«Unser Land hat einen islamistischen Terroranschlag erlitten», sagte Staatspräsident Emmanuel Macron am Abend in Paris. 16 Menschen wurden nach Angaben von Macron verletzt. Nach stundenlangem Drama erschoss die Polizei den Täter, der sich in einem Supermarkt verschanzt hatte.
Bei seiner Attacke in dem Supermarkt des kleinen Orts Trèbes habe der 25-Jährige «Gott ist gross» auf Arabisch gerufen, sagte der französische Anti-Terror-Staatsanwalt François Molins am Abend. Der IS reklamierte die Tat über sein Sprachrohr Amak für sich.
Als Held wurde in Frankreich ein Polizist gefeiert, der sich in dem Supermarkt freiwillig gegen Geiseln eintauschen liess. Er wurde später vom Täter schwer verletzt und ringt mit dem Tod. «Er hat Leben gerettet», sagte Macron.
Die Pariser Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung ein, wegen Mordes und versuchten Mordes im Zusammenhang mit Terrorismus sowie wegen Freiheitsberaubung. Die Behörde ist zentral für alle Terrorfälle im Land zuständig.
Vor der Geiselnahme im 5500-Einwohner-Ort Trèbes brachte der Täter nach Angaben von Innenminister Gérard Collomb zunächst ein Auto in seine Gewalt. Einer der Insassen sei dabei getötet, der andere schwer verletzt worden.
Etwas später schoss er mehrfach auf Bereitschaftspolizisten, die gerade vom Joggen zu ihrer Kaserne zurückkamen - ein Beamter wurde an der Schulter verletzt.
Danach fuhr der Angreifer nach Trèbes, wo er im Supermarkt zwei Menschen erschoss und Geiseln nahm. «Niemand hätte je gedacht, dass es hier einen Anschlag geben könnte», sagte Collomb über den Ort.
Die Polizei riegelte das Gelände ab, Schüler mussten in ihren Schulen bleiben, Spezialkräfte rückten an. Laut Zeugenaussagen konnten zahlreiche Menschen aus dem Supermarkt fliehen, in dem sich anfangs rund 50 Personen befanden.
Nach einer Verhandlung konnten die Geiseln im Austausch gegen einen Polizisten gehen, wie Molins berichtete. Der Beamte habe sein Telefon mit einer offenen Verbindung auf einem Tisch liegen lassen, sagte Innenminister Collomb. So hätten die Einsatzkräfte hören können, was sich im Supermarkt abspielte. Als Schüsse fielen, seien sie eingeschritten.
Die französischen Behörden hatten den Supermarkt-Angreifer, der wegen Waffenbesitz und Drogenkonsums vorbestraft war, schon früher wegen mutmasslicher Radikalisierung unter die Lupe genommen. Der Mann habe seit 2014 wegen Verbindungen zur salafistischen Bewegung in einer Datenbank gestanden, sagte Ermittler Molins.
Eine Überwachung habe 2016 und 2017 aber keine Anzeichen erbracht, die hätten vermuten lassen, dass der Mann zu einer Terror-Tat schreiten könnte. Macron sagte, die Ermittlungen müssten nun klären, wann und wie der Angreifer sich radikalisiert habe. Eine Frau aus dem Umfeld des 25-Jährigen wurde in Polizeigewahrsam genommen.
Das IS-Sprachrohr Amak meldete, der Mann habe auf Aufrufe reagiert, die «Staaten der Koalition» anzugreifen. Damit ist das internationale Bündnis gemeint, das unter US-Führung in Syrien und im Irak den IS bekämpft. Die Echtheit der Mitteilung liess sich zunächst nicht bestätigen. Sie wurde aber über die üblichen IS-Kanäle verbreitet.
Molins sagte, der Geiselnehmer habe die Freilassung von «Brüdern» gefordert. Die Sender BFMTV und France 2 hatten zuvor ohne klare Quelle gemeldet, der Mann habe die Befreiung des Terrorverdächtigen Salah Abdeslam gefordert - einen Namen nannte Molins aber nicht. Abdeslam soll zu einer Zelle der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) gehören, die die schweren Anschläge in Paris im November 2015 und in Brüssel im März 2016 verübte.
Frankreich war in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel islamistischer Anschläge. Vor allem die Attacken von Paris 2015 und Nizza 2016 hatten das Land schwer erschüttert - der neue Vorfall weckte auch Erinnerungen an die Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt in Paris vor gut drei Jahren.
In den vergangenen Monaten war es aber ruhig geblieben, auch wenn die Behörden regelmässig vor einer anhaltend hohen Gefahr warnen. Zuletzt hatte im Oktober ein Angreifer in Marseille zwei Frauen erstochen, auch dabei hatte der IS die Tat für sich reklamiert. (sda/dpa)