Fast alle Glaubensgemeinschaften tun sich schwer mit dem Thema Sex. Die meisten wollen die Kontrolle über ihre Schäfchen bis unter die Bettdecke. Denn die Sexualität ist eine Kraft, die auch mit religiösen Anreizen und Geboten nicht zu bändigen ist.
Deshalb sind selbst Geistliche auf verlorenem Posten. Ihnen bleibt nur der Versuch, die Sexualität zu unterdrücken. Wohin dies führt, zeigen die Skandale in der katholischen Kirche.
In dieser Zwickmühle stecken vor allem auch die Freikirchen, für die Sex vor der Ehe immer noch eine kapitale Sünde ist. Bei der moralischen Kontrolle der Gläubigen ist speziell die charismatische Bewegung ICF (International Christian Fellowship) gefordert. Sie konzentriert sich bei ihrer Missionstätigkeit vor allem auf junge Leute. Es ist denn auch in unserer sexualisierten Gesellschaft eine Herkules-Aufgabe, die Gläubigen für die Enthaltsamkeit zu motivieren.
Doch trotz dieses unpopulären Dogmas ist ICF sehr erfolgreich. Die Freikirche expandierte von Zürich aus in mehrere Schweizer Städte und schliesslich auch nach Deutschland. So auch in Nürnberg, wo Pastor Daniel Kalupner mit seiner Frau Franziska bereits im Jahr 2000 in Nürnberg die erste deutsche ICF-Gemeinde gegründet hatte.
Der 42-Jährige hat nun ein Buch über den christlichen Umgang mit Sex geschrieben. Es trägt den Titel: «Sex Life. Exklusiv intim». Darin versucht Kalupner, der Sexualität das Triebhafte zu nehmen. Und das Geistige zu glorifizieren. Oder eben das Geistliche.
Der Schlüssel für ein glückliches Liebesleben sei Herzensnähe, sagte der Pastor der freikirchlichen Zeitschrift «Idea» zu seinem Buch. Da widerspricht ihm sicher niemand. Nur: Herzensnähe ist doch keine Konkurrenz zur Sexualität. Diese ist allenfalls eine Ergänzung. Schliesslich verlangt das Herz auch nach körperlicher Nähe und Wärme.
Der ICF-Pastor rät den jungen Gläubigen, mit dem Sex bis zur Ehe zu warten und ruft Gott in den Zeugenstand. «Viele Christen bekämen das nur als platte, fromme Regel vermittelt, ohne zu verstehen, was Gott sich dabei gedacht habe», schrieb «Idea» nach einem Gespräch mit dem Pastor.
Intimität brauche Exklusivität, nur so könne sich Vertrautheit entfalten. Dann mache es auch Sinn, dass Sex in die Ehe gehöre, sagte Kalupner weiter. Vor der Ehe müssten die Grundlagen für Kommunikation, Nähe und Vertrautheit gelegt werden. Er nennt es tatsächlich «attraktive Enthaltsamkeit».
Weiter dozierte er, in dieser Zeit könne man lernen, sich nicht von seinem sexuellen Verlangen steuern zu lassen, sondern den Sextrieb zu beherrschen. Wenn man den Sex zu früh in die Beziehung hineinnehme, blockiere das die Partner, den anderen wirklich tief kennenzulernen.
Wenn Pastoren mit solchen religiösen Verblendungen und verqueren Ansichten auf junge Leute losgelassen werden, wird es selbst im Himmel zappenduster.
Ich habe aber noch nie von einem enthaltsamen Paar gehört, welche sich dabei NICHT auf die Bibel, Kirche oder irgendeiner Sekte beruft.
Es ist nicht falsch sich von einer Person oder einem Buch zu inspirieren, aber ureigene Menschliche Bedürfnisse zu unter unterdrücken ist schlichtweg falsch.
Ich kann solche Leute einfach nicht verstehen.