Im Wahlkampf hat Donald Trump versprochen, etwas gegen das notorische amerikanische Handelsdefizit zu tun. Jetzt will der US-Präsident offenbar Ernst machen. Der Juli soll ein «made in America»-Monat werden. Das bedeutet, dass die schon lange erwarteten protektionistischen Massnahmen bekanntgegeben werden.
Im Visier der Amerikaner steht vor allem billiger Stahl aus China, aber auch aus Japan und Europa. Trumps Handelsexperten wollen auf Stahl einen massiven Strafzoll erheben – man spricht von 30 Prozent – mit der Begründung, es gehe darum, die einheimische Waffenindustrie zu schützen. Eine windige Ausrede: Gerade mal drei Prozent des amerikanischen Stahlverbrauchs werden für Kanonen und Panzer gebraucht.
Gegen die protektionistischen Pläne des Weissen Hauses wird internationaler Protest laut. Am klarsten hat sich nun Angela Merkel dagegen ausgesprochen. «Wer immer auch denkt, er könne die Probleme der Welt mit Protektionismus lösen, der leidet unter einer Fehleinschätzung», erklärte die Kanzlerin am Donnerstag vor dem Bundestag. Sie erwähnte Trump nicht namentlich, doch es war offensichtlich, dass sie ihn gemeint hat.
Auch bei der EU nimmt man Trumps Drohungen ernst. Handelskommissarin Cecilia Malmstöm erklärt dazu: «Wir müssten überprüfen, ob die von den USA ergriffenen Massnahmen in Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation sind – und sollten wir betroffen sein, werden wir uns Gegenmassnahmen überlegen.»
Strafzölle oder Importquoten für Stahl könnten so den Auftakt eines weltweiten Handelskrieges bilden. Ein solcher könnte auch die Schweiz empfindlich treffen. Das zeigt eine soeben veröffentlichte Studie von Ralph Ossa, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Zürich.
Ossa weist nach, dass die Gewinne aus dem internationalen Handel noch grösser sind als bisher angenommen. Das gilt ganz speziell für die kleine und offene Schweizer Volkswirtschaft. Sollte es zum schlimmstmöglichen Szenario kommen, einem weltweiten Handelskrieg mit Strafzöllen von 60 Prozent – so hoch waren sie in den Dreissigerjahren –, dann würden die realen Einkommen in der Schweiz durchschnittlich 14 Prozent sinken.
Dieses Szenario ist zum Glück eher unwahrscheinlich. Doch auch ein Handelskrieg zwischen der EU und den USA – und das ist nicht mehr so unwahrscheinlich – würde die Schweiz betreffen. Die realen Einkommen würden dann durchschnittlich ein Prozent sinken. Wenn sich die USA und China in die Haare geraten, hätte dies kaum Auswirkungen auf uns.
Die fatale Wirkung von Protektionismus und Handelskriegen kennt man bereits aus den Dreissigerjahren. Lange war es undenkbar, dass die wirtschaftspolitischen Fehler dieser Zeit wiederholt werden könnten. «Trump belehrt uns mit seinen Drohungen eines Besseren», so Professor Ossa.