Damit darf dein Chef ohne Weiteres im nahen und auch im etwas ferneren Ausland nach neuen Mitarbeitern suchen. Nur wenn er in einem der wenigen Berufsfelder, das von einer überdurchschnittlich hohen Arbeitslosigkeit betroffen ist, Arbeitskräfte sucht, muss er die offene Stelle erst dem RAV melden.
Sucht dein Chef einen neuen Mitarbeiter, muss er wegen des gesetzlich verankerten Inländervorrangs erst einmal prüfen, ob es für die offene Stelle geeignete Arbeitnehmer aus dem Inland gibt. Als inländischer Arbeitnehmer gilt unabhängig vom Pass grundsätzlich auch, wer in der Schweiz über eine Niederlassungsbewilligung oder eine andere Bewilligung, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt, verfügt.
Angehörige eines EU/EFTA-Staates sind auf dem Arbeitsmarkt den Inländern grundsätzlich ebenfalls gleichgestellt. Eine Differenzierung zwischen Schweizer Staatsangehörigen und Angehörigen eines EU/EFTA-Staates ist auf dem Arbeitsmarkt nicht zulässig, da das Freizügigkeitsabkommen die Gleichbehandlung vorschreibt. Mit zwei Ausnahmen: Kroatische Staatsangehörige sind seit Anfang 2022 von der so genannten Ventilklausel betroffen, für sie gilt ein jährliches Kontingent. Zudem kann die öffentliche Verwaltung für ihre Arbeitnehmer auf einem Schweizer Pass beharren, wenn die Stelle die «Ausübung hoheitlicher Befugnisse umfasst und der Wahrung der allgemeinen Interessen des Staates dient».
Der Inländervorrang gilt dann nicht, wenn der ausländische Arbeitnehmer über einen Schweizer Hochschulabschluss verfügt und seine Erwerbstätigkeit von «hohem wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Interesse ist». Dieser Akademiker darf sich bis zu sechs Monate nach seinem Hochschulabschluss in der Schweiz aufhalten, um hier eine Stelle zu finden. Die Hürden dafür sind aber in der Praxis hoch. So verneinte das Bundesgericht den Anspruch eines indischen Doktoranden auf Arbeitslosentaggeld. Der Wissenschafter hat zwar fünf Jahre in die Arbeitslosenkasse eingezahlt, er sei aber auch «nach abgeschlossener Ausbildung mit Erlangung der Doktorwürde nicht vermittelbar, da ihm eine gültige Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung für eine andere Tätigkeit fehle».
Aktuell diskutieren Bundesrat und Parlament darüber, die Zulassungserleichterung für hochqualifizierte, in der Schweiz ausgebildete Arbeitnehmer zu flexibilisieren und namentlich die Hürden für den Nachweis des «hohen wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Interesses» zu senken. Wie das genau geschehen soll, ist noch offen: Das Parlament hat die Vorlage in der Herbstsession an den Bundesrat zurückgewiesen, da dessen Vorschlag der angenommenen Masseneinwanderungsinitative widerspricht und damit verfassungswidrig ist.
Auf die Masseneinwanderungsinitiative zurück geht auch die Stellenmeldepflicht. Sucht der Chef einen Arbeitnehmer in einer Berufsart mit hoher Arbeitslosigkeit – es gilt ein Schwellenwert von 5 Prozent – muss er den Job dem Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) melden. Das Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) hat die Liste der meldepflichtigen Berufsarten Ende November aktualisiert. 2024 werden noch 3.2 Prozent der Erwerbstätigen in meldepflichtigen Berufsarten arbeiten, betroffen sind etwa Schauspieler oder Hilfsarbeitskräfte.
Nur die Mitarbeitenden des RAV und die beim RAV registrierten Stellensuchenden haben Zugriff auf die gemeldeten Stellen. Entscheidend ist dabei, ob die stellensuchende Person beim RAV gemeldet ist, keine Rolle spielen deren Nationalität oder im Falle von Grenzgängern deren Wohnsitz. Frühestens fünf Tage nach der Meldung darf die Arbeitgeberin dann die Stelle anderweitig ausschreiben. Hat sie im Anmeldeprozess das entsprechende Feld angeklickt, wird die Stelle nach dem Ablauf der fünf Tage automatisch auch auf der Plattform Eures, der Vermittlungsplattform der EU, veröffentlicht.
Stellt eine Arbeitgeberin eine nicht beim RAV gemeldete Person aus einem EU/EFTA-Land direkt an, ohne die Stelle vorgängig dem RAV gemeldet zu haben, bleibt der Arbeitsvertrag gültig. Der Arbeitgeberin droht aber eine Busse bis zu 40'000 Franken.