Sag das doch deinen Freunden!
Schreckensmomente bringen uns rasch an den Rand der Verzweiflung. Wenn es ganz arg kommt, flehen die meisten Menschen reflexartig Gott an, er möge die Katastrophe abwenden oder das Unglück ungeschehen machen. Gott schiesst selbst Menschen in den Kopf, die eigentlich nicht an ihn glauben.
Für Fromme ist dieser Reflex ein Zeichen für die Existenz Gottes, der angeblich unser Bewusstsein prägt. Dies entspricht aber eher einem Wunschdenken. Der Rückgriff auf Gott ist ein Archetyp unserer christlich geprägten Mentalität. In Notsituationen hoffen wir auf ein Wunder. Da wir nicht mehr an Märchenfiguren mit dem Zauberstab glauben, kommt uns halt Gott in den Sinn.
Fromme Christen – vornehmlich aus Freikirchen – sind hingegen überzeugt, im Gebet in einen realen Dialog mit Gott treten zu können. Dies nährt ihre Überzeugung, ihn authentisch zu erfahren. Ihre subjektive Erfahrung werten sie als unumstösslichen Gottesbeweis.
Doch dieses Phänomen hat viel mit Angst und Sehnsucht zu tun. Und mit Einbildungskraft. Das menschliche Hirn ist sehr flexibel. Es produziert Eindrücke, Bilder, Ideen und Gedanken, die wir herbeisehnen. Wir halten sie für echt und wahr und realisieren häufig nicht, dass es Täuschungen sind.
Gläubige vergessen gern, dass es eine unverrückbare Erkenntnis gibt, die sich durch die ganze Geistesgeschichte der Menschheit zieht: Es gibt keinen Gottesbeweis. Glauben heisst denn auch: Für wahr halten. Die Gefahr der Selbsttäuschung ist schon im Begriff angelegt.
Tatsächlich sind Gotteserfahrungen lediglich subjektive Phänomene. Doch diese blenden wir gern aus. Vielmehr sind für uns persönliche Erfahrungen meist als relevanter als psychologische oder philosophische Erkenntnisse.
Die Erfahrungen zeigen auch, dass wir Menschen Meister der Selbsttäuschung sind. Wir finden, was wir suchen. Und wir blenden aus, was uns missfällt. Ja, wir unterdrücken gern unangenehme Aspekte, die schmerzen oder unser Selbstwertgefühl untergraben.
Dazu gehört eben auch die Möglichkeit, dass Gott unser Gebet nicht erhört. Nicht erhören kann, weil es ihn nicht gibt.