Edvin Uncorked
29.11.2019, 13:1229.11.2019, 16:06
Madelyne Meyer
Dank meinem Werdegang im Weingeschäft durfte ich schon ein paar ganz bizarre Weingüter beziehungsweise Weingegenden besuchen. Auch unspektakulär flache Regionen wie Bordeaux, die es aber wieder mit sensationellen Weingütern wettmachen, waren darunter. Die verrücktesten Entdeckungen, ob von mir persönlich besucht oder nicht, will ich euch nicht länger vorenthalten.
Denn was gibt es Schöneres, als neue Weinregionen zu entdecken? Während des Weintrinkens?
Für alle, die auch einen Hang zu Genuss, Architektur und Geografie haben, habe ich eine Liste mit den wahnsinnigsten Weingütern zusammengestellt.
Los Bermejos
Wie auf einem anderen Stern: Weingut Los Bermejos auf Lanzarote.Bild: Losbermejos Wer in der Schweiz an die Kanarischen Inseln denkt, dem kommt oft gleich «Sommer, Sonnenschein & Saufeeeeen» in den Sinn. Mir auch. Ehrenwort. Niemals hätte ich gedacht, dass ich hier die abartigste Reberziehung entdecken würde. Die Reben des Weingutes Los Bermejos auf Lanzarote sitzen in Vulkanasche-Mulden. Füdlenormal.
Vulkanasche gibt null Nährstoffe her, deswegen werden grosse Mulden gegraben, um die Wurzeln in nährstoffreichere Erde zu pflanzen. Weil Vulkanasche das seltene Regenwasser in dieser Sauhitze absorbiert, das Wasser am Abfliessen hindert und die Feuchtigkeit im Boden behält. Schlussendlich werden noch Steinmauern um die Mulden gebaut, um sie vor Passatwinden zu schützen. Wieso dieser Aufwand? Weil sie mit lokalen Trauben wortwörtlich einzigartige straffe und robuste Weiss- und Rotweine produzieren können.
Bruma
Auf meiner Bucketlist ganz zuoberst steht «Bruma Valle de Guadalupe» in Mexiko. Der Architekt Alejandro D'Acosta hat inmitten einer Wüste ein Weingut aus rezykliertem Glas, Holzlamellen und Lehm gebaut. Ein Garten trägt dazu bei, dass sich die Struktur des Gebäudes in die Umgebung einfügt.
Hier kann man nicht nur Wein verkosten, sondern auch mit Blick auf die Weinberge übernachten und bei David Castro Hussong, dem ehemaligen Leiter des Eleven Madison Park in New York, essen. Wein ist ein Naturspektakel, so soll er auch zelebriert werden. Falls der Wein nicht gut sein wird, verfügen sie bestimmt über einen soliden Tequila.
Francis Ford Coppola Winery
Was passiert, wenn einer der grössten Filmproduzenten der Geschichte ein Weingut eröffnet? Ein Disneyland für Erwachsene entsteht. Francis Ford Coppola, der Schöpfer von «Der Pate» und «Apocalypse Now», baute seinen herrschaftlichen Schrein für seinen Wein und seine Filme im Norden von Sonoma, Kalifornien. Seine Weine sind voll, schwer und schmecken nach dunklen Beeren und Schokolade. Wer gerne Schwarzwäldertorten trinkt, ist hier an der richtigen Stelle.
Chateau Mihope
Dass in China Wein produziert wird, ist keine Neuigkeit mehr. Interessanter ist die rasante Entwicklung der Weinbaugebiete. Vor allem die Provinz Ningxia haut viele aus den Socken. Aussergewöhnliches Terroir sorgt für echt gute Rotweine (mehrheitlich Cabernet Sauvignon und Merlot). In der «NZZ am Sonntag» stand sogar, dass Ningxia dereinst Bordeaux ablösen werde.
Mit kleinen Schritten geben sich die chinesischen Winzer nicht zufrieden. Ein perfektes Beispiel ist das Chateau Mihope in Ningxia, welches 2016 eröffnet wurde und 25 Millionen Euro kostete. Ganz nach dem Motto «Go Big or Go Home». Mr. Smart, der australische Weinberater von Chateau Mihope, sieht hier grosses Potenzial. Er meint, dass die Gegend in 30 Jahren für ausgezeichnete Qualität bekannt sein werde.
Nino Negri
Was dem Wallis ähnelt, ist eigentlich das Veltlin. Steiler als Gott erlaubt, ragen hier einzelne Rebzeilen auf Trockensteinmauern in den Himmel hinauf. Genau hier stiess die Afrikanische Platte vor Jahrtausenden mit der europäischen Platte zusammen, was dazu führte, dass der Boden aus unzähligen Bodentypen besteht, was wiederum zu sehr unterschiedlichen Weinen führt (so, fertig abgenerdet).
Hier im Veltlin stellen nur ein paar Dutzend Produzenten Wein her. Keine Überraschung, denn wer um Himmels willen tut sich diese Knochenarbeit freiwillig an. Immer mit direktem Blick in den Abgrund. Harte Arbeit zahlt sich aber aus, denn die Weine von Nino Negri sind voller Charakter (präsente Säure, reife Tannine, würzig).
Les Vignerons Parisiens
Im «Le Marais», dem Pariser Hipsterviertel par excellence, haben vier verrückte Männer von Grund auf einen Keller mit modernster Ausrüstung für die Weinherstellung untergebracht.
Zu viel Geld? Wahrscheinlich. Nur zum Spass? Sicherlich.
Trotzdem kaufen sie Trauben von hoher Qualität ein – anhand der Regeln des ökologischen Rebbaus und vor allem der Biodynamik. Ihr Keller, Laden und Degustationsraum an der 55 Rue de Turbigo 75003 ist sicher ein Besuch wert. Denn die Weinwelt ist ernst genug. Gönn Dir!
Opus One
Falls Du Star-Trek-Fan bist, leidenschaftlich Bücher von Dan Brown liest oder fasziniert von House of Games bist, dann ist Opus One Dein Ding.
Die Opus One Winery ist ein Weingut in Napa Valley, Kalifornien, und wurde anfangs 80er Jahre von zweien der einflussreichsten und mächtigsten Familien der Weinwelt gegründet: Baron Philippe de Rothschild von Château Mouton Rothschild und Robert Mondavi.
Und dies mit Erfolg, denn in den 1990er Jahren mutierte der Opus-One-Wein in Europa und Asien zum absoluten kalifornischen Kultwein. Das Weingut per se erinnert mich an eine Mischung aus dem Star-Trek-Enterprise-Raumschiff und dem Pentagon. Und beim Eintreten hat man das Gefühl, gerade einer Sekte oder einem Kult beigetreten zu sein.
Monte di Grazia
Wer die Amalfi-Küste besucht, denkt nicht gleich an eine Weintour auf 700 Meter über Meer mit Wind aus drei Richtungen. Mehr an Bikini und Bellini in Richtung Shopping. Wenn man aber vom Strand her nach oben schaut, entdeckt man ab ca. 250 Metern Höhe Reben, die meistens im Pergola-Erziehungssystem angeordnet sind. Viele Reben hier sind zudem über 100 Jahre alt und tragen Trauben, von denen wir noch nie gehört haben; Rotweintrauben: Tintore di Tramonti, Piedirosso, Moscio, Sciascinoso, Olivella; Weissweintrauben: Pepella, Biancatenera und Ginestra.
Leider war ich in Amalfi zu beschäftigt, Keramikgeschirr zu finden, so dass ich nicht hochgeschaut habe und die Weinregion Tramonti verpasste. Um Feedback wird gebeten!
Chard Farm
Die neuseeländische Chard Farm befindet sich auf einer spektakulären Terrasse oberhalb des Kawarau-Flusses, zwischen rauen Klippen und majestätischen Weinbergen. Die Gegend ist schlicht atemberaubend. Das Gelände wurde 1860 von der Familie Chard besiedelt und bot einst den Bergleuten im Bezirk Nahrung. Heute erstreckt sich Chard Farm über fünf Weinberge in der Region Central Otago und gilt als Pionier in seiner Region.
Bodegas Ysios
Als ich das erste Mal dieses Weingut sah, dachte ich mir: «Gohts be euch?» Bodegas Ysios bringt Weinarchitektur auf ein anderes Level. Der Architekt Santiago Calatrava, halb Schweizer, halb Spanier, ist verantwortlich für dieses spektakuläre Gebäude, welches mich an eine Handorgel erinnert. Es wurde so konzipiert, dass es sich in die hügelige Landschaft der Sierra de Cantabria (Rioja Alavesa) integriert. Unter natürlicher Integration verstehe ich was anderes, denn auffälliger geht es gar nicht mehr. Die Weine von Bodegas Ysios kenne ich nicht, denn ich war auf einer Durchfahrt. Eure Meinungen sind gefragt!
So, liebe Weinfreunde. Ich hoffe, ihr konntet ganz viele, neue Weingüter und Regionen kennen lernen. Nun geht es darum, dass ihr auch die Weine dieser Güter entdeckt. In diesem Falle ...
Proscht zämme, Edvin.
Winter ist für mich einfach keine Salatzeit. Deshalb laufen meine Herdplatten auf Hochtouren. Wobei, inzwischen ist es meist nur noch eine – und zwar dank Essen aus einem Topf mal vier oder sechs. Oder zu Neudeutsch: Dank Meal-Prep-tauglichen One Pot Meals.
Auf einer Kochfaulheits-Skala von eins bis zehn schätze ich mich als sechs oder sieben ein. Ich schneide das Gemüse zwar noch selber klein und brate Zwiebeln an, aber wehe, das Köch braucht länger als 30 Minuten, bis es fertig ist. Ich habe auch meine vier, fünf Standardgerichte. Das spart Denkenergie.