Der Islamische Staat (IS) ist nach Angaben aus Kreisen, die der Terrormiliz nahestehen, für den Anschlag in Nizza verantwortlich. Der Attentäter sei «ein Soldat des IS» gewesen, verbreitete die IS-Propaganda-Agentur Amak am Samstag im Internet.
Der Angriff sei eine Folge des IS-Aufrufs, Bürger der Länder der internationalen Koalition anzugreifen, die in Syrien und im Irak gegen die Extremisten kämpft, hiess es. Zu der Koalition gehören neben Frankreich unter anderem die USA, Grossbritannien und Italien. Die Echtheit der Erklärung liess sich nicht unabhängig überprüfen.
Dagegen hatten die französischen Behörden zunächst keine Hinweise darauf, dass der 31 Jahre alte Attentäter Mohamed Lahouaiej-Bouhlel in Verbindung mit Islamisten stand.
Der Tunesier war während des Feuerwerks zum Nationalfeiertag der Franzosen mit einem Laster in die Menschenmenge gerast. Mindestens 84 Menschen starben, über 200 wurden verletzt. 16 Todesopfer konnten bislang nicht identifiziert werden.
Beim Anschlag kamen auch zahlreiche Ausländer ums Leben, darunter auch zwei Schweizer Staatsangehörige; eine Frau und ein Kind. Das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) steht laut eigenen Angaben mit den Angehörigen in Kontakt. Ob sich weitere Schweizer unter den Opfern befänden, werde abgeklärt. Bei der EDA-Helpline seien zahlreiche Suchmeldungen eingegangen.
Vier Festnahmen
In Frankreich suchten die Ermittler nach möglichen Hintermännern der Bluttat. Vier Männer aus dem näheren Umfeld des Attentäters wurden zur Vernehmung festgenommen. Auch die Ex-Frau des Tunesiers wird verhört. Erkenntnisse zu einer möglichen Komplizenschaft gibt es bisher nicht.
Präsident François Hollande beriet mit seinem Sicherheitskabinett. In ganz Frankreich begann am Samstag eine dreitägige Staatstrauer. Am Montagmittag sollte es eine Schweigeminute geben.
Premierminister Manuel Valls hatte sich am Freitag überzeugt gezeigt, dass der von der Polizei erschossene Attentäter ein organisierter Islamist gewesen war, auch wenn die Ermittlungen dies noch nicht bestätigt hätten. «Das ist ein Terrorist, der ohne Zweifel auf die eine oder andere Weise mit dem radikalen Islamismus verbunden war.»
Innenminister Bernard Cazeneuve verneinte dagegen die Frage, ob man Lahouaiej-Bouhlel Verbindungen zum radikalen Islam nachweisen könne. Den französischen Geheimdiensten war er nicht als Gefährder bekannt. Justizminister Jean-Jacques Urvoas sagte am Samstag dem Sender RTL, nichts in den Polizeiakten des Täters habe auf den Anschlag schliessen lassen. Bisher war Lahouaiej-Bouhlel nur als Kleinkrimineller aufgefallen.
Täter offenbar psychisch krank
Der Täter war am 14. Juli mit einem Lastwagen auf dem Strandboulevard Promenade des Anglais in eine Menschenmenge gerast und erst nach zwei Kilometern von der Polizei gestoppt und erschossen worden. Er lebte nach Angaben der Staatsanwaltschaft seit vielen Jahren in Nizza.
Nach Angaben seiner Familie war er schon vor seiner Bluttat gewalttätig gewesen. Mit Religion habe sein Sohn nichts zu tun gehabt, sagte der Vater des 31-Jährigen der Nachrichtenagentur AFP in der Stadt Msaken im Osten Tunesiens. «Er hat nicht gebetet, er hat nicht gefastet, er hat Alkohol und sogar Drogen genommen», sagte Mohamed Mondher Lahouaiej-Bouhlel.
Sein Sohn habe von 2002 bis 2004 «Probleme» gehabt, die zu einem «Nervenzusammenbruch» geführt hätten. Er sei dann «wütend» geworden, habe geschrien und Sachen kaputt gemacht, berichtete der Vater. Ein Arzt habe ihm Medikamente gegen Depressionen verschrieben. Seine Familie sei «entsetzt» über die Geschehnisse in Nizza, fügte er hinzu. (sda/dpa/afp)