Über dem Himmel Jerusalems, der heiligsten Stadt für Juden, Muslime und Christen, erhellte ein feuriger Leuchtstreifen nach dem anderen die Nacht, wie Videos zeigen. Iran übte Vergeltung gegen Israel für die Tötung von Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah und Hamas-Anführer Ismail Haniyeh.
180 Raketen soll der Iran nach Angaben des israelischen Militärs auf Israel abgefeuert haben, die meisten konnten abgefangen werden. Durch die Raketensplitter kam ein Palästinenser in Jericho im Westjordan ums Leben.
Der Iran spricht von 200 abgefeuerten Raketen, von denen «90 Prozent ihre Ziele» getroffen hätten.
Das iranische Mullah-Regime kommuniziert nicht nur andere Zahlen, auch in Bezug auf die eingesetzten Raketen gehen die Einschätzungen weit auseinander.
Iran behauptet, seine erst kürzlich präsentierte Hyperschallrakete Fattah-1 («Eroberer») erstmals eingesetzt zu haben. Die Rakete mit einer Geschwindigkeit von 13 bis 15 Mach (16'000 bis 18'500 Stundenkilometer) kann der Revolutionsgarde zufolge Ziele in bis zu 1400 Kilometer Entfernung erreichen. Das Staatsfernsehen feierte den Einsatz als «grossen Generationssprung» der Raketentechnologie.
Doch Militäranalysten äussern ihre Zweifel, dass der Iran die Hyperschallrakete auf Israel abfeuerte. «Israel ist mit den neuesten ballistischen Raketen angegriffen worden», sagt Trevor Ball, Spezialist der Kampfmittelbeseitigung, gegenüber CNN. Für den Iran stehe beim Einsatz der Hyperschallraketen viel auf dem Spiel, da Israel dadurch Einblick in die Technologie gewinnen könnte.
Gleichwohl stellt Iran für Israel waffentechnisch die grösste Bedrohung in der Region dar. Schätzungen zufolge verfügt die Revolutionsgarde über ein Arsenal von etwa 3000 ballistischen Raketen, die aufgrund ihrer Geschwindigkeit schwer abzufangen sind. Die Schätzung ist allerdings schon älter, die Zahl könnte durchaus höher sein.
Irans Regime hat im letzten Jahr stark aufgerüstet. Trotz Sanktionen unterstützt die Revolutionsgarde Milizen im gesamten Nahen Osten, die sich dem antiwestlichen und antiisraelischen Bündnis «Achse des Widerstands» angeschlossen haben. Die Achse reicht von schiitischen Milizen in Irak und Syrien über die Huthi-Rebellen im Jemen bis zur Hisbollah im Libanon.
Bei der Abwehr der abgefeuerten ballistischen Raketen ist nicht das bekannteste Abwehrsystem der israelischen Armee Iron Dome («Eiserne Kuppel») zum Einsatz gekommen, wie die israelische Raketenabwehrorganisation IMDO bekannt gab. Iron Dome werde vor allem bei Raketen aus kurzer Distanz unter 70 Kilometern eingesetzt, meist bei Raketen, welche die Hamas aus Gaza abfeuert.
Stattdessen sind die Langstreckensysteme Arrow 2 und Arrow 3 eingesetzt worden, die für die Bekämpfung von Langstreckenraketen entwickelt wurden. Die Systeme können ballistische Raketen bis zu einer Höhe von 100 Kilometern abfangen. Die Raketen, welche die Hisbollah auf Israel abwirft, werden meist mit einem dritten System abgewehrt, dem Mittelstreckensystem David's Sling.
Die Kosten einer Angriffsserie sind immens. Die Kosten eines einzelnen Iron-Dome-Abfanggeschosses belaufen sich auf 40'000 bis 50'000 US-Dollar. Wesentlich teurer ist das Arrow-System: Eine einzelne Rakete kostet Schätzungen zufolge um die 3 Millionen US-Dollar. David's-Sling-Raketen kosten pro Stück rund 1 Million Dollar.
Die Abwehr iranischer Drohnen und anderer Geschosse habe Israel insgesamt rund 1 Milliarde Dollar gekostet, schätzt die Nachrichtenagentur Reuters.
Die Produktionskosten einer ballistischen Rakete werden auf ungefähr 400'000 Dollar pro Stück geschätzt.