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Diese Schweizer Firma kämpft mit 50 Prozent höheren Transportkosten

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Der Suezkanal ist eine der wichtigsten Handelsstrassen der Welt. Doch viele Reedereien meiden ihn aktuell.Bild: www.imago-images.de

Krise im Roten Meer: Diese Schweizer Firma kämpft mit 50 Prozent höheren Transportkosten

Schweizer Firmen, die in Asien produzieren, sind von längeren Lieferzeiten und höheren Kosten betroffen. Setzen die Betriebe deshalb wieder mehr auf lokale Produktion?
09.05.2024, 23:41
Ann-Kathrin Amstutz / ch media
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Über ein halbes Jahr ist es her, seit die jemenitischen Huthi-Rebellen im Roten Meer ihre erste Attacke auf ein Frachtschiff verübten. Seither haben sie Dutzende Schiffe attackiert, und ein Ende der Gefahr ist nicht abzusehen. Vielmehr drohen die Huthi-Rebellen nun sogar damit, auch Handelsschiffe im Mittelmeer anzugreifen.

Die Reederei Maersk geht davon aus, dass die Krise im Roten Meer mindestens bis Ende Jahr anhalten wird. Es heisst also, sich damit zu arrangieren. Das müssen nicht nur die Reedereien und Logistikfirmen, sondern auch Schweizer Industriebetriebe. Längst sind viele von ihnen über ihre Lieferketten von globalen Unwägbarkeiten betroffen, selbst wenn sie - zumindest teilweise - in der Schweiz produzieren.

Tobias Gerfin, CEO von Kuhn Rikon. Die Firma beschäftigt rund 230 Mitarbeitende, 140 davon im zürcherischen Rikon.
Tobias Gerfin, CEO von Kuhn Rikon. Die Firma beschäftigt rund 230 Mitarbeitende, 140 davon im zürcherischen Rikon.Bild: keystone

So etwa der Pfannen- und Kochutensilien-Hersteller Kuhn Rikon. Rund die Hälfte seiner Produkte, zum Teil Komponenten und Halbfabrikate wie Pfannengriffe, werden von Asien nach Europa transportiert. Heisst: Sie müssten eigentlich durch den Suezkanal passieren.

«Jede Art von Transportbehinderung in dieser Region verursacht uns Probleme», sagt Kuhn-Rikon-Chef Tobias Gerfin gegenüber CH Media. Viele Reedereien meiden das Rote Meer und lassen ihre Frachter einen Umweg um den afrikanischen Kontinent fahren. Für Kuhn Rikon bedeutet das: Die in China produzierten Pfannen sind eine bis zwei Wochen länger unterwegs.

Aktuell keine Preiserhöhung geplant

Das wirkt sich vor allem auf die Transportkosten aus. Laut Gerfin liegen diese um rund 50 Prozent höher als vor Ausbruch der Krise im Roten Meer. «Das ist ein markanter Anstieg.»

Werden die Kuhn-Rikon-Pfannen nun teurer? «Im Moment schlucken wir die höheren Kosten selbst», sagt Gerfin. Man versuche, dies über eine bessere Produktivität zu absorbieren. «Doch wenn die Margen längerfristig unter Druck geraten, müssen wir das irgendwann weitergeben.» Aktuell sei aber keine Preiserhöhung geplant.

Es sieht laut dem Kuhn-Rikon-Chef auch weniger dramatisch aus als in der Pandemiezeit. Damals hätten sich die Transportkosten verdoppelt bis verdreifacht. Auch die Kapazitäten seien deutlich besser als in den Coronajahren, als es zu wenig Transportmöglichkeiten gab. Das sei nun kein Thema: «Wir müssen die Verzögerung einplanen und schauen, dass wir genügend grosse Lager haben, aber grundsätzlich haben wir die Situation unter Kontrolle.»

Die Probleme im Roten Meer sind laut Gerfin jedoch nicht das einzige Hindernis in der Lieferkette. Hinzu kämen beispielsweise niedrige Wasserstände im Rhein oder, wie im vergangenen Jahr, im Panamakanal.

Läge es da nicht nahe, die Produktion nach Europa zurückzuverlegen? «Wir überlegen schon lange, wie wir die Abhängigkeit von Asien reduzieren können», erklärt der CEO. Doch in vielerlei Hinsicht sei das «mehr Wunschdenken als Realität». Etwa wegen des Arbeitskräftemangels, der Europa erfasst habe. Zudem seien die Produkte aus China nicht nur günstiger, auch deren Qualität und der Service der Firmen seien besser. «Es war ein Weg bis hierhin, aber heute sind wir sehr zufrieden mit der Qualität.»

Dank lokaler Lieferketten kaum tangiert

Möglichst lokal zu produzieren und zu verkaufen, scheint ein wirksames Rezept zu sein. So macht es etwa das Metallverarbeitungsunternehmen Fischer Reinach mit Sitz in Reinach AG. Verwaltungsratspräsident Peter Fischer erklärt auf Anfrage: «Am Anfang hat auch bei uns Aufregung geherrscht. Doch zum Glück hat uns die Krise bisher nicht gross tangiert.»

Peter Fischer, Verwaltungsratspräsident von Fischer Reinach.
Peter Fischer, Verwaltungsratspräsident von Fischer Reinach.Bild: zvg/Hannes Kirchhof

Das Geschäft ist mit 95 Prozent zwar stark von Exporten abhängig. Der Grossteil geht aber in die EU und ist damit nicht den Wirrungen des Seehandels unterworfen. Auch den Stahl für ihre Produkte bezieht Fischer Reinach hauptsächlich aus Werken in Italien, Frankreich und Deutschland. «Wir versuchen, möglichst regional zu beschaffen und uns in Europa zu diversifizieren», sagt Fischer, dessen Unternehmen in der Schweiz und Deutschland rund 380 Mitarbeitende beschäftigt. Dadurch könne man globalen Lieferkettenproblemen eher ausweichen.

Doch das funktioniert nicht für alle Firmen. Wie der Industrieverband Swissmem auf Anfrage schreibt, könne eine lokale Beschaffung «in Einzelfällen» vorteilhaft sein. Es sei aber kein breites Phänomen in der Schweizer Tech-Industrie: «Oft ist es entweder zu teuer oder die erforderlichen Kompetenzen sind lokal gar nicht mehr vorhanden.»

Zur Krise im Roten Meer heisst es vom Verband, die Lieferzeiten hätten sich zwar neu eingependelt. Aber die höheren Transportkosten blieben bestehen und könnten «nicht immer auf die Kunden überwälzt» werden. Je länger die Situation andauere, desto länger bleibe die Zusatzbelastung bestehen.

Überlastete Häfen, überfüllte Lager

Die Verschiebung vieler Güter auf den Umweg um das Kap der Guten Hoffnung zieht einen Rattenschwanz an Folgen nach sich. Das zeigt sich nun etwa in den europäischen Häfen am westlichen Mittelmeer. Diese warnen vor Verstopfung und überfüllten Lagerplätzen, wie die «Financial Times» berichtet.

Denn die Schiffe, die Südafrika umfahren haben, kommen nun auf der westlichen Seite des Mittelmeers an. Sie setzen ihre Container etwa im spanischen Algeciras oder im marokkanischen Tanger ab. Von dort aus werden die Waren im Kurzstrecken-Zubringerverkehr zu anderen südeuropäischen Terminals befördert.

Vor den kritischen Häfen kommt es laut der «Financial Times» jedoch öfter zu Wartezeiten - ein Zeichen, dass die Häfen zunehmend überlastet sind. So erklärte etwa ein Vertreter des Containerterminals in Tanger, das Lager sei im laufenden Jahr durchgehend fast vollständig ausgelastet gewesen.

Insgesamt führt die Krise laut Maersk zu geringeren Frachtkapazitäten. Für das zweite Quartal rechnet der Reederei-Riese mit einem branchenweiten Verlust an Frachtkapazitäten von 15 bis 20 Prozent zwischen Asien und Europa.

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chill Dude
10.05.2024 04:13registriert März 2020
Ein 40 Fuss Container kostet zur Zeit, von China nach Europa ca. 4000 $.
Da haben sicher einige Pfannen Platz, was einen höheren Verkaufspreis kaum rechtfertigen würde.
Im Januar 22 kostete die selbe Strecke 14000$.
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RAZORBACK
10.05.2024 06:18registriert Februar 2017
"Die in China produzierten Pfannen sind eine bis zwei Wochen länger unterwegs."

Zuerst nur die Pfannengriffe aber auch ganze Pfannen werden auch in China produziert? Was jetzt? 🤷🙄
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Raketenwissenschaftler
10.05.2024 07:21registriert Januar 2023
In einen 40 Fuss Container dürften so ca 70000 Pfannengriffe passen. Der Normalpreis für einen Container ist 2000 USD, jetzt ist er halt 4000. Macht pro Griff also 2 - 3 Rappen mehr. Sorry, aber das rechtfertigt keine Preiserhöhung.
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