Nahrungsmittel: Das Schweizer Volk will kein Verbot der Nahrungsmittelspekulation

Nahrungsmittel: Das Schweizer Volk will kein Verbot der Nahrungsmittelspekulation

28.02.2016, 15:36

Die Initiative gegen die Nahrungsmittelspekulation ist am Ständemehr gescheitert. Einzig die Kantone Basel-Stadt und Jura stimmten dem Begehren der Jungsozialisten zu - allerdings knapp mit je rund 50.5 Prozent.

Der Ja-Stimmenanteil lag weit verbreitet zwischen 30 und 40 Prozent. Deutlich fiel die Abfuhr in den Kantonen Nid- und Obwalden, in Zug, Schwyz und Appenzell Innerrhoden aus. Gewissen Sympathien bewiesen die Neuenburger, Schaffhauser, Aargauer und Solothurner, wo der Ja-Stimmenanteil bei etwas über 40 Prozent lag.

Den Initianten gelang es in der letzten Phase vor der Abstimmung nicht, ihr Thema in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. Das dürfte vor allem mit den anderen Vorlagen zu tun haben: Im Abstimmungskampf dominierten die Debatten zu Durchsetzungsinitiative, Gotthard und Heiratsstrafe. Die Urheber der Spekulationsstopp-Initiative hatten in diesem Kontext einen schweren Stand.

Marktmacht beschränken

Mit dem Nein ist das Thema indes nicht vom Tisch. Die Regulierungspläne in anderen Ländern haben den Bundesrat und das Parlament dazu bewogen, Vorkehrungen zu treffen. Eine Klausel im neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetz gibt dem Bundesrat die Kompetenz, Positionslimiten für Warenderivate einzuführen - eine Obergrenze für die Anzahl solcher Finanzinstrumenten, die ein einzelner Marktakteur halten darf.

Allerdings ist offen, ob und wann der Bundesrat von der Kompetenz Gebrauch macht. Er wolle sich an der internationalen Entwicklung orientieren, sagte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann im Vorfeld der Abstimmung. In der Pipeline ist ausserdem die Konzernverantwortungsinitiative der Hilfswerke. Sie will Konzerne mit Sitz in der Schweiz zur weltweiten Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltschutzstandards verpflichten.

Gegen den Hunger

Hinter der Spekulationsstopp-Initiative standen die JungsozialistInnen (JUSO), SP, Grüne, Hilfswerke und Bauernorganisationen. Sie wollten nicht nur die Macht einzelner Akteure beschränken, sondern spekulative Finanzgeschäfte verbieten, die sich auf Agrarrohstoffe oder Nahrungsmittel beziehen.

Auslöser war die Finanzkrise, die dazu führte, dass Akteure auf solche Geschäfte auswichen. Gleichzeitig stiegen die Preise mancher Nahrungsmittel stark an. Die Initianten sehen einen Zusammenhang. Sie gehen davon aus, dass die Spekulation zu steigenden Nahrungsmittelpreisen führt und damit zum Hunger auf der Welt beiträgt.

JUSO-Präsident Fabian Molina verlangt denn auch, dass die Positionslimiten im neuen Finanzmarktinfrastrukturgesetz aktiviert werden. «Wir nehmen die Gegner jetzt beim Wort.» Zudem fordert er, die Entwicklungshilfe nicht zu kürzen. «Eine Kürzung wäre ein Hohn», sagte Molina.

Gegner erleichtert

Urs Reinhard von der Föderation Schweizerische Nahrungsmittel-Industrien begrüsst das Nein der Schweizer Stimmbevölkerung. Es sei unklar gewesen, ob die Initiative überhaupt einen positiven Einfluss auf den Welthunger gehabt hätte, sagte Reinhard auf Anfrage. «Für die Unternehmen hätte sie aber einen hohen Aufwand und viele Unsicherheiten mit sich gebracht.»

Als Grund für das klare Resultat sieht er einer einerseits die erfolgreiche Gegenkampagne. «Den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern hat wohl eingeleuchtet, dass die Verknüpfung von Spekulation als Grund für den Welthunger zu kurz greift». Zudem dürfte das isolierte Vorgehen der Schweiz in dieser Thematik nicht als sinnvoll gewertet worden sein. (sda)

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