Die Ehrung von Roman Polanski hätte ein Coup des 67. Filmfestivals von Locarno werden sollen, endete aber mit einem Eclat. Nach Protesten von Lokalpolitikern sagte der Starregisseur seinen Besuch im Tessin ab. Die NZZ am Sonntag bringt in der Affäre ein brisantes Detail ans Licht: Polanski selber hat das Festival hofiert.
Er hat Marco Solari im November 2012 im Zentrum Paul Klee kennengelernt, an einer Ehrung von Ursula Andress. «Polanski hat drei Minuten lang in höchsten Tönen vom unserem Festival geschwärmt», erklärt Marco Solari der «NZZ am Sonntag», «da habe ich ihm gesagt, er solle doch mal nach Locarno kommen.» Kurz vor dem diesjährigen Festival wurde Solari vom polnischen Botschafter in der Schweiz kontaktiert. «Er sagte mir, Polanski wäre bereit, in Locarno eine Masterclass zu halten.» Darauf hat der künstlerische Direktor Polanski offiziell eingeladen.
Um dem Auftritt einen würdigen Rahmen zu geben, erfand Locarno extra einen neuen Preis, einen weissen Leoparden für den «Master of Cinema». Dieser hätte Polanski am Donnerstag überreicht werden sollen. Da der Regisseur keinen neuen Film hatte, liess sich Locarno dazu überreden, auf der Piazza Grande Polanskis «La Vénus à la fourrure» von 2013 zu zeigen. Inzwischen gibt Solari den Fehler zu. «Ich habe zwar eine richtige politische und juristische Evaluation gemacht, aber völlig unterschätzt, welche Emotionen Polanskis Vergangenheit im Tessin auslöst. Der Entrüstungssturm hatte die eruptive Wucht eines Vulkanausbruches.»