Neue Studie zeigt, wer von der Abschaffung des Eigenmietwerts wirklich profitiert
Am 28. September entscheidet die Bevölkerung, ob der Eigenmietwert abgeschafft wird oder nicht. Wohneigentümer sollen künftig weder für ihr selbst bewohntes Wohneigentum noch für Zweitwohnungen einen Eigenmietwert versteuern müssen. Im Gegenzug fallen die meisten Abzugsmöglichkeiten für Schuldzinsen sowie Renovierungen weg.
Den Kantonen wird zusätzlich die Möglichkeit eingeräumt, eine Objektsteuer auf Zweitwohnungen einzuführen, um die Steuerausfälle zumindest teilweise auffangen zu können (siehe Box).
Auch wenn erste Umfragen einen Vorsprung des Ja-Lagers zeigten, dürfte das Rennen knapp werden. Kontrovers diskutiert wird die Frage, wer von der Vorlage profitiert – und wer verliert.
Unbestritten ist: Beim aktuellen Hypothekarzinsniveau führt die Reform zu Steuerausfällen. Der durchschnittliche Hypothekarzinssatz in der Schweiz beträgt derzeit 1,37 Prozent. Für ein Zinsniveau von 1,5 Prozent schätzt die Eidgenössische Steuerverwaltung die Steuerausfälle auf knapp 1.8 Milliarden Franken; 400 Millionen Franken beim Bund, 1.38 Milliarden bei Kantonen und Gemeinden. Steigt das Zinsniveau über drei Prozent, ist die Reform selbsttragend oder sorgt gar für Mehreinnahmen.
Das volkswirtschaftliche Beratungsbüro BSS hat nun im Auftrag der SP Schweiz und gestützt auf Daten der Steuerverwaltung ausgerechnet, wer von der Reform profitieren und wer draufzahlen würde
«Hilft nur einer kleinen, privilegierten Schicht»
Die Studie geht von der Prämisse aus, dass die mit der Reform einhergehenden Mindereinnahmen durch Steuererhöhungen oder Einsparungen bei staatlichen Leistungen kompensiert würden. Sie rechnet mit einem Referenzzins von 2 Prozent.
Kurzfazit der Erhebung: Nur ein Drittel der Bevölkerung profitiert, zwei Drittel verlieren. Während alle Mieter sowie ein Viertel der Hauseigentümer verlieren, profitieren drei Viertel der Wohneigentümer. Überdurchschnittlich häufig zu den Verlierern zählen die Jungen, überdurchschnittlich häufig zu den Gewinnern zählen vermögende ältere Wohneigentümer. Laut Studie ist der Anteil der Personen, die durch die Reform verlieren, in allen Altersgruppen grösser als jener, die gewinnen. Bei den Jüngeren ist er aber überproportional grösser (siehe Grafik).
«Die Mittelklasse muss diese Vorlage bezahlen. Das zeigt diese Studie unmissverständlich», sagt SP-Co-Präsident Cédric Wermuth. Sie belege, wovor die SP schon lange warne: «Diese Reform hilft am meisten jenen, die sich heute überhaupt noch grosse Häuser und Villen leisten können.»
Dabei würden die Wohneigentümer laut Wermuth bereits heute jährlich mit rund zwei Milliarden Franken subventioniert: einerseits durch den steuerlich begünstigten Vorbezug aus der 2. und 3. Säule, andererseits beim Eigenmietwert, der im Vergleich zur Marktmiete deutlich zu tief angesetzt sei. Es sei falsch, den Eigenmietwert abzuschaffen, der gegenüber den Mietenden immerhin für einen gewissen Ausgleich sorge.
Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld mit möglichen Negativzinsen werde die Abschaffung des Eigenmietwerts über viele Jahre für Einnahmeausfälle in zweistelliger Milliardenhöhe sorgen. Bei Bund und Kantonen drohten Kürzungen, aber es sei vor allem mit Steuererhöhungen zu rechnen. «Das ist aus diversen Kantonen bereits bekannt geworden,» sagt Wermuth:
«Absurde und ungerechte Steuer gehört abgeschafft»
Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller, Vizepräsidentin des Hauseigentümerverbands, widerspricht: Direkt sei der weitaus grösste Teil der Mietenden nicht betroffen. Ob und wie hoch die Steuerausfälle seien, hänge von der Zinsentwicklung ab.
Die von der SP finanzierte Studie unterschlage zudem die zu erwartenden Mehreinnahmen der Kantone durch die Zweitwohnungssteuern sowie die Mehreinnahmen bei Mehrwert- und Gewinnsteuer:
Natürlich falle eine Steuererleichterung bei Leuten mit hohem Einkommen höher aus, da diese Personen überproportional viel Steuern bezahlen, sagt die Thurgauerin. Doch am stärksten unter der Eigenmietwertbesteuerung litten Rentnerinnen und Rentner, bei denen dieses fiktive Einkommen im Verhältnis zur Rente «sehr hoch und kaum tragbar» sei.
«Eine absurde, ungerechte Steuer auf einem fiktiven Eigenmietwert gehört abgeschafft», findet Häberli-Koller. Sie bestrafe jene, die für ein Eigenheim sparen und ihre Schulden abzahlen, zudem fördere der Eigenmietwert die Verschuldung: «Das ist aus volkswirtschaftlicher Sicht falsch und gefährlich.» (aargauerzeitung.ch)
