Es ist ganz einfach, sagt die Expertin. Man verbinde Laptop, Drucker und in meinem Fall Kaffeemaschine (welche ich zu meinen Homeoffice-Geräten zähle) mit einer Steckerleiste und schon wird der unerwünschte Standby-Verbrauch mit einem Klick verhindert. Das Problem: Die Steckerleiste ist schon einen Schritt zu weit gedacht. Der erste Schritt muss im Kopf stattfinden: die Bereitschaft, diesen Aus-Knopf überhaupt zu drücken.
Und da spielen sich in meinem Kopf schon so ganz furchtbare Mani-Matter-Zündhölzli-Szenen ab. Während ich verzweifelt auf das Aufwärmen der Kaffeemaschine warte, gehe ich zur Ablenkung in den Garten, dort schreie ich vor lauter Koffeinmangel die Nachbarskatze so laut an, dass sie auf die Strasse und vor ein Auto rennt, worauf der erzürnte, ebenfalls stromsparende und koffeinentzogene Nachbar mit dem nächstbesten Küchenmesser … ich sollte aufhören, beim Schreiben Mani Matter zu hören.
Im Ernst: Es gibt ja Gründe, warum ich Geräte im Standby Modus lasse. Ich sage nicht, dass die gut sind, aber es sind Gründe. Zum Beispiel, um abends um elf noch schnell eine E-Mail beantworten zu können, die ich vergessen habe – und ich vergesse so einiges den lieben langen Tag lang. (Ausserdem machen E-Mails abends um elf bei den meisten Chefinnen und Kunden immer noch mehr Eindruck als solche zwischen neun und siebzehn Uhr). Aber da Stromsparen jetzt vor Eindruckschinden kommt, schliesse ich mit mir selbst einen Pakt: Allen Geräten wird um spätestens 22 Uhr der Stecker gezogen.
Und siehe da: Das ist echt alles ziemlich easy. Die Kaffeemaschine hat gar nicht so lange, bis sie warm ist morgens, ein paar Stretchübungen währenddessen lassen sich perfekt zur Morgenroutine machen. Mails, die bis zum «Sendeschluss» nicht beantwortet wurden, können auch bis zum nächsten Morgen warten. Zur Sicherheit liegen Stift und Notizblock parat, damit ich mir die allerwichtigsten Dinge, die mir einfallen, notieren kann. Viele sind es zu meinem eigenen Erstaunen nicht.
Das war der einfache Part. Ich selbst. Jetzt kommt der schwierige. Die Teenager. «Kannst du den Laptop bitte jeweils ganz ausschalten, bevor du ins Bett gehst?», frage ich meine Tochter. «Warum das denn?» – «Zum Stromsparen.» – «Okay.» Das war ja einfach. Gemacht hat sie es natürlich nicht, wie ich bei einem Kontrollbesuch beim WC-Gang in der Nacht feststelle. Ich fahre ihren Laptop runter.
6.30 Uhr am nächsten Morgen. «Aaaaaaaaaah!» So schreit meine Tochter normalerweise, wenn sie eine Spinne in ihrem Zimmer entdeckt. Jetzt starrt sie auf den schwarzen Bildschirm ihres Laptops. «Er ist kaputt!» – «Er ist nicht kaputt, er ist ausgeschaltet. Etwas, das du gestern Abend hättest machen sollen.» – «Ja, sorry, bin eingeschlafen.» Ich fürchte, bis dieses Projekt zum Laufen kommt, dauert es länger.
Vielleicht klappt es ja bei Nummer zwei besser. «Kannst du die Playstation ausschalten, wenn du fertig gespielt hast», bitte ich meinen Sohn. «Mach ich doch.» – «Richtig ausschalten. Runterfahren.» – «Warum?» – «Zum Stromsparen.» – «Warum?» – «Weil der Strom knapp werden könnte. Ausserdem spart's Geld.» – «Wie viel?» – «Die PS etwa fünfzehn Franken pro Jahr.» – «Kannst du von meinem Taschengeld abziehen.» – «Es geht nicht ums Geld – sondern ums Stromsparen. Zieh einfach den Stecker, wenn du fertig gespielt hast.» – «Warum?» – «Herrgottnochmal, weil ich es sage!» Ich sage doch, die Gründe müssen nicht immer nachvollziehbar sein. Das gilt für meinen Sohn genauso wie für mich.
Zu meiner grossen Überraschung hat er die PS tatsächlich runtergefahren, als ich eine Stunde später nochmal bei ihm reinschaue. Da ich ziemlich sicher bin, dass ich das am nächsten Abend nicht auch erwarten kann, lege ich ihm einen Post-it-Zettel auf den Schreibtisch: «PS bitte JEDEN ABEND ganz ausschalten!» Meiner Tochter klebe ich einen auf den Laptop: «Laptop bitte am Abend ganz ausschalten, sonst werden Spinnen im Zimmer nicht mehr rausgeholt.» (Liebe Eltern, der Erziehungsgrundsatz, dass gewisse Verhalten logische Konsequenzen haben müssen, stimmt nur bedingt. Manchmal sind unlogische Konsequenzen SO viel effizienter.)
Es läuft – bis jetzt. Für mich selbst hab ich sogar entdeckt, dass die Abende einiges entspannter sind, denn mit dem Wissen, dass der Laptop nicht mehr auf Standby ist, bin ich es auch nicht mehr. Die Teenager-Gadgets kontrolliere ich stichprobenmässig, und bis jetzt funktioniert es tatsächlich. (Wer hätte gedacht, wie nützlich Spinnen im Zimmer sein können). Eine Prognose dafür, wie lange das anhält, wage ich zwar nicht, aber der Anfang ist vielversprechender, als ich zu hoffen gewagt hatte.
Vielleicht war ich zu wenig konsequent im vor leben.....