madagaskar – 75,2 Prozent in absoluter Armut
  2. Somalia – 70,7 Prozent in absoluter Armut
  3. Malawi – 70,1 Prozent in absoluter Armut
  4. Demokratische Republik Kongo – 69,7 Prozent in absoluter Armut
  5. Südsudan – 67,3 Prozent in absoluter Armut
  6. Burundi – 65,1 Prozent in absoluter Armut
  7. Mosambik – 64,6 Prozent in absoluter Armut
  8. Zentralafrikanische Republik – 61,9 Prozent in absoluter Armut
  9. Sambia – 61,4 Prozent in absoluter Armut
  10. Ruanda – 52,0 Prozent in absoluter Armut

An der Spitze des Rankings steht der afrikanische Inselstaat Madagaskar. Der Anteil der Bevölkerung, der in akuter Armut lebt, betrug 2022 mehr als 75 Prozent. Mit seiner jungen Bevölkerung, der riesigen Artenvielfalt, den dichten Wäldern, dem fruchtbaren Agrarland sowie touristischen Vorzügen wie eine der längsten Küstenlinien Afrikas verfügt Madagaskar eigentlich über ein hervorragendes Wachstumspotenzial. Dennoch ging das Pro-Kopf-Einkommen seit der Unabhängigkeit im Jahr 1960 um rund 45 Prozent zurück.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Den Grossteil des wirtschaftlichen Einkommens macht die Landwirtschaft aus, die durch extreme Naturkatastrophen wie Wirbelstürme und Dürren immer stärker gefährdet wird. Gleichzeitig ist die politische Lage seit einem Militärputsch im Jahr 2009 extrem instabil: Dauerhafte politische Spannungen führen immer wieder zu Protesten, die oftmals gewaltsam von der korrupten Regierung niedergeschlagen werden.

Die Folgen: Mehr als 40 Prozent der Menschen können sich nicht ausreichend mit Nahrung versorgen, unter den Kleinkindern (bis fünf Jahre) ist fast jedes zweite chronisch mangelernährt. Fast die Hälfte der Bevölkerung hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, nur zehn Prozent verfügen über eine gesicherte Sanitärversorgung. Auch die Bildungssituation ist katastrophal. Rund 1,5 Millionen Kinder gehen nicht zur Schule, fast die Hälfte aller Schüler bricht die Grundschule vorzeitig ab.

BIP pro Kopf

Auch im Ranking des Internationalen Währungsfonds IWF, das auf dem Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf, also der Summe aller Einkünfte, die im Inland pro Einwohner erwirtschaftet werden, beruht, gehört Madagaskar zu den 10 ärmsten Länder der Welt. Allerdings gelten hier neun Staaten als noch ärmer.

Grund für Madagaskars Verbesserung ist, dass das BIP pro Kopf zwar als hervorragender Indikator für den materiellen Wohlstand in einem Land gilt, es jedoch nichts über die Verteilung des Wohlstands aussagt. Heisst: In einem Land mit relativ hohem BIP kann der Lebensstandard vieler Menschen trotzdem gering sein.

Die ärmsten Länder nach BIP pro Kopf:

  1. Südsudan – 475,8 Dollar
  2. Burundi – 890,2 Dollar
  3. Zentralafrika – 1109,2 Dollar
  4. Demokratische Republik Kongo – 1509,6 Dollar
  5. Niger – 1579,1 Dollar
  6. Mosambik – 1584,5 Dollar
  7. Malawi – 1668,3 Dollar
  8. Liberia – 1789,1 Dollar
  9. Tschad – 1806,6 Dollar
  10. Madagaskar – 1906,6 Dollar

Das ärmste Land im BIP-Ranking des IWF ist aktuell der Südsüdan. Das ostafrikanische Land wurde 2011 unabhängig und gilt als jüngster Staat der Welt. 2013 brach ein Bürgerkrieg aus, der bis 2018 anhielt. Bis heute kommt es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Gemäss UNO-Flüchtlingshilfe sind bis heute 4,5 Millionen Menschen auf der Flucht, viele davon im eigenen Land.

Laut Schätzungen der UNICEF sind rund 7,8 Millionen Menschen akut von Hunger bedroht, das sind zwei Drittel der gesamten Bevölkerung. Wegen hoher Nahrungsmittelpreise, Naturkatastrophen wie Dürren und Überschwemmungen, fehlender Infrastruktur sowie anhaltender Gewalt sind die meisten Menschen auf Nothilfe angewiesen.

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43 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Uhu-ciao
21.12.2023 11:20registriert August 2022
Armutsquote in Russland, Belarus, Ukraine und Kasachstan tiefer als in Spanien, Italien, Schweden und Österreich? Da werden die Zahlen wohl einfach unterschiedlich frisiert.
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my_comment
21.12.2023 12:59registriert März 2018
Wie es Kongo in beiden Kategorien in schlechtesten Länder schafft, ist bei deren Reichtum an Rohstoffen aller Art fast unmöglich, leider aber Realität.
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Krasse Siech
21.12.2023 13:04registriert Dezember 2023
Wähle seit jeher SP, muss aber sagen: Die massiven Probleme in F und B kommen daher, dass die seit rund 50 Jahren fast ausschließlich Immigration aus solchen Ländern hatten, etwa im Ggs. Zu D. Erst seit wenigen Jahren trauen sich einige in F auch, dies auszusprechen...
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