Liebe Paula
Ich bin ja bekanntlich ein Fan von kurzen Fragen, aber die hat es echt in sich! Glück ist das ganz grosse Thema. Alle interessieren sich dafür. Philosophen, Psychologen, Forscher, alle Frauenmagazine und nun auch noch Sie. Alle wollen glücklich sein und wissen dabei noch nicht mal, was Glück genau ist.
In Ihrer Frage nennen Sie Glück und Zufriedenheit in einem Atemzug. Dabei ist es nicht das Gleiche! Zufriedenheit ist etwas Längerfristiges als Glück. Es hat viel mit sich selber zu tun und mit seinen eigenen Bedürfnissen und Erwartungen. Zufrieden kann man nur dann sein, wenn man eine stabile positive Grundstimmung hat.
Glück hingegen ist etwas Flüchtigeres, was oft mit Erlebnissen oder zwischenmenschlichen Kontakten zu tun hat. Glück ist zwar intensiver als Zufriedenheit, aber dafür auch weniger nachhaltig. Die kürzeste Version dieser positiven Gefühle ist die Freude. Die ist fast immer von einem Geschehnis abhängig und dauert in der Regel nicht sehr lange an.
Wenn Sie mich nun nach dem Rezept für Glück fragen, obwohl Sie noch nicht mal ein Gefühl von Zufriedenheit haben, dann ist die Reihenfolge sicherlich ungünstig. Viel mehr Sinn macht es, wenn man an der eigenen Zufriedenheit anfängt zu arbeiten, denn für die ist man weniger von äusseren Umständen abhängig. Zufriedenheit erlebt man dann, wenn die eigenen Erwartungen und die Realität nicht allzu sehr voneinander abweichen. Wer sich selber immer Ziele setzt, die er in diesem Leben nicht mehr erreichen wird, kann kaum zufrieden sein. Allerdings führt konsequente Ziellosigkeit auch nicht zu Zufriedenheit, zu Glück schon gar nicht. Denn Glück ist ein Ausdruck von Selbstbestimmtheit und der eigenen Weiterentwicklung. Nur wer sich selber in irgendeiner Form verwirklichen kann, wird das Glück immer mal wieder als Begleiter an seiner Seite haben.
Viele Menschen haben das Gefühl, dass ihr persönliches Glück in einem eigenen Haus oder Garten liegt. Und wenn sie es dann haben, dann sind sie nonstop damit beschäftigt, zu optimieren, indem sie putzen und jäten ohne Ende. Ein gepflegtes Daheim oder ein hübsch bepflanzter Balkon kann auf jeden Fall eine Quelle für Zufriedenheit sein, aber nur dann, wenn man sich auch mal auf dem Sofa oder der Gartenliege ausstrecken kann, wenn nicht alles tipptopp gepützelt ist. Und das können die allerwenigsten Menschen! Die Meisten versuchen immer alles unter Kontrolle zu haben und merken gar nicht, dass sie dadurch nie in einen Augenblick der Ruhe und des Geniessens kommen.
Darum hat Zufriedenheit auch sehr viel mit Loslassen zu tun. Nur wer loslassen kann, erlebt Gelassenheit. Und Gelassenheit ist eine wichtige Voraussetzung für Zufriedenheit. Denn im Wort Zufriedenheit steckt Frieden und den erlebt nur, wer auch mal 5 Grad sein lassen kann. Im richtigen Moment etwas bescheiden sein und Demut spüren ob den eigenen Lebensumständen, oder aber für ein Ziel brennen und sich alles abverlangen dafür. Es ist – wie immer im Leben – alles eine Frage der gesunden Balance.
Fangen Sie an, weniger Anspruch an die eigene Perfektion zu haben und entwickeln Sie eine Wahrnehmung für das Schöne in Ihrem Leben. Es ist da, man muss sich nur die Zeit nehmen, es zu sehen und zu erkennen. Hören Sie auf, falschen Idealen nachzurennen, sondern nehmen Sie an, was ist. Damit meine ich nicht, dass man mit einem falschen Partner oder in einem falschen Job verharren soll. Aber vielleicht macht es Sinn, sich zum Beispiel mit der eigenen Figur anzufreunden, anstatt einem verschrobenen Bild im Kopf nachzurennen, dass man unter normalen Bedingungen sowieso nie erreichen wird.
Sich gern haben, wie man ist und sich dennoch laufend weiterentwickeln ist die Zauberformel. Dankbarkeit spüren und sich über das Glück von anderen mitfreuen. Wenn man das lebt, ist man zumindest unabhängig von äusseren Begebenheiten und damit in einer autarken Zufriedenheit. Und die ist ein sehr guter Nährboden für Glück.
Alles Liebe und viel Glück. Ihre Kafi.