Nach der Erstürmung des mazedonischen Parlaments am Donnerstag in Skopje sind die ersten sechs Personen festgenommen worden. Unter ihnen sei auch ein hoher Geheimdienstmitarbeiter, berichtete der TV-Sender Alsat M am Sonntag in der Hauptstadt.
Das Innenministerium veröffentlichte die Fahndung nach insgesamt 15 Personen, die als Angreifer und Drahtzieher der Gewalt ausgemacht worden seien. Bei dem Sturm waren 109 Menschen verletzt worden, darunter drei Abgeordnete.
Anhänger des bisherigen Regierungschefs Nikola Gruevski wollten verhindern, dass die neue Mehrheit mit den bisher oppositionellen Sozialdemokraten mithilfe von Parteien der albanischen Minderheit eine Regierung bildet.
Das Innenministerium hatte die Polizei beschuldigt, auf Anweisung der Gruevski-Partei VMRO zu spät eingegriffen zu haben. Den Mob hatten einige maskierte und zum Teil bewaffnete Männer angeführt, was als Verbindung zum Geheimdienst gedeutet worden war.
Regierungsbildung geht weiter
Trotz der Gewalt im Parlament treibt der bisherige Oppositionsführer Zoran Zaev die Bildung einer neuen Regierung voran. Die Regierung werde «in nächster Zeit in Einklang mit Gesetz und Verfassung» gewählt, erklärte der Parteichef der sozialdemokratischen SDSM am Sonntag.
Auch die Wahl des neuen Parlamentspräsidenten Talat Xhaferi sei rechtmässig gewesen. Nach der Wahl des albanisch-mazedonischen Politikers waren am Donnerstagabend die Demonstranten in das Parlamentsgebäude eingedrungen. Bei den Ausschreitungen wurden mehr als hundert Menschen verletzt, darunter auch Zaev und weitere Abgeordnete.
Mazedonien ist seit 2015 durch eine politische Krise gelähmt. Auch vorgezogene Parlamentswahlen im Dezember brachten keinen Ausweg. Präsident Gjorge Ivanov weigert sich seitdem, Zaev ein Mandat zur Regierungsbildung zu erteilen, obwohl dieser mit den albanischen Abgeordneten eine Mehrheit im Parlament hätte.
Die Parlamentswahl hatte die rechtskonservative VMRO-DPMNE von Ex-Regierungschef Nikola Gruevski knapp gewonnen. Dieser hatte aber keine Mehrheit zustande gebracht.
Gegenseitige Schuldzuweisungen
Für den Gewaltausbruch im Parlament gaben sich die rivalisierenden Parteien gegenseitig die Schuld. Anhänger der VMRO-DPMNE gehen in Skopje schon seit Wochen täglich gegen eine Koalition der SDSM mit den Parteien der albanischen Minderheit auf die Strasse.
Sie sehen darin eine Gefahr für die Einheit Mazedoniens und sperren sich vor allem dagegen, Albanisch als weitere Amtssprache einzuführen. 20 bis 25 Prozent der rund 2.1 Millionen Einwohner Mazedoniens gehören der albanischen Minderheit in dem Balkanland an.
Die EU und die USA hatten den Gewaltausbruch im Parlament scharf verurteilt. Das deutsche Auswärtige Amt bezeichnete Xhaferi als verfassungsgemäss gewählten Parlamentspräsidenten. Am Sonntag wurde der US-Diplomat Hoyt Brian Yee in Skopje erwartet, der in dem Konflikt vermitteln will. (sda/afp/dpa)