Premierministerin May kämpft um ihr Austrittsabkommen

Premierministerin May kämpft um ihr Austrittsabkommen

14.11.2018, 19:4414.11.2018, 19:44

Die britische Regierung hat am Mittwoch bis in den Abend hinein über den umstrittenen Entwurf des Brexit-Abkommens beraten. Ob sie das Abkommen annimmt, ist vollkommen offen.

Denn einige britische Minister sollen «grosse Vorbehalte» gegen den Entwurf haben. Medien spekulierten gar über mögliche Rücktritte. Am Donnerstag will May im Parlament eine Erklärung zur Kabinettsberatung über den Entwurf für den Brexit-Vertrag geben.

Für May könnten Rücktritte von Ministern gefährlich werden - vor allem, wenn wichtige Kabinettsmitglieder wie Handelsminister Liam Fox oder Brexit-Minister Dominic Raab abspringen sollten. Doch auch ein Rücktritt von Arbeitsministerin Esther McVey oder Entwicklungshilfeministerin Penny Mordaunt wären ein Rückschlag für die Regierungschefin.

May, die von einem Endspiel spricht, hatte ihren Kabinettsmitgliedern bereits am Dienstagabend einen kurzen Einblick in das etwa 500 Seiten starke Brexit-Dokument gewährt. Einer nach dem anderen betrat Mays Amtssitz in der Downing Street, wurde empfangen und trat nach einer halben Stunde mit betretener Miene wieder heraus.

Die Irland-Frage

Umstritten an dem Entwurfsdokument dürfte vor allem die Passage zur Lösung der Irland-Frage sein. Dabei geht es darum, wie Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland nach dem Brexit verhindert werden können.

Was die Unterhändler im Detail dazu vereinbart haben, war zunächst nicht bekannt. Doch die Brexit-Hardliner in Mays Konservativer Partei und auch die Abgeordneten der nordirischen DUP, auf deren Stimmen Mays Minderheitsregierung angewiesen ist, liefen sofort dagegen Sturm.

Soweit bekannt ist, dass die EU darauf pocht, schon jetzt eine Notfallregelung - im Fachjargon «Backstop» genannt - festzulegen, falls die Verhandlungen zwischen Brüssel und London zu keinem Ergebnis führen. Dank des «Backstops» sollen Probleme an der Grenze zwischen Irland und Nordirland verhindert werden.

Der nun ausgehandelte Kompromiss sieht Medienberichten zufolge vor, dass ganz Grossbritannien im Notfall in der Zollunion der EU bleiben soll. Für Nordirland sollen demnach aber «tiefergehende» Bestimmungen gelten.

EU-Staaten werden informiert

Zeitgleich mit dem britischen Kabinett tagten in Brüssel die Botschafter der 27 verbliebenen EU-Staaten und liessen sich von der EU-Kommission über den Verhandlungsstand informieren. Details waren keine zu erfahren.

Öffentlich sagte ein Kommissionssprecher lediglich, dass sich die Brexit-Unterhändler auf «die Elemente» eines Austrittsabkommens geeinigt hätten. Er wollte mit Blick auf den «laufenden Prozess» aber keine Einzelheiten nennen. Die Botschafter-Sitzung endete gegen 19 Uhr.

Wie angespannt die Stimmung in Brüssel war, zeigt sich daran, dass die 27 Botschafter und ihre Teams vor der Sitzung unter österreichischem Vorsitz ihre Handys abgeben mussten.

Nächste Hürde Parlament

Falls der erzielte Kompromiss im britischen Kabinett durchkommt, wartet jedoch bereits die nächste Hürde. Denn im Parlament in London dürfte der Entwurf des Brexit-Abkommens nur schwer durchzusetzen sein.

Die Brexit-Hardliner bei den Konservativen fordern, dass der «Backstop» nur für eine begrenzte Zeit gelten dürfe. Die DUP sträubt sich gegen jegliche Sonderbehandlung Nordirlands. Beide drohen damit, das Abkommen durchfallen zu lassen.

Zu allem Übel kündigten am Mittwoch auch noch die schottischen Abgeordneten in Mays Konservativer Regierung Widerstand an, sollte Grossbritannien nicht die alleinige Entscheidung über die Fischfangrechte in seinen Küstengewässer zurückerhalten. Und auf Unterstützung aus der Opposition darf May kaum hoffen.

Sollte der Kompromiss im Parlament in Westminster keine Mehrheit finden, droht ein Austritt ohne Abkommen - mit schweren Folgen für alle Lebensbereiche. Zuerst würde ein solches Szenario aber wohl das Ende der Regierung May bedeuten. Auch eine Neuwahl oder ein zweites Brexit-Referendum werden für diesen Fall nicht ausgeschlossen. Grossbritannien wird die Staatengemeinschaft am 29. März 2019 verlassen. (sda/dpa/reu/apa)

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