Zu einem Leben in Würde gehören gesunde Nahrungsmittel, eine angemessene Wohnung, Gesundheit, Bildung und ein angemessenes Einkommen. Aber rund einem Fünftel aller Menschen in der Welt fehlen laut dem «UN Development Programme» diese sicheren Lebensgrundlagen – sie sind arm und kämpfen deshalb täglich ums Überleben. Vor allem Kinder, Frauen und Männer in Südasien und Subsahara-Afrika sind betroffen.
Doch welches sind die ärmsten Länder der Welt? Armut zu messen ist schwierig, jeder empfindet sie anders: Hunger, Krankheiten oder Angst sind schwer messbar. Darum gibt es international akzeptierte Kriterien, die dabei helfen, zu erfassen, was Armut ist und wer als arm gilt.
Nach der Definition der Weltbank leben Menschen in absoluter Armut, wenn sie weniger als 2,15 US-Dollar pro Tag zur Verfügung haben. Bei diesem Ansatz wird die Kaufkraft des US-Dollars in lokale Kaufkraft umgerechnet. Das heisst, dass extrem arme Menschen nicht in der Lage sind, sich täglich die Menge an Gütern zu kaufen, die in den USA 2,15 US-Dollar kosten würden.
Die 2,15-Dollar-Grenze wird als finanzielles Minimum angesehen, das eine Person zum Überleben braucht. Demnach leben im Jahr 2023 schätzungsweise 647 Millionen Menschen in absoluter Armut, also rund 8,4 Prozent der Weltbevölkerung. Durch die Umrechnung in lokale Kaufkraft können die Armutsquoten international verglichen werden und so die ärmsten Länder der Welt bestimmt werden.
An der Spitze des Rankings steht der afrikanische Inselstaat Madagaskar. Der Anteil der Bevölkerung, der in akuter Armut lebt, betrug 2022 mehr als 75 Prozent. Mit seiner jungen Bevölkerung, der riesigen Artenvielfalt, den dichten Wäldern, dem fruchtbaren Agrarland sowie touristischen Vorzügen wie eine der längsten Küstenlinien Afrikas verfügt Madagaskar eigentlich über ein hervorragendes Wachstumspotenzial. Dennoch ging das Pro-Kopf-Einkommen seit der Unabhängigkeit im Jahr 1960 um rund 45 Prozent zurück.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Den Grossteil des wirtschaftlichen Einkommens macht die Landwirtschaft aus, die durch extreme Naturkatastrophen wie Wirbelstürme und Dürren immer stärker gefährdet wird. Gleichzeitig ist die politische Lage seit einem Militärputsch im Jahr 2009 extrem instabil: Dauerhafte politische Spannungen führen immer wieder zu Protesten, die oftmals gewaltsam von der korrupten Regierung niedergeschlagen werden.
Die Folgen: Mehr als 40 Prozent der Menschen können sich nicht ausreichend mit Nahrung versorgen, unter den Kleinkindern (bis fünf Jahre) ist fast jedes zweite chronisch mangelernährt. Fast die Hälfte der Bevölkerung hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, nur zehn Prozent verfügen über eine gesicherte Sanitärversorgung. Auch die Bildungssituation ist katastrophal. Rund 1,5 Millionen Kinder gehen nicht zur Schule, fast die Hälfte aller Schüler bricht die Grundschule vorzeitig ab.
Auch im Ranking des Internationalen Währungsfonds IWF, das auf dem Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf, also der Summe aller Einkünfte, die im Inland pro Einwohner erwirtschaftet werden, beruht, gehört Madagaskar zu den 10 ärmsten Länder der Welt. Allerdings gelten hier neun Staaten als noch ärmer.
Grund für Madagaskars Verbesserung ist, dass das BIP pro Kopf zwar als hervorragender Indikator für den materiellen Wohlstand in einem Land gilt, es jedoch nichts über die Verteilung des Wohlstands aussagt. Heisst: In einem Land mit relativ hohem BIP kann der Lebensstandard vieler Menschen trotzdem gering sein.
Das ärmste Land im BIP-Ranking des IWF ist aktuell der Südsüdan. Das ostafrikanische Land wurde 2011 unabhängig und gilt als jüngster Staat der Welt. 2013 brach ein Bürgerkrieg aus, der bis 2018 anhielt. Bis heute kommt es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Gemäss UNO-Flüchtlingshilfe sind bis heute 4,5 Millionen Menschen auf der Flucht, viele davon im eigenen Land.
Laut Schätzungen der UNICEF sind rund 7,8 Millionen Menschen akut von Hunger bedroht, das sind zwei Drittel der gesamten Bevölkerung. Wegen hoher Nahrungsmittelpreise, Naturkatastrophen wie Dürren und Überschwemmungen, fehlender Infrastruktur sowie anhaltender Gewalt sind die meisten Menschen auf Nothilfe angewiesen.