Während sich in Australien 3.4 Personen einen Quadratkilometer teilen, leben in der Schweiz etwa 212 Personen auf derselben Fläche. Das ist eng und bereits ein Ast, der vom nachbarlichen in den eigenen Garten ragt, kann zu viel des Guten sein. So dürfen denn die Kantone auch Vorschriften erlassen, wie nah an deinem Grundstück der Nachbar Büsche und Bäume pflanzen darf.
Hat der Nachbar diese Abstandsvorschriften nicht eingehalten, darfst du als Eigentümerin einen Rückschnitt verlangen. Je nach kantonalem Recht kannst du dies auch dann fordern, wenn du die üppige Vegetation während Jahrzehnten geduldet hast, wie eine Eigentümerin eines Grundstücks im Kanton Thurgau erfahren musste. Bis vor Bundesgericht kämpfte sie für ihre 30-jährigen Bäume und Sträucher. Vergeblich, auf höchstrichterliches Geheiss musste sie die Bäume auf eigene Kosten zurückschneiden.
Als Mieter kannst du übrigens nichts direkt fordern, sondern du musst dich an deine Vermieterin wenden.
Halten sich die nachbarlichen Bäume und Sträucher an die Abstandsvorschriften und stören sie nicht übermässig, musst du sie akzeptieren. Dies grundsätzlich auch, wenn dein Rasen deswegen voller Blätter und Blüten ist. Allerdings bestimmt das Zivilgesetzbuch, dass dich die Bäume und Sträucher deines Nachbarn nicht in deinem Eigentum schädigen dürfen. Du musst es beispielsweise nicht akzeptieren, wenn dein Garten wegen der nachbarlichen Bepflanzung vollständig im Schatten liegt. Dasselbe gilt, wenn die Bäume deines Nachbarn fleissig Wurzeln bis in deinen Garten schlagen und du deswegen auf deinem Grundstück lauter Stolperfallen hast.
In diesem Fall darfst du deinem Nachbarn eine angemessene Frist setzen, innert welcher er die schädigenden Äste schneiden oder Wurzeln kappen muss. Lässt er diese Frist ungenutzt verstreichen, kannst du vor Gericht verlangen, dass der Nachbar den Rückschnitt auf seine Kosten vornimmt.
Du darfst die Sache nach Ablauf der Frist auch selbst in die Hand nehmen, musst dann die Kosten aber selbst tragen. Bevor du nun die Motorsäge allzu enthusiastisch anwirfst: Wie das Bundesgericht präzisiert, darfst du Bäume und Büsche nicht unverhältnismässig oder zwecklos schädigen oder gar zerstören. Tust du das gleichwohl, riskierst du eine Strafe wegen Sachbeschädigung. Ebenfalls strafbar machen kannst du dich, wenn du einen Ast abschneidest im Wissen, dass du damit ein Vogelnest vernichtest oder sonst das Brutgeschäft störst.
Bei einem Obstbaum überlegst du dir auch ausserhalb der Brutzeit vielleicht zwei Mal, ob du wirklich nicht mit dem fremden Ast leben kannst. Denn in einigen Kantonen der Rückschnitt von fruchttragenden Bäumen zusätzlich reguliert.
Zudem gehören die Äpfel oder andere Früchte, die an auf dein Grundstück ragenden Ästen hängen, dir. Ausser, du wohnst in den Kantonen Appenzell Innerrhoden oder Neuenburg: Hier verbleibt das Eigentum an den Früchten der Eigentümerin des Baumes, auch wenn sich der Ast über dein Grundstück biegt. In Neuenburg darfst du aber immerhin diejenigen Früchte behalten, die auf dein Grundstück fallen.
Manchmal fragt man sich schon, wie gewisse Gesetze entstanden sind.