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FragFrauFreitag

Liebste Kafi. Ich bekomme in ein paar Wochen ein Kind. Du hast mal geschrieben, man soll nicht zu viele Ratgeber lesen zum Thema Erziehung und ich will auf dich hören. 

Ein Kind hebt ab.
Ein Kind hebt ab.Bild:kafi freitag
FragFrauFreitag

Liebste Kafi. Ich bekomme in ein paar Wochen ein Kind. Du hast mal geschrieben, man soll nicht zu viele Ratgeber lesen zum Thema Erziehung und ich will auf dich hören. 

21.08.2015, 10:1724.08.2015, 19:17

Kannst du mir trotzdem bitte mit deiner tollen pragmatischen Art in Kürze sagen, auf was ich achten muss? Danke Danke!!! Deine Rosalie, 32

Kafi Freitag
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Liebe Rosalie 

Ich sag's ja! Die kürzesten Fragen sind immer die anspruchsvollsten! Aber ich werde gern etwas gefordert, in diesem Sinne; danke! Wenn es da draussen schon jemanden gibt, der wirklich auf mich hört, dann werde ich mir jetzt auch wirklich Mühe geben. Das mache ich zwar immer, aber heute noch ein klitzeklein wenig mehr. Nun denn.

Ein Kind, wie wunderbar! Meine herzliche Gratulation dazu, liebe Rosalie! Sie werden staunen, was an Gefühlen auf Sie zukommt. An Bindung und Beschützerinstinkten. Mich hat es vor 11 Jahren, als mein Sohn zur Welt kam, schier umgehauen. In der Zwischenzeit habe ich so einiges gelernt und das will ich gerne mit Ihnen teilen.

Ein Kind ist was ganz Neues, eigenes. Machen Sie darum nicht den Fehler, ihm Ihren Rucksack umzuhängen. Sie haben eine eigene Geschichte, haben eine eigene Erinnerung an Ihre Kindheit, eigene Erfahrungen gesammelt. Ich schreibe ganz bewusst dreimal eigene, es liegt nicht an der Begrenztheit meines Wortschatzes. Ich betone das mit Absicht, weil es IHRE Erfahrungen sind. Wenn Sie nun ein Kind aufziehen, so stülpen Sie diese nicht einfach drüber. Ich selbst war ein sehr gemobbtes Kind, mit einer eher traurigen Kindheit. Wenn mein Sohn heute mal traurig schaut, dann stehe ich mit einem Bein bereits in meiner eigenen Geschichte. Und handle nicht mehr wirklich adäquat. Wenn ich mir dessen bewusst bin, dann kann ich es zwar noch immer nicht ganz abstellen, doch besser damit umgehen. Ihr Kind hat es verdient, neu zu starten. Ohne den Ballast der Eltern. Seien Sie drum immer wachsam, wo sich Ihre Historie mit der des Kindes vermischt.

Ein Kind hat die Macht, Sie in den Wahnsinn zu treiben. Und sei es auch noch so klein. Das ist eine Tatsache und sie beginnt nicht erst mit der Pubertät Ihres Kindes. Gehen Sie ehrlich mit diesem Fakt um und umgeben Sie sich mit Menschen, die in dieser Beziehung ebenfalls aufrichtig sind. Als mich mein Sohn mit etwa 18 Monaten zum Wahnsinn trieb, weil er gefährlich an Gewicht verlor, aber jegliches Essen verweigerte, da hätte ich ihn am liebsten an die Wand getackert und ihn zu Bewusstsein geschüttelt. Gottlob war ich sozial genügend eingebunden und genug Herr meiner Sinne, dass ich es nicht getan habe. Schliesslich weiss ich nur zu gut, dass man ein Kind niemals schütteln darf. Der Wunsch war aber dennoch in mir und es hat mir geholfen eine Freundin zu haben, die mir gesagt hat, dass sie diese Emotion nachempfinden kann. In der Regel ist man von Leuten umgeben, die solche Gemütsbewegungen niemals zugeben würden und Ihnen damit das Gefühl geben, vollkommen irr zu sein. Also falls Sie jemals so fühlen: Sie sind nicht irr. Suchen Sie sich eine ehrliche Freundin, bei der Sie sich am Telefon abreagieren können, damit Sie nachher wieder in halbwegs normalem Zustand auf Ihr Kind zugehen können.

Ein Kind fordert alles. Wenn nicht noch mehr. Wenn es ein Ausbund an grenzenlosem Egoismus gibt, dann ist dies ein Kind. Und das muss auch so sein, sonst würde man es vermutlich auf einer Parkbank liegen lassen. Schauen Sie selber, wie weit Sie gehen wollen in Ihrer Aufopferung. Ich persönlich bin der Meinung, dass eine Mutter oder ein Vater kein verkapptes Clud-Med-Bespassungsprogramm sein sollten. Wenn Sie gerne Playmobil spielen, wunderbar. Wenn nicht, dann machen Sie es nicht dem Kind zuliebe. Kinder brauchen in erster Linie andere Kinder um sich herum. Erwachsene sind ein mässiger Ersatz für Spielkollegen. Darum kann der Aufenthalt in einer Krippe auch dann Sinn machen, wenn man diese eigentlich nicht bräuchte. Es tut dem Kind gut, sich unter anderen Gleichaltrigen behaupten zu müssen. Und es ist nur gesund, wenn das Kind mal einen Tag lang nicht im absoluten Fokus steht.

Diese Aufopferungsfrage müssen Sie sich grundsätzlich stellen. Sind nur Sie und der Vater fähig, Ihr Kind zu betreuen, oder kann das auch eine Grossmutter oder die 16-jährige Tochter der Nachbarin? Wollen Sie die nächsten Jahre jeden Abend Zuhause verbringen oder sich ab und an einen Babysitter leisten, damit Sie auch mal wieder was ohne das Kind machen können? Die meisten Paare geben sich dem Kind zuliebe vollkommen auf und staunen später, dass die Paarbeziehung flöten gegangen ist. Darum die direkte Frage: Profitiert Ihr Kind mehr von der exklusiven Rundumbetreuung der Eltern oder mehr davon, wenn die Eltern auch längerfristig eine glückliche Beziehung führen? Und dann noch einen Schritt weiter: Profitiert Ihr Kind mehr von der exklusiven Rundumbetreuung von Ihnen oder mehr davon, wenn Sie wieder in den Job einsteigen und einen erfüllten Tag haben?

Das sind alles Fragen, für die es kein Richtig und kein Falsch gibt. Eine Mutter muss nicht ausgeglichener sein, weil sie nebst der Mutterschaft noch andere Aufgaben hat. Aber falls dem so ist, sollte sie auch dazu stehen und sich dieses Recht einräumen. Denn wenn ich etwas gelernt habe, dann Folgendes:

Kinder danken einem später nicht dafür, was man alles nicht getan hat. Sie danken einem nicht für den Verzicht. Und das müssen Sie auch nicht. Sie müssen einem überhaupt für gar nichts danken. Aber umso wichtiger ist es, dass wir unsere Entscheidungen nicht ausschliesslich auf dem Rücken der Kinder fällen. Weil diese Verantwortung will und kann kein Kind tragen.

Lassen Sie sich nicht von Aussen diktieren, was eine gute Mutter ausmacht! Nehmen Sie Ihr eigenes Wertesystem als Masstab und nicht das Ihrer Freundinnen, Nachbarinnen oder Schwiegermutter. Sie werden in den nächsten Jahren mit vielen Meinungen und Auslegungen konfrontiert werden. Bleiben Sie dann immer ganz nah bei sich und Ihrer eigenen Einstellung.

So. Das ist es, was mir auf die Schnelle einfällt. Es sind keine sehr konkreten Erziehungstipps, ich weiss. Aber von diesen bekommen Sie an jedem Rand eines Sandkastens eh schon genug. Es sind die Themen, denen ich in meinem Coaching-Alltag am meisten begegne, wenn ich mit Müttern oder Paaren arbeite.

Ihnen wünsche ich alles Gute für Ihre Zukunft. Mit einem Kind beginnt eine spannende und aufregende Reise, die nicht immer nur geradeaus führt. Alles Liebe dafür!

 Ihre Kafi.  

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Kafi Freitag (40!) beantwortet auf ihrem Blog Frag Frau Freitag Alltagsfragen ihrer Leserschaft. Daneben ist sie Mitbegründerin einer neuen Plattform für Frauen: Tribute.



Im analogen Leben führt sie eine Praxis für prozessorientiertes Coaching (Freitag Coaching) und fotografiert leidenschaftlich gern. Sie lebt mit Ihrem 11 jährigen Sohn in Zürich.



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5 Kommentare
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Miicha
21.08.2015 10:43registriert März 2014
Super Antwort Kafi! Gerne möchte ich noch ergänzen, dass das Bauchgefühl beim eigenen Kind zu 99% stimmt, auch wenn alle was anderes sagen. Du wirst dein Kind am Besten kennen, somit werden dir Tipps von anderen Müttern im Bezug auf dein Eigenes nur mässig helfen. Viel Spass und Nerven :-)
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Es schneit! Darf ich zuhause bleiben?
Wer gestern überhaupt noch nachhause gekommen ist, fragte sich heute wohl nicht selten, ob er nicht besser gleich da geblieben wäre. Fragt sich das ein Schulkind, kann die Antwort durchaus ja sein. Fragt sich das ein Arbeitnehmer, ist die Antwort meist nein.

In der Schweiz herrscht auch bei Schneefall Schulpflicht. Eine Gemeinde darf deswegen nicht generell beschliessen, die Schule bei Schlechtwetter ausfallen zu lassen. Gleichzeitig ändert Schneefall aber auch nichts daran, dass die Kantone für den zumutbaren Schulweg verantwortlich sind. Wenn also der Schulweg zu gefährlich ist, müssen sie die Gefahr beseitigen. Da das bei zugeschneiten Strassen und drohenden Dachlawinen nicht auf die Schnelle möglich ist, kann die Schule Schulkinder dispensieren, sofern sie nicht gefahrlos zur Schule gehen können. Der Kanton Bern sieht dies gar ausdrücklich in seiner Absenzenverordnung für die Volksschule vor: Als entschuldigte Absenzen gelten auch «äusserst schwierige Schulwegverhältnisse infolge schlechter Witterung».

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